ABMAHNWELLEN AUCH IN ÖSTERREICH REALITÄT!

Was Unternehmen bei ihrem Online-Auftritt beachten sollten: Ein Interview mit Rechtsanwalt Dr. Arthur Stadler, Gründungspartner der Kanzlei Stadler Völkel Rechtsanwälte.

Der Europäische Gerichtshof hat vor Kurzem erneut ein Urteil zum Thema Cookies gefällt. Hat sich dadurch für Unternehmen mit Online-Auftritt die notwendige Herangehensweise beim Einsatz von Cookies verändert?
Stadler: Ja, durchaus. Sowohl rechtlich als auch faktisch. Für Cookies besteht seit Langem eine Sonderregelung, abseits der Regelungen aus der Datenschutzgrundverordnung "DSGVO". Die DSGVO ist freilich erst anwendbar, sobald personenbezogene Daten verarbeitet werden, was bei Cookies (zumeist) nicht der Fall ist. Der EuGH hat Anfang Oktober 2019 nunmehr ausgesprochen, dass Websitebetreiber unabhängig von der Frage, ob personenbezogene Daten für die Verwendung von Cookies verarbeitet werden, eine aktive und informierte Einwilligung der Nutzer einholen müssen. Dies hat zur Folge, dass der Websitebetreiber dem User eine umfassende Information über den beabsichtigten Einsatz von Cookies erteilen muss, woraufhin der User dem Setzen der Cookies aktiv und freiwillig zustimmen kann. Cookies dürfen daher tatsächlich erst zeitlich nach einer Einwilligung des Users gesetzt werden. Eine Verwendung von bereits angekreuzten Checkboxen, wie in der Vergangenheit oft gehandhabt, ist nicht rechtskonform. Die Pflicht zur Einwilligung umfasst keine essentiellen Cookies, die für das Funktionieren der Website unbedingt erforderlich sind. Die Einwilligungspflicht trifft Websitebetreiber aber vor allem auch beim Einsatz vieler Onlinemarketing- und Tracking-Tools.

Auch in Österreich beobachten wir, dass erste Abmahnwellen anrollen. Abmahnschreiben gegen Websitebetreiber betrafen zuletzt vor allem den Einsatz von Cookies, mangelnde Impressumsangaben und heikle Datenverarbeitungen.

Was haben Online-Unternehmer und Websitebetreiber zu befürchten, sollte die korrekte technische Umstellung noch nicht durchgeführt worden sein? Welche Konsequenzen drohen bei mangelnder Einhaltung?
Stadler: Österreich ist bis dato von Abmahnwellen eher verschont geblieben. In den letzten Wochen und Monaten mussten wir freilich auch hierzulande beobachten, dass – ähnlich wie in Deutschland – Abmahnwellen ins Rollen gebracht werden. Aus diesem Grund sollten vor allem Start-Ups besonders (und das frühzeitig) auf ihre Compliance mit rechtlichen Vorgaben achten. Das Risiko einer Abmahnung kann aus unserer Erfahrung nicht immer gänzlich ausgeschlossen, aber jedenfalls deutlich minimiert werden, indem ein sehr hoher Sorgfaltsmaßstab angelegt wird. Besondere Behutsamkeit empfehlen wir etwa beim Einsatz von Cookies, aber auch bei der Erstellung des Impressums sowie der Durchführung von Gewinnspielen. Insbesondere kann aber die Einhaltung der Datenschutzbestimmungen viele Kräfte im Unternehmen bündeln, was oftmals unterschätzt wird. Zeitlich sollte der Ausrollung von Projekten, Apps oder Websites daher eine rechtliche und technische Beratung vorangehen und nicht erst dann beansprucht werden, wenn Anwendungen bereits ausgerollt wurden. Im Bereich Datenschutz können wir ein strenges und konsequentes Vorgehen der Datenschutzbehörde, samt hoher Geldstrafen beobachten. Hier liegt der Rahmen für Sanktionen je nach Schwere des Verstoßes bei bis zu 4 % des gesamten weltweit erzielten Jahresumsatzes. In den letzten Monaten sehen wir freilich auch, dass – ähnlich wie in Deutschland – v.a. Mitbewerber, Interessensvereine oder einzelne Betroffene Abmahnschreiben an Websitebetreiber versenden und damit ähnliche Entwicklungen wie in Deutschland in Gang setzen.

Also kann in der Praxis auch ein mangelhaftes Impressum zu Abmahnungen führen?
Stadler: Ja, auch das konnten wir in den letzten Monaten beobachten. Hier ist darauf hinzuweisen, dass es bis dato keine unionsweite Harmonisierung der Impressumsvorschriften gibt. Für grenzüberschreitende Online-Angebote, sprich: etwa von Österreich ins Ausland, oder vom Ausland nach Österreich, ist dies besonders mühsam, da potentiell alle nationalen Normen zu beachten sind. Eine Ausrichtung einer Website etwa auf Deutschland, zieht das anwendbare deutsche Recht auch für das Impressum nach sich. Umgekehrt müssen sich ausländische Websitebetreiber hierzulande an die AT-Rechtsvorschriften halten. Schon das grenzüberschreitende Anbieten von Produkten kann die Anwendbarkeit der ausländischen Normen auslösen. Was wiederum oft vergessen wird und (diesmal) im EU-Raum harmonisiert geregelt ist, ist die alternative Streitbeilegung: Demnach können Unternehmer bei Streitigkeiten mit Verbrauchern statt eines Gerichtsverfahrens ein alternatives Streitbeilegungsverfahren anstreben. Die Besonderheit hier: Die EU-Verordnung über Online-Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten sieht zwar die Freiwilligkeit des Streitbeilegungsverfahrens an sich vor. Wenn Websitebetreiber allerdings überhaupt keine Angaben zur Online-Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten machen, ist dies ein Verstoß gegen die EU-Verordnung, der wiederum mit dem nationalen Wettbewerbsrecht geahndet werden kann. Entsprechende Angaben dazu sollten daher auf jeder Website zu finden sein, üblicherweise im Impressum.

Was sollten Start-Ups beachten, wenn sie sich Influencern bedienen?
Stadler: Mithilfe von Influencern können Unternehmen in sozialen Medien eine größere Reichweite erzielen und ihre Produkte besser bewerben. Oftmals verschwimmt hier jedoch die Grenze zwischen Werbung und privater Information; sehr rasch kann es sich um unzulässige Schleichwerbung und in weitere Folge um einen Wettbewerbsverstoß handeln. Verbrauchern gegenüber gilt es daher, sich an die Kennzeichnungspflichten aus dem Medien- und Wettbewerbsrecht zu halten. Start-Ups sollten daher bei der Zusammenarbeit mit Influencern die Einhaltung der gesetzlichen Kennzeichnungspflichten sicherstellen, da sowohl der einzelne Influencer als auch das werbende Unternehmen selbst in die Haftung genommen werden können.

Stadler Völkel Rechtsanwälte GmbH
• Gründung: Februar 2016
• Mitarbeiter: 25
• Partner: 4
• Rechtsanwälte (inkl. Partner): 6

Spezialisierungen: u.a. E-Commerce, Datenschutz, IT, Kryptowährungen,
Blockchain-Anwendungsformen; Kapital-marktrecht, Finanzierungen, Zivilverfahren.

Text: Stadler Völkel
Fotos: Stadler Völkel

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