Die Geschichte von Günter Weidemann beschäftigte mich sehr lange – denn der Text über den Eigentümer und Geschäftsführer des deutschen Mittelständlers Schollglas, der im Frühling 2020 unser Cover zierte, ist gleichermaßen inspirierend wie tragisch. Weidemann kaufte den Bochumer Spezialglashersteller bereits 1969 und baute den Betrieb dann über ein halbes Jahrhundert lang auf einen Umsatz von mehr als 250 Mio. € Umsatz aus. Und trotz seiner damals 86 Jahre war Weidemann noch immer jeden Tag von 7 bis 20 Uhr im Büro. Bewundernswert.
Das Tragische daran: Weidemanns Suche nach einem Nachfolger als Eigentümer und Geschäftsführer schlug wieder und wieder fehl. Sein einziger Sohn starb bei einem Autounfall; der Versuch, externe Geschäftsführer zu integrieren, scheiterte mehrmals. Insgesamt 15 Manager mussten das Unternehmen vorzeitig wieder verlassen. Weidemann dazu trocken: „Auf dem Papier klingt es immer hervorragend, was die Aspiranten bieten – aber in der Praxis versagen sie.“ Letztendlich brachte Weidemann das Unternehmen in eine Stiftung ein, die den Fortbestand von Schollglas sichern soll.
Das Magazin Harvard Business Review schrieb bereits 1991 vom „Successor’s Dilemma“: Abgesehen von Weidemann hatten auch andere große Persönlichkeiten es schwer, passende Nachfolger zu finden – Alex Ferguson und Manchester United, Angela Merkel und die CDU, Jack Welch und GE. Doch es gibt auch Beispiele, wo eine Übergabe an der Spitze zu noch mehr Erfolg führte: Apple-Gründer Steve Jobs wünschte sich vor seinem Tod Tim Cook als seinen Nachfolger. Der biedere Manager wirkte wie der absolute Gegensatz zum visionären Unternehmer Jobs, doch Cook machte Apple zum wertvollsten Unternehmen der Welt. Auch Pepsi-CEO Indra Nooyi führte ihr Unternehmen ab 2006 zu neuen Höhen, nachdem sie eine langfristig angelegte Übergabe mit Vorgänger Steve Reimund abgewickelt hatte.
Ich will mich nun keineswegs mit Ferguson oder Merkel, Jobs oder Reimund vergleichen – aber ich bin in einer ähnlichen Situation und möchte sie bestmöglich lösen. Ich bin seit sieben Jahren bei Forbes DA, vier Jahre davon als Chefredakteur. Ich habe gemeinsam mit großartigen Wegbegleitern etwas Außergewöhnliches geschaffen, auf das wir mächtig stolz sein können. Wir haben der deutschsprachigen Ausgabe von Forbes ein Fundament gebaut, ihr eine Linie verpasst und ihr eine Seele eingehaucht. Ganz nebenbei haben wir ein profitables, (stark) wachsendes Medienunternehmen aufgebaut, das heute neben Forbes über erfolgreiche Medienprojekte in den Bereichen Wissenschaft (tuw.media) und Design (OFFF DACH) verfügt.
Nun ist es aber an der Zeit, jemand anderes ans Steuer zu lassen – denn ich will und muss mich verstärkt um strategische Zukunftsprojekte kümmern. Und: Ich will auch ein wenig mehr Zeit haben, die ich mit meinem Sohn verbringen kann. Dafür braucht es eine Person, die die digitale Welt besser versteht, die meinungsstarke Texte schreibt und die Forbes DA auf das nächste Level hebt – und eine Person, die idealerweise eine Frau ist (wobei das ein Wunsch und keine Bedingung ist). Es gilt, unsere Redaktion mit journalistischer Haltung zu führen, unser Medienhaus mit unternehmerischem Denken auszubauen, Neues auszuprobieren und dabei alles, nur nicht langweilig zu sein. Ich werde das alles begleiten, federführend darf diese Herausforderungen aber meine Nachfolgerin lösen. Da wird sich doch jemand finden lassen?
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Diversität ist einer unserer Core Values, weshalb wir uns natürlich auch über Bewerbungen von Personen mit Behinderung freuen!