Miss Badass

Als 15-Jährige postete Jordan Napieray Handyvideos auf Social Media, in denen sie eigene Texte rappte. Heute zählt sie unter ihrem Künstlernamen Badmómzjay zu den erfolgreichsten Deutschrapperinnen.

Leuchtend rote Haare und lange Nägel sind Jordan Napierays Markenzeichen – den meisten ist die Deutschrapperin als ­Badmómzjay ein Begriff. Sie hat rund eine halbe Milliarde Streams auf Spotify. Die heute 20-Jährige ist Inhaberin eines eigenen Musik­labels und Gründerin der Kosmetikmarke Bad Cosmetics. Dieses Jahr wurde sie bereits zum zweiten Mal zum Best German Act der MTV Europe Music Awards gewählt.

Wie konnte Ihre Karriere derart Tempo aufnehmen? Wie hat das alles begonnen?
Es hat alles sehr klein begonnen. Ich war damals 15 Jahre alt, als ich begonnen habe, einfach aus dem Bauch heraus, Rapvideos mit dem Handy in meinem Zimmer aufzunehmen und auf Social Media hochzuladen – die sind unfassbar schnell viral gegangen. So viele Leute haben sich das angeguckt, und ich habe immer mehr Gefallen daran gefunden. Mir wurde damals bewusst, dass das die einzige Art und Weise war, meine Gedanken und Gefühle auszudrücken – und auch andere Leute haben sich durch meine Texte verstanden gefühlt. Nach ein paar Wochen war das schon eine riesige Anzahl an Menschen, die meine Videos gesehen haben, und irgendwie ist es dann tatsächlich einfach so weitergegangen; bis ich irgendwann richtig angefangen habe, Musik zu machen, und so meine große Reise ihren Anfang genommen hat. Zahlreiche Labels wurden auf mich aufmerksam, und als ich 17 Jahre alt war, habe ich meinen ersten Vertrag bei Universal unterzeichnet.

Wollten Sie schon immer ­Rapperin werden?
Nein, gar nicht. Ich wollte immer im sozialen Bereich mit Leuten arbeiten. Aber ich habe durch Praktika während meiner Schulzeit gemerkt, dass das nichts für mich ist. Ich habe mich dabei gefühlt, als könnte ich nicht die Person sein, die ich bin. Es hat sich für mich so angefühlt, als wäre ich in einem Käfig. Das habe ich erst richtig begriffen, als ich angefangen habe, Kunst zu machen. Ich hatte früher nie auf dem Schirm, Rapperin zu werden, weil man von sich selbst nicht denkt, dass man das einfach so packen kann – vor allem nicht, wenn man so jung ist. Aber irgendwie hatte ich extrem viel Glück und es sollte, glaube ich, auch so sein.

Deutschrap ist eine männer­dominierte Branche. Wie war das für Sie als junges Mädchen? Wie kam Ihre Arbeit bei den Kollegen an?
Sehr viele haben sich angegriffen ­gefühlt. Ich wurde zwar hier und da mal von jemandem supportet, aber man hat schnell gemerkt: nicht wirklich von der ganzen Szene. Es haben sich alle eher zurückgehalten, nur geguckt, ein bisschen ge­stichelt und mich erst mal gar nicht ernst genommen. Die dachten, ich rapp’ ein bisschen und dann bin ich bald wieder weg. Aber ich habe konstant und immer wieder abgeliefert und immer wieder gezeigt: Ich bleibe hier und man sollte mich ernst nehmen. Irgendwann kam es dann schrittweise, dass die Leute in der Szene erkannt haben, dass sie nicht um mich herumkommen, und sie haben begonnen zu sagen, dass es krass ist, was ich in dem jungen Alter auf die Beine gestellt habe.

Die dachten, ich rapp’ ein bisschen und dann bin ich bald wieder weg.

Hatten Sie jemals das Gefühl, härter für sich einstehen zu müssen als Ihre männlichen Kollegen?
Ja, zu 100 Prozent, weil du als Frau ganz anders kritisiert wirst. Bei Männern im Rap ist es oft komplett egal, was sie sagen – es ist irgendwie immer cool und alles ist okay. Wenn du aber als Frau etwas vermeintlich Falsches sagst, gucken die Leute direkt anders drauf. Jedes Wort wird auf die Goldwaage gelegt. Alles, was du rappst, muss echt sein. Zum Beispiel: Wenn Männer rap­pen, dass sie in dem und dem Auto unterwegs sind, das sie nicht besitzen, ist das egal, aber wenn du das als Frau sagst, dann kommt immer: „Hä? Du fährst das doch gar nicht!“ Die Leute gucken irgendwie ganz, ganz anders hin. Du musst immer zu 100 Prozent perfekt sein und immer mehr geben; das ist aber auch, glaube ich, deswegen so, weil viele Leute es von Anfang an gar nicht haben wollten, dass Frauen rappen. Deswegen werden Frauen hier auch ganz anders kritisiert.

Schreiben Sie Ihre Texte ­eigentlich ganz alleine?
Also ich schreibe die Texte mit einem Team zusammen, aber mit einem festen Team, seitdem ich angefangen habe, Musik zu machen. Das ist eigentlich mehr oder weniger wie eine Familie, denn wir stehen uns alle richtig nah. Ich gebe superviel Input und alles basiert auf Dingen, die ich fühle, sage und denke. Mein Team hilft mir dabei, das in ein größeres Bild zu verpacken, und wir arbeiten einfach alle mit derselben Leidenschaft daran.

Ihre erste Show war innerhalb von Minuten ausverkauft. Hätten Sie das erwartet?
Nein, gar nicht. Wir sind online gegangen und ich hatte die Einstellung „Mal gucken, was passiert, vielleicht will ja auch gar keiner kommen“. Ich habe das richtig oft gesagt: „Leute, was ist, wenn keiner kommen wird?“ Dann waren auf einmal die Tickets in allen zwölf Städten ausverkauft und ich hatte dadurch natürlich noch mehr das Gefühl, dass ich auf jeden Fall auf der Tour abliefern muss.

Welche Projekte stehen aktuell an?
Mein zweites Album kommt auf jeden Fall, da arbeiten wir auch die ganze Zeit und permanent dran. Das Studio ist mittlerweile mein Wohnzimmer – ich bin nirgendwo anders. Dann kommt meine zweite Tour nächstes Jahr; wir spielen wieder auf rund 14 Festivals. Natürlich steht auch noch der Lipgloss-Launch ­meiner Marke Bad Cosmetics an, und was auf dem Weg noch kommt, das steht auf jeden Fall noch in den Sternen. Klar ist es dabei auch wichtig, eine Balance zu finden. Ich arbeite und ich kann mir auch mal Ruhe gönnen – aber wenn es um meine Arbeit geht, will ich immer weiterkommen und weitermachen. Wenn du permanent so viel zu tun hast und erfolgreich bist, verspürst du immer dieses Adrenalin und entwickelst so ein Gefühl, dass
du immer was Neues haben und machen willst.

Neben mehreren Platin- und Gold-Auszeichnungen ihrer Singles ist Badmómzjay die erste Deutschrapperin auf einem Vogue-Cover sowie die erste deutsche Frau im Soundtrack des Fußball-Videospiels FIFA. In ihrer Musik steht sie für Gleichheit und Freiheit ein und spricht offen über ihre Bisexualität.

Fotos: Jesko Gorgas

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