Der Filmindustrie auf der Spur

Andrea David ist Reisebloggerin. Sie fährt zu Drehorten aus bekannten Filmen und sucht den exakten Spot, an dem eine Szene gedreht wurde. Seit 2014 sind das mehr als nur Reiseabenteuer – es ist ihr Vollzeitjob mit über 800.000 Instagram-Followern.

Stars Hollow aus „Gilmore Girls“ oder die Blocks in Chicago, in denen „Kevin allein zu Haus“ gedreht wurde, haben für Filmfans eine besondere Bedeutung. Andrea David weiß es, denn sie hat all diese Orte bereits erkundet.

„An meinem ersten Drehort bin ich mehr oder weniger zufällig vorbeigekommen – ich fand das damals schon total spannend, wie man bestimmte Orte bereits aus Filmen kennt, ohne vorher dort gewesen zu sein, und schon eine Geschichte damit verbindet“, er­zählt sie. David studierte Touris­mus­­management an einer FH in München und schrieb später ihre Diplomarbeit darüber, wie sehr Filme unsere Reiseziele beein­flussen. Sie teilte hierfür Frage­bögen vor Kinosälen aus und sammelte diese später wieder ein. Durch ihre Recherche kam sie erstmals auf den Geschmack, an Drehorte zu reisen. Heute ist sie mit über 800.000 Followern auf Instagram internatio­nal bekannt und postet regelmäßig Fotos von berühmten Filmkulissen. Damit ist sie nicht die Einzige – ­bereits 2017 wählten mehr als 80 Millionen Menschen bekannte Filmschauplätze als Urlaubsziel.

Ihren Start als Reisebloggerin hatte David 2007, als sie erstmals ihre Seite online stellte. „Am Anfang gab es ja auch nicht viele Seiten, die sich überhaupt mit dem Thema beschäftigt haben, und unter dem Begriff Reiseblogger konnte sich damals auch noch niemand etwas vorstellen“, erzählt sie. Doch von Jahr zu Jahr surften immer mehr Menschen, die sich ebenso für Filmtourismus interessierten, auf ihre Seite. Aus 100 Lesern wurden 20.000, und heute sind es schließlich ganze 150.000 im Monat, die Andrea David über ihren Reiseblog verfolgen und sich für ihre Exkur­sionen begeistern. Nachdem David 2009 ihren Facebook-Account eingerichtet hatte und bemerkte, dass immer mehr Menschen ihre Reisen verfolgten, veröffentlichte sie 2014 schließlich ihren heutigen Insta­gram-Account „Filmtourismus“ und machte sich noch im selben Jahr selbstständig. Vorerst veröffentlichte sie ihre Posts ausschließlich auf Deutsch. Das änderte sich allerdings, nachdem sie realisierte, dass Menschen aus aller Welt auf ihre Plattformen zugriffen. Das war der Beginn ihrer Karriere im Bereich Film­tourismus, und die Inhalte waren so erfolgreich, dass im Oktober 2022 dann sozusagen der analoge Schritt folgte: David veröffentlichte ihr erstes Buch „Szene für Szene die Welt ent­decken“, in dem sie die Leser auf ihre Abenteuer mitnimmt und über die Geschichte und ihre Begegnungen hinter den Schnappschüssen erzählt. „Für mich ist es spannend, zu sehen, wie ähnlich die Interessen sind – egal, ob in Spanien, Brasilien oder in Japan, wir sind alle durch gemeinsame Interessen verbunden. Filmfans wollen wissen, wo zum Beispiel ‚Game of Thrones‘ oder ‚Harry Potter‘ gedreht wurden.“

Am liebsten reist David an Orte, an denen die Produktionen bereits mehrere Jahrzehnte zurückliegen; Orte, die Erinnerungen wecken und oft auch nicht sofort wiedererkennbar sind, denn obwohl die Branche des Filmtourismus immer weiter wächst, sind viele Drehorte nicht mehr für den Filmtourismus beständig. „Mein Lieblingsfilm ist seit Langem ‚Zurück in die Zukunft‘, der nutzt sich für mich nicht ab und macht immer gute Laune“, so David mit einem Grinsen. Als Roadtrip-Fan gefallen ihr lange Straßen inmitten beeindruckender Landschaften besonders gut. „Einige Gebiete könnten von einem anderen Pla­neten sein, finde ich. Für mich ist es äußerst spannend, wenn Orte aussehen, als wären sie aus einer Science-Fiction-Geschichte.“

Der Job als Reisebloggerin verlangt David aber auch oftmals vieles ab, sodass sie über ihren Schatten springen muss. Das ver­änderte auch ihr Reiseverhalten: „Auf Reisen war ich davor immer eher zurückhaltend. Jetzt ist das anders, ich gehe viel offener auf Leute zu. Das bedeutet auch, dass ich mich darauf einlasse, vor Ort Hilfe zu suchen.“

Knifflig wird das Ganze, wenn sich Drehorte auf privaten Grundstücken befinden. „Man muss darauf eingestellt sein, dass die Leute dort vielleicht nicht wissen, dass ihr Haus Teil eines Filmsets war, und auch mit dem einen oder anderen skeptischen Blick rechnen.“ Privates Gelände betritt Andrea David nicht – durch ihren Job kommt sie mit vielen Anrainern aus den von ihr ausgewählten Orten ins Gespräch, oftmals sogar über die damaligen Dreharbeiten.

Finanziert werden ihre Reisen auf verschiedene Weise – unter anderem durch Fremdenverkehrsämter, Pressereisen oder durch die Zusammenarbeit mit Verlagen. David: „Es gibt natürlich noch verschie­dene Programme, bei
denen man über Provisionen verdient, aber der Großteil sind die direkten Kam­pagnen mit den Tourismus­ämtern oder der Filmbranche. Meine Kunden stammen sowohl aus der Film- als auch aus der Tourismus­branche.“

Die Reisen, die Andrea David selbst finanziert, unternimmt sie meist zusammen mit ihrer Familie und kombiniert diese mit Besuchen bekannter Drehorte, sofern dort welche vorhanden sind.

Eine Pause gibt es für David nicht – ihr Terminkalender für diesen März ist voll, denn neben ihrer Beteiligung an der ITB-Reisemesse in Berlin begibt sie sich eine Woche lang auf eine Filmroute von „Star Wars“, die dann erstmals für Filmtouristen beständig bleiben wird, da sich immer mehr Menschen als Reiseblogger ver­suchen. Selbst nach über 1.000 Drehorten ist für David kein Ende in Sicht – ihr stehen noch unzählige Reisen bevor, die sie mit der Welt teilen will.

Andrea David verbindet Filme­ansehen und Reisen miteinander: Seit 2014 ist sie Vollzeit-Reisebloggerin und erkundet Drehorte auf der ganzen Welt. Ihre Erlebnisse teilt sie mit ihren 800.000 Followern auf Instagram über ihr Profil „Filmtourismus“ und begeistert damit täglich immer mehr Menschen. Obwohl sie schon rund 1.000 Filmkulissen besucht hat, ist sie noch lange nicht am Ende ihrer Reise. Mittlerweile hat David bereits Kunden in der Film- und Tourismusbranche, die einen Teil ihrer Reisen finanzieren.

Text: Anika Fallnbügl
Fotos: Jann Wilken

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