Mit dem FORBES-NEWSLETTER bekommen Sie regelmässig die spannendsten Artikel sowie Eventankündigungen direkt in Ihr E-mail-Postfach geliefert.
Als Geschäftsführerin der Consumer Products Division von L’Oréal in der DACH-Region steht Klaudija Tomsic einem starken Wachstumsmotor des globalen Konzerns vor: Die Division gilt innerhalb des Unternehmens als strategischer Trendtreiber und wegweisendes Innovationsradar.
Klaudija Tomsic zählt zu jenen Führungskräften beim Kosmetikriesen L’Oréal, die dort einen Gutteil ihrer beruflichen Karriere – oder sogar die gesamte Laufbahn – bestritten haben. Das liege nicht zuletzt auch an den Chancen, internationale Erfahrungen in einem global aufgestellten Konzern machen
zu können, erzählt sie im Gespräch.
Internationalität zieht sich auch durch ihr persönliches Leben: Ihre Eltern kamen in den 1970er-Jahren aus Kroatien nach Deutschland, und: „Mein Mann kommt aus Wales, meine Tochter ist in Deutschland geboren und gemeinsam haben wir viele Jahre im Ausland gelebt. Ich sage gerne: ‚I’m leading a multinational organization; privat wie beruflich!‘“ Verschiedene Kulturen und Sprachen zu vereinen – das mache sie aus und habe sie immer begleitet; auch im professionellen Kontext, so Tomsic weiter, die heute die Konsumgüterdivision von L’Oréal in der DACH-Region leitet.
In den Kosmetikkonzern eingestiegen ist sie im Jahr 2002 – „damals hieß das noch Führungsnachwuchskraft“. Nach diesem Start habe sie die „komplette Entwicklung im Vertrieb durchlaufen“, bis zum General Manager für Sales in Deutschland, so Tomsic weiter. Ergänzend habe sie noch einen „Step ins Marketing“ gemacht: „Spätestens dann konnte ich für mich behaupten, dass ich all unsere Aktivitäten rund um unsere Konsumentinnen und Konsumenten, unsere Dreh- und Angelpunkte, vollumfänglich kennengelernt habe.“
2018 ging es samt Familie in die Niederlande, wo Tomsic den Posten der Geschäftsführung der Consumer Products Division für Holland übernahm. Von dort aus baute sie den sogenannten Benelux-Cluster mit auf und führte die Businessaktivitäten in Belgien, den Niederlanden und Luxemburg zusammen, denen sie letztlich auch vorstand, bevor sie im Jahr 2022 wieder (mit ihrer Familie) nach Deutschland zurückkehrte. Bis 2023 hat Tomsic auch die Geschäftsführung des Deutschland- und Österreich-Clusters der Consumer Products Division übernommen.
Der gesamte Konsumgüterbereich war in der Zwischenzeit, befeuert durch die Covid-Pandemie, zu einem Wachstumsmotor, vor allem in der DACH-Region, geworden. Von L’Oréal werde der Beautymarkt als sehr robust erlebt, so Tomsic; die Konsumgüterdivision, der sie heute vorsteht, habe sich für den Konzern zum strategischen Trendtreiber und wegweisenden Innovationsradar entwickelt.
„Nach Covid“, so Tomsic zu dieser Entwicklung, „ist die Sehnsucht nach Schönem noch mal gestiegen. Aber es gibt auch ein Mehr an Bewusstsein für Gesundheit und Wohlbefinden.“ Man spreche bei diesem Phänomen auch vom „Lipstick-Effekt“, sagt Tomsic – dem Bedürfnis, sich auch in wirtschaftlich unsicheren Zeiten den „kleinen Luxus“ zu gönnen. Dieser anhaltende Trend betreffe Konsumentinnen und Konsumenten gleichermaßen, so die Geschäftsführerin weiter, und er beschränke sich nicht allein auf die „expressiven Kategorien“ wie etwa Make-up, sondern umfasse auch andere Bereiche wie Haarpflegeprodukte aller Art oder produktspezifische saisonale Höhepunkte. So boomen etwa Kategorien wie Gesichts- und Haarpflege, so Tomsic.

Es ist uns als L’Oréal-Gruppe auch immer wichtig, bei allen neuen Trends im Driver’s Seat zu sein.
