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Andreas Köhler hat die Photovoltaik-Vermittlungsplattform Milk the Sun übernommen und radikal umgebaut – vom reinen Marktplatz zum Full-Service-Anbieter. Von seinem neuen Hauptquartier in Dubai aus will der 31-jährige Unternehmer den globalen Solarmarkt aufmischen und Milk the Sun zur wichtigsten Schnittstelle der Energiewende machen.
Andreas Köhler sitzt für unser Videointerview in seinem Büro in Dubai. Hinter seinem Kopf sehen wir durch die Panoramascheibe die Wolkