WO TAUBEN SIND FLIEGEN TAUBEN ZU

Bei ausgewählten Geldinstituten zeigen die Daumen der Analysten nach oben – und in Zeiten ausufernder Inflation lohnt sich für die Anleger auch wieder ein Blick auf Goldaktien.

Banken hatten es nach der Finanzkrise wahrlich nicht leicht – erst verdarb ihnen die Regulierungswut der Behörden das Geschäft, dann schaffte die Europäische Zentralbank EZB die Zinsen de facto ab. Es folgten Jahre der Dürre und eine Rück­besinnung auf das Kerngeschäft – die „harte Kernkapitalquote“, die von der Aufsicht vorgeschrieben wurde, immer fest im Blick. Das führte aus Einsparungsgründen zu einem Schrumpfen der ­Filialnetze. ­Corona schließlich forcierte den Trend zu digitalen Lösungen, der schon zuvor von den neuen Konkurrenten, den Fintechs, ausgelöst worden war.

Diese Mitbewerber machen es den etablierten Geldinstituten ­zusätzlich schwer, am Markt zu ­re­üssieren. Viele Banken haben inzwischen Strategien entwickelt, um sich trotzdem behaupten zu ­können, denn die globale Fintech-­Branche wächst rasant. Vorangetrieben wird dieses Wachstum von einer dynamischen Mischung aus ­innovativen Start-ups und großen Technologieunternehmen. Wenn Banken das Potenzial von Fintech nutzen und neuen Mehrwert schaffen wollten, müssten sie mit diesen innovativen Firmen zusammenarbeiten, meinen die Experten des Beratungsunternehmens EY.

Wie die EY-Analyse von 45 globalen Geldinstituten zeigt, kooperieren bislang jedoch nur 25 % der Banken mit Fintech-Unternehmen. Der jüngste Aufschwung der Fintechs habe auch zu einem Paradigmen­wechsel in Bezug auf die Erwartungen der Verbraucher an ihre Bankgeschäfte geführt, so der World Retail Banking Report 2022 von ­Capgemini. Er zeigt, was Verbraucher bei ­ihren Geldinstituten ver­missen – und das ist auch, so unglaublich es klingt, der Spaßfaktor: Satte 52 % der Befragten gaben nämlich an, dass Bankgeschäfte keinen Spaß machten.

Ein Institut, bei dem der „Spaß“ für lange Zeit verschütt­gegangen war, ist die Deutsche Bank. Nach Jahren der massiven Expansion – vor der Finanzkrise, unter dem Schweizer CEO Josef Ackermann – geriet das Institut in extreme Schieflage. Es zeigte sich, dass nicht ­alles, was Ackermann (der vom Investmentbanking kam und die Konzernzentrale der Deutschen Bank nach London verlegen wollte) tat, von Erfolg geprägt war – gelinde ausgedrückt.

Die Bank wurde im Fallout der Finanzkrise mit einer Flut von Klagen überzogen. Zyniker meinten, es handle sich bei dem einstigen Flaggschiff der deutschen Finanzszene nun um eine Rechtsanwaltskanzlei mit angefügtem Bankgeschäft. Milliardenschwere Vergleichszahlungen drückten auf die Erträge – und die Reputation.

Die Erträge fielen ins Boden­lose, ebenso der Aktienkurs: Stand er im Mai 2007 noch nahe der 90-€-Marke, kämpfte er zu Redaktionsschluss mit der 9-€-­Barriere. Doch seit dem Vorjahr macht sich wieder Hoffnung breit bei der Deutschen Bank: Im Geschäftsjahr 2021 erwirtschaftete sie nämlich ­einen Gewinn von rund 1,940 Mrd. €. Die Vorjahre ­waren von ­teilweise immensen Verlusten geprägt; 6,8 Mrd. € waren es beispielsweise im Jahr 2015. Und so dreht sich auch das Sentiment der Analysten wieder zugunsten der Frankfurter.

Die Schweizer Großbank UBS zum Beispiel hat die Einstufung für die Deutsche Bank auf „Buy“ ­belassen, mit ­einem Kursziel von 15,30 €. Das Institut habe die ­Erwartungen dank guter Erträge übertroffen, meinte Analyst Daniele ­Brupbacher in einer Reaktion auf den Quartalsbericht. Zuvor hatte schon die US-Bank JP Morgan mit der ­Einstufung in die gleiche Richtung gezeigt und die Bank auf „Overweight“ (mit ­einem unveränderten Kursziel von 15 €) gesetzt.

Die US-Investmentbank Goldman Sachs hat Letzteres sogar von 18,70 auf 19,10 € angehoben und die Einstufung ebenfalls auf „Buy“ belassen. Die Zahlen zum ersten Quartal hätten unerwartet hohe ­Erträge, aber auch höhere Kosten als er­wartet offengelegt, so Analyst Chris ­Hallam. Der Experte erhöhte ­seine Gewinnprognosen (EPS) für die ­Jahre 2022 bis 2024.

Eine Bank aus einem Nachbarland Deutschlands verdient sich ebenfalls die Aufmerksamkeit der Investoren: Die holländische ING mit Sitz in Amsterdam ist eine der 30 Großbanken, die vom Financial Stability Board (FSB) als systemisch bedeutsames Finanzinstitut eingestuft wurden. Sie unterliegt damit ­einer besonderen Überwachung und strengeren Anforderungen an die Ausstattung mit Eigenkapital. Der Konzern entstand im Jahr 1991 aus einer Fusion des Versicherers Nationale-Nederlanden mit der NMB Postbank Group. Sie ist eine Holding, die als Muttergesellschaft für verschiedene Banken und Versicherungen fungiert, darunter die niederländische Bank ING oder die deutsche Tochter ING-Diba. Gemessen an der Marktkapitalisierung ist das Unternehmen der achtgrößte Finanzdienstleister weltweit und damit Spitzenreiter in den Niederlanden.

In der Finanzkrise erhielt die ING Groep 2008 zehn Mrd. € Staats­hilfe. Es folgten ­verlustreiche Jahre und eine Aufspaltung des ­Unternehmens. Mit diesem Schritt ­sollte das Risiko halbiert und das Geschäft des Konzerns reduziert werden. All das war reines Gift für den Aktienkurs: Das ING-Papier fiel von rund 26 € im Jahr 2007 auf rund 9 €. Doch auch bei den Holländern zeigen die Daumen der Analysten wieder nach oben: Die Schweizer Bank Credit Suisse hat die Einstufung für ING nach Quartalszahlen weiter auf „Outperform“ gesetzt, mit ­einem Kursziel von 13 €. Verbesserte Trends beim Zinsüberschuss und den Kosten seien allerdings von einem sprunghaften Anstieg der Risikokosten für Russland überschattet worden. Dies habe bei der niederländischen Großbank zu einer Ausschüttung des Überschusskapitals am unteren Ende der Erwartungen geführt. Und auch die Experten der Deutschen Bank geben grünes Licht und sehen den Kurs ebenfalls bei 13 €. Die niederländische Großbank habe ein insgesamt ordentliches Zahlenwerk präsentiert, so die Analyse.

In Zeiten, in denen Einkaufen zu ­einer schmerzhaften Prozedur und Tanken zu einem traumatischen Erlebnis wird, weil die Inflation in vollem Galopp durch die Lande zieht, steigt das Interesse an Gold – auch wegen der kriegerischen Aktivitäten quasi vor der Haustür der EU. So ist der Preis des edlen ­Metalls auf Dollarbasis seit 2010 um 87 % gestiegen – auf Eurobasis ­waren es ­allein während der letzten fünf Jahre mehr als 50 %.

Aktien von Goldminengesellschaften sind eine Alternative zu physischem Gold. Hier ist unter ­anderem das kanadische Bergbau­unternehmen Yamana Gold von Interesse: Es hat starke Zahlen für das ­erste Quartal vorgelegt – Yamana verdiente 0,09 US-$ je Aktie und damit 0,03 US-$ (also 30 %) mehr als von Analysten erwartet.

Es waren vor allem zwei ­Minen in Südamerika, die für die starke Performance gesorgt haben: ­Jacobina in Brasilien und Cerro Moro in ­Argentinien. Der Cashbestand des Unternehmens ist trotz der Dividendenzahlung auf 516,4 Mio. US-$ gestiegen. Aktuell schüttet Yamana eine Quartalsdividende von 0,03 US-$ je ­Aktie aus.
Das Papier legte in der Gunst der Anleger und beim Wertpapierkurs während der letzten drei Jahre um mehr als 150 % zu, auf Dreimonatssicht waren es 35 %.

Illustration: Valentin Berger

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