FREIRAUM: ANALOG KÜSST DIGITAL

Onlineshopping dominiert - der Einzelhandel leidet. Kreativität ist gefragt - die haben Emanuel Elverfeldt und Franz de Waal bewiesen. Ihr "Freiraum" ist eine Mischung aus beiden Welten: haptisches Onlineshopping.

Berlin wächst, die Mietpreise für Wohnungen steigen weiter rasant – und dazu gesellt sich noch eine Knappheit an Büroflächen. Die Leerstandsquote von 1,3 % (laut Rat der Immobilienweisen) ist in der deutschen Hauptstadt vergleichsweise besonders niedrig. Wirft man jedoch einen Blick auf den Einzelhandel, zeigt sich ein anderes Bild – denn der Boom im Onlinehandel ­erschwert es Läden, die Menschen noch anzulocken.

Um doch Kunden in die stationären Läden zu holen, müssen Geschäftsleute heute Einfallsreichtum beweisen – wie Emanuel Elverfeldt und Franz de Waal. Bestens ­gelegen in der Friedrichstraße in Berlin-Mitte stehen seit Dezember 2019 die Türen ihres „Freiraum“ offen. 350 Quadratmeter groß ist die Erstgründung des Duos. Der Raum zeigt sich als Concept-Store mit den Abteilungen Fashion, Beauty und Lifestyle – zunächst nichts Ungewöhnliches für das hippe Berlin. Der Clou an der Sache: Selbst wenn man im Freiraum einen Kauf tätigt, verlässt man das Geschäft dennoch mit leeren Händen – denn von jedem Produkt findet sich genau ein einziges Exemplar im Shop. Wenn Kunden einen Artikel kaufen wollen, müssen sie den angebrachten QR-Code via Freiraum-App scannen, bekommen die Ware auf ihrem Smartphone angezeigt und schließen den Kaufprozess – wie auch im E-Commerce – digital ab.

Aktuell befinden sich rund 40 Marken aus aller Welt im Freiraum, der durch seine Inszenierung fast schon museal wirkt. „Wir wollten den Kunden die Möglichkeit geben, Marken, die man sonst nur von Instagram bzw. aus den digitalen Medien kennt, auch haptisch zu erleben. Für die meisten dieser Brands ist das der erste Auftritt im stationären Handel“, erzählt Elverfeldt. Neben handgemachten Kaffeevollauto­maten aus Florenz, Yogamatten aus London oder kolumbianischem Gin finden sich hier auch bekanntere Marken, etwa vom deutschen Onlinehändler Westwing. Komplementär finden auch regelmäßig Events, etwa Tastings und Produktlaunches, statt. Für die Kaufabwicklung sowie den Versand der Produkte ist das jeweilige Label direkt zuständig. „So gesehen sind wir ein klassischer Marktplatz. Die persönliche Beratung und das Storytelling sind uns dabei sehr wichtig“, so de Waal. Umsätze generieren die beiden durch die Standmieten, die die Marken für die Sichtbarkeit im Freiraum zahlen. „Im späteren Verlauf könnte man auch über ein Revenue-Share-Modell nachdenken“, ergänzt de Waal.

Sowohl de Waal als auch Elverfeldt waren vor ihrer Unternehmung im Immobilienbereich ­tätig. Mit ­ihrem Projekt verfolgen sie nun ­größere Ziele: „Es ist ein Lösungsansatz gegen das Sterben von Geschäftsflächen. Die bisherige Resonanz ist sehr gut: Diverse Immobilieneigentümer zeigen auch bereits reges Interesse“, sagt Elverfeldt. In Berlin noch einzigartig, ist die Idee mit Showfield oder Neigh­borhood Goods aus New York vergleichbar. Die Ziele für 2020? De Waal: „Unser operatives System perfektionieren sowie die digitale Plattform (u.A. auch die Funktionen der App) ausweiten. Wir streben gegen Jahresende eine Flächenexpansion an und sondieren hier derzeit potentielle Standorte.“

Text: Chloé Lau
Foto: Yuto Yamada

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Redakteurin

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