Klaudija Tomsic
Was aber die Zielgruppentrends betrifft, holt Tomsic aus, seien Männer, Boomer, aber auch die Gen Z Themenfelder, für die sie in der Consumer Products Division eine große Zukunft sieht. „Wir sehen hier großes Wachstumspotenzial“, sagt sie.
Über die letzten Jahre habe sich der Zugang von Männern zum Thema Beauty stark gewandelt, so Tomsic; man denke nur an die Markenschiene „Men Expert“ von L’Oréal Paris – „also männerspezifische Produkte, die sich schon viele Jahre erfolgreich am Markt behaupten“. Und dennoch „sehen wir bei diesen Produkten nach wie vor eine unterproportionale Penetration im Vergleich zu Produkten für die Frau“. Da geht also noch was, findet Tomsic.
Nicht zu unterschätzen sei auch das Feld der Unisex-Produkte – etwa bei der Marke Mixa. „In unseren Werbeauftritten fällt auf, dass wir Männer und Frauen gemeinsam in die Spots integrieren – auch in diesem Feld können wir noch mehr Potenzial ausschöpfen“, so Tomsic.
Und auch mit Blick auf die Boomer-Generation sieht Tomsic noch Luft nach oben – das sei eine Zielgruppe, von der man sich nachhaltiges Wachstum verspreche. „Sie verwenden vielleicht weniger Produkte als die Konsumentinnen und Konsumenten der Gen Z, aber die Boomer sind bereit, mehr Geld für Beautyprodukte in die Hand zu nehmen“, gibt Tomsic Einblicke in Trends ihrer Konsumgüterdivision.
Über die gesamten Consumer-Produktkategorien hinweg sei zwar eine gewisse Preissensitivität vorhanden; genauso seien Konsumentinnen und Konsumenten aber bereit, auch mehr Geld auszugeben – wenn das Produkt innovativ und wirksam ist. Tomsic: „Wir bespielen hier als L’Oréal mit unseren 37 internationalen Marken das gesamte Preispiano.“
Dieser Mix sei insgesamt gut ausbalanciert – der große Vorteil eines global agierenden Konzerns: „Es gibt Länder, die in manchen Kategorien noch in der Erschließungsphase sind und in denen sich die Verbraucherinnen und Verbraucher deutlich zurückhaltender zeigen. Das können wir dann über die Ländergrenzen hinweg und mit anderen Kategorien ausgleichen“, erläutert Tomsic.
Man könne das sicher als Segen bezeichnen, so Tomsic weiter – dieser gründe aber darauf, dass L’Oréal neben den boomenden E-Commerce-Kanälen einfach auch ein robustes und starkes Offline-Business hat. „Das ist ein starker Pluspunkt in der DACH-Region: Wir können sowohl die Möglichkeiten im E-Commerce-Business ausschöpfen als auch regional im stationären Handel das Geschäft vorantreiben. In Deutschland und Österreich ist die Drogerie-Dichte besonders hoch. Online und offline: Das ist für uns also ein Sowohl-als-auch und kein Entweder-oder“, schildert Tomsic.
Wir als L’Oréal-Gruppe sehen nachhaltiges Handeln als Verpflichtung. Wir wollen hier einen signifikanten Beitrag leisten. Das ist ein ‚Non-Negotiable‘.
Klaudija Tomsic
Der jüngste Vertriebsarm (und einer, der am stärksten in Richtung Zukunft zeigt) sind die Tiktok-Kanäle des Konzerns – „ein Propeller nicht zuletzt für unsere Neuheiten“, so bezeichnet ihn Tomsic. Diese Kanäle seien in Asien oder etwa auch in Großbritannien weiter als in Deutschland, führt sie ergänzend aus. „Der zentrale Fokus liegt im Augenblick darauf, den ‚Halo-Effekt‘ von Tiktok auf die eigentlichen Distributionskanäle zu bewerten“, so Tomsic weiter. Es gelte, stetig zu lernen – und L’Oréal, sagt Tomsic, erhebe bei allem Neuen, und so eben auch bei allen neuen Trends, den Anspruch,
im „Driver’s Seat“ zu sein.
Genauso verhalte es sich auch beim Thema KI, sagt Tomsic – diese habe bereits großen Einfluss auf die Arbeitsweisen, ist sie sicher, und werde diese in Zukunft nur noch stärker prägen. Bereits jetzt sei erkennbar, welche neuen Möglichkeiten sich den Mitarbeitern über den Einsatz von KI eröffnen.
Am Beispiel Content sei das leicht erklärt, so Tomsic: „Künstliche Intelligenz wird uns eine ganz andere Qualität, aber auch Quantität in Sachen Content ermöglichen; allein wenn ich an die Anzahl der Produkte denke, um die herum wir erstklassigen Content kreieren können, ohne dafür viele Ressourcen binden zu müssen.“
Die KI werde L’Oréal in dieser Hinsicht nicht nur unterstützen, solche Prozesse zu beschleunigen, sondern es auch ermöglichen, eine größere Breite in der Kommunikation und im Vertrieb der Marken und Produkte zu erreichen, so die Geschäftsführerin.
Bereits längst im Jetzt angekommen sind Maßnahmen im Feld der Nachhaltigkeit. Sie spielen, so Tomsic, in ihrer Consumer Products Division eine „elementare Rolle“. Als „Volumentreiber der Gruppe“ werde allem voran die Reduktion von Plastik als strategisches Thema gesehen, für das man sich sehr klare Ziele (von der Gruppe auf die einzelnen Ländergesellschaften heruntergebrochen) gesetzt hat.
Innerhalb der Konsumgüterdivision betrifft das Thema vor allem die Haarpflegemarken wie Elvital (L‘Oréal Paris) oder Wahre Schätze (Garnier). Besonders hier werden aktuell sogenannte Refill-Angebote ausgebaut, also Produkte, die die Konsumentinnen und Konsumenten nachfüllen können und je nach Produkt bei den Marken der Konsumgüterdivision bis zu 60 % an Plastik einsparen. Gemeinsam mit seinen Handelspartnern betreibe L’Oréal hier umfassende Aufklärungsarbeit, heißt es seitens des Konzerns – seit 2020 erarbeitet die Gruppe mit dem Nachhaltigkeitsprogramm „L’Oréal for the Future“ umweltfreundliche Maßnahmen und Aktivitäten.
Eines der Ziele ist etwa die vollständige Umstellung auf 50 % wiederverwendbare, recycelbare oder kompostierbare Verpackungen bis 2030. Man dürfe allerdings nicht erwarten, dass Veränderungen von heute auf morgen eintreten werden, sagt Tomsic mit Blick auf das Konsumverhalten: „Es ist eine Reise. Wir verändern unser Verhalten Schritt für Schritt – da müssen wir als Marktführer sehr viel Aufklärungsarbeit bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern leisten und probieren hier auch viel aus, um zu sehen, was der beste Weg ist.“ Das Thema selbst sei eine klare Priorität, und das unabhängig von jeder Zielgruppe: „Wir als L’Oréal-Gruppe sehen nachhaltiges Handeln als Verpflichtung. Wir wollen hier einen signifikanten Beitrag leisten – das ist ein ‚Non-Negotiable‘“, so Tomsic.
Ein zweites großes strategisches Thema ihrer Division sei das der Gesundheit. „Es wird auf jeden Fall so sein, dass sich das für Konsumentinnen und Konsumenten auch im Beautymarkt niederschlagen wird. Ein zentraler Zugang zum Thema Gesundheit ist in gewisser Weise die eigene Authentizität; im Sinne von ‚Wenn ich ich selbst bin, bin ich am schönsten‘“, so Tomsic – und daran füge sich der nächste große Bereich der Longevity fast von alleine an.
All diese Beauty-Makrotrends werden Einfluss auf das Shoppingverhalten oder das Feld der Technologienutzung haben, so Tomsic mit Blick auf die Zukunft. „Und so sehen wir das nicht als Revolution, sondern als Evolution, in einer Geschwindigkeit, die stetig zunimmt“, so Tomsic. Und weiter: „Diese Komplexität letztlich anzunehmen ist für uns als Industriepartner gleichermaßen Chance und Herausforderung – Herausforderung, weil wir unsere Konsumentinnen und Konsumenten gezielt ansprechen müssen, um sie auf ihrer Consumer Journey zu einer für sie richtigen Kaufentscheidung zu führen; und Chance, weil wir als Konzern die Möglichkeit haben, wirklich einen Unterschied zu machen.“
Fotos: Robert Eikelpoth