700 Entwickler statt vollautomatisierter KI

Das britische Softwareunternehmen Builder.ai, das 2023 mit über 250 Mio. US-$ bewertet wurde und unter anderem Investitionen von Microsoft erhielt, steht nach seiner Insolvenz im Mai 2025 im Fokus von Untersuchungen.

Hintergrund sind erhebliche Diskrepanzen zwischen der öffentlichen Darstellung und der tatsächlichen Leistung der Plattform: Statt auf weitgehend automatisierte Prozesse mit künstlicher Intelligenz beruhte ein Großteil der Entwicklungsarbeit auf manueller Programmierung durch rund 700 Entwickler:innen, überwiegend in Indien.

Builder.ai hatte wiederholt betont, dass es sich bei seiner Technologie um eine Kombination aus KI-gestützten Tools und menschlicher Unterstützung handle. Das firmeneigene System „Natasha“ wurde dabei als zentrale KI-Komponente präsentiert, die etwa bei der Planung oder beim Erstellen von Prototypen zum Einsatz kam. In der praktischen Umsetzung jedoch – insbesondere bei der Programmierung – arbeiteten laut internen Dokumenten und Aussagen ehemaliger Mitarbeitender fast ausschließlich Menschen. Die Plattform fungierte in weiten Teilen als Auftrags- und Ressourcenverwaltungssystem.

Mehrere Medienberichte verweisen zudem auf zweifelhafte Umsatzangaben. Für das Geschäftsjahr 2024 meldete Builder.ai öffentlich einen Umsatz von rund 220 Mio. US-$. Interne Zahlen und Aussagen legen jedoch nahe, dass die tatsächlichen Einnahmen bei lediglich 50 bis 55 Mio. US-$ lagen. Bereits im Vorjahr sollen laut Recherchen nur etwa 45 Mio. US-$ umgesetzt worden sein – bei einer öffentlichen Angabe von rund 180 Mio. US-$.

Ein weiterer Vorwurf betrifft sogenannte Round-Tripping-Vorgänge mit dem indischen Unternehmen VerSe Innovation. Dabei sollen Rechnungen ohne reale wirtschaftliche Grundlage ausgestellt worden sein, um durch künstlich aufgeblähte Umsätze Investoren und Kreditgeber zu täuschen.

Der Fall reiht sich ein in eine zunehmende Zahl von Start-ups, die im Zuge des KI-Booms ihre tatsächlichen technologischen Fähigkeiten überhöht darstellen – ein Vorgehen, das unter dem Begriff „AI Washing“ kritisiert wird. Bei Builder.ai führte dies zu einer Insolvenz mit ausstehenden Verbindlichkeiten von über 100 Mio. US-$ sowie zu laufenden Prüfungen durch Aufsichtsbehörden in Großbritannien und den USA.

Foto: Sora

Forbes Editors

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