DER VERKEHRS-STOPPER

200 Millionen Pakete wurden 2021 den Österreichern zugesendet. Ein Viertel davon geht zurück an den Versender. Die Logistik dahinter ist für Michael Punzet eine Katastrophe. Zu viele Lieferwagen, zu viele Lieferunternehmen und keine Kommunikation untereinander. Mit seinem Start-up Green to Home soll sich das nun für die Wiener ändern.

Wir besuchen das 2020 gegründete Unternehmen Green to Home in dem neuen Büro im dritten Wiener Gemeindebezirk. Der Mitgründer und CEO des Start-ups, Michael Punzet, führt uns vorbei an dem großen Büroraum, wo eine Vielzahl an jungen Menschen vor ihren Laptops sitzen, zu einem Raum voller Holztische und Fenster. Hier hat man einen guten Blick auf die Ungargasse. Ständig fahren Autos, Straßenbahnen, Lieferwagen und Fahrräder vorbei. Wären wir mit dem Auto hierher gekommen, hätten wir bestimmt keinen Parkplatz gefunden. Diesem innerstädtischen Verkehrschaos will Punzet mit seinem Unternehmen New Mobility Enterprise und dem daraus gegründeten Dienstleister Green to Home entgegenwirken. Mit New Mobility Enterprise will Punzet mittels Elektromobilität, Digitalisierung und geteilter Mobilität einen einfachen Weg weg von den Verbrennungsmotoren schaffen und den innerstädtischen Verkehr eindämmen. 2020 hat New Mobility Enterprise bereits einen elektrischen Liefer-Van nach Österreich geholt, mit Green to Home wird dieser jetzt logistisch nachhaltig genutzt.

Der Gründungszeitpunkt von Green to Home war perfekt gesetzt. Anfang 2020 begann die Pandemie, unser aller Leben zu verändern, die Weltbevölkerung verabschiedete sich in den Lockdown, Geschäfte schlossen und Menschen shoppten online. Einer Studie von Bitkom zufolge haben 43 % der Befragten angegeben, seit Corona mehr im Internet einzukaufen. 87 % davon geben an, dieses Verhalten auch nach der Pandemie fortsetzen zu wollen. Von dieser Tendenz ist auch Michael Punzet überzeugt: „Während der Pandemie haben die Menschen gemerkt, wie einfach und bequem Online-Bestellungen sind. Ich denke daher, dass auch nach der Pandemie eine Vielzahl der Menschen im Internet Dinge bestellen werden.“ Wenn Online-Shopping boomt, dann steigt auch der Lieferverkehr in der Stadt. Bereits 2018 waren die kleinen Lieferwagen in Österreich für 1,5 Millionen Tonnen CO2 verantwortlich, Tendenz steigend. Der Grund: Lieferwagen in der Stadt fahren vor allem kurze Strecken, hängen oft im Start-Stop-Verkehr fest und fahren fast den ganzen Tag hin und her. „Eine große Studie hat außerdem prognostiziert, dass sich der Online-Handel zwischen 2021 und 2026 verdoppeln wird. Sollte das tatsächlich eintreffen, braucht es für den Lieferverkehr nachhaltige und durchdachte Lösungen“, erklärt Punzet.

Das Prinzip von Green to Home ist eigentlich ganz einfach: Statt einzelner Lieferungen sollen Pakete gesammelt zu dem Kunden gebracht werden, an einem selbst ausgesuchten Wochentag, an dem dieser garantiert zu Hause ist. So werden unnötige Fahrwege vermieden. „Wir fangen die Pakete in unserer Sammelzentrale ab, bevor sie überhaupt nach Wien kommen. Wem ein Tag pro Woche zu selten ist, kann zwischen zwei kostenpflichtigen Abonnements wählen, bei denen unter anderem Sofortzustellung und Abholungen von Rücksendungen inkludiert sind. Das alles funktioniert emissionsfrei, mit elektrischen Klein-LKWs und Lastenfahrrädern. Nutzen kann Green to Home bisher jeder, der in Wien wohnt. „Unser System ist digitalisiert und einfach zu verwenden“, sagt Punzet. Alles, was man tun muss, ist sich online anzumelden und bei Bestellungen die Green-to-Home-Sammelzentrale als Adresse anzugeben.“

Auch Unternehmen nutzen das Prinzip, um Lieferungen an ihre Kunden zuzustellen. „Ich habe während der Pandemie beobachtet, dass viele Geschäfte Abholungen vor Ort angeboten haben. Dadurch steigen die Menschen aber wieder in ihre Autos, um die Produkte abzuholen“, erklärt Punzet. Ohne Umwege können mit Green to Home daher auch Kleinunternehmen emissionsfrei ihre Produkte an den Kunden liefern.

Michael Punzet (l.) gründete 2020 zusammen mit Maximilian Mader sein erstes Start-up Green to Home, eine Dienstleistung der New Mobility Enterprise – NME GmbH. Davor arbeitete er in nationalen und internationalen Management-Positionen. Mit Green to Home will er eine nachhaltige, digitale Lösung für die steigende Anzahl an innerstädtischen Paketzustellungen schaffen.

Unsere Kunden kennen ihre Lieferanten und erleben so eine persönliche Betreuung“, so Punzet und spricht damit einen für den Unternehmer wichtigen Punkt im Green-to-Home-Geschäftsmodell an, die Persönlichkeit und Menschlichkeit. „Es darf auch etwas menscheln!“ Bei den Fahrern setzt das Unternehmen vor allem auf kommunikative Studenten, die fest beim Unternehmen angestellt sind. „Bei der ganzen Digitalisierung darf das Persönliche und Freundliche auf keinen Fall fehlen.“

Green to Home ist für den 52-jährigen Gründer Michael Punzet, sein erstes selbst gegründetes Start-up. Bevor er mit seinem Kollegen Maximilian Mader das Unternehmen gründete, war Punzet in diversen Unternehmen als Projektleiter tätig. Mit New Mobility Enterprise und dem daraus gegründeten Start-up Green to Home wollen die beiden vor allem eines: mittels Digitalisierung emissionsfreie Mobilitätslösungen finden. Ob das in Zukunft gelingen wird, zeigt sich noch, denn noch kann Punzet nicht sagen, wie viel CO2 mit Green to Home tatsächlich eingespart werden kann. „Das zu messen ist ziemlich schwierig und aufwendig. Wir arbeiten derzeit daran, unser CO2-Modell zur Berechnung der Einsparungen auch zertifizieren zu lassen.“ Wenn man bedenkt, dass viele Firmenkunden für ihre Nachhaltigkeitsberichte genaue Zahlen benötigen, ist das vielleicht keine so blöde Idee.

Bisher hat Green to Home inklusive Fahrer 28 Mitarbeiter. Diese Zahl kann und soll laut Punzet aber auf jeden Fall wachsen. Green to Home soll ein nachhaltiges Mobilitätsprojekt werden und auch in anderen Städten Fuß fassen. „Wien ist in Österreich das wirtschaftliche und verkehrstechnische Zentrum. Wir arbeiten aber bereits an der Skalierung und Ausbreitung unserer Dienstleistung in andere österreichische Städte und Regionen“, erklärt er. Das Unternehmen setzt sich also große Ziele, diese braucht es auch, wenn sich der Absatz des Online-Handels bis 2026 verdoppeln soll.
200 Millionen Pakete wurden 2021 den Österreichern zugesendet. Ein Viertel davon geht
zurück an den Versender. Die Logistik dahinter ist für Michael Punzet eine Katastrophe.
Zu viele Lieferwagen, zu viele Lieferunternehmen und keine Kommunikation untereinander. Mit seinem Start-up Green to Home soll sich das nun für die Wiener ändern.

Fotos: beigestellt

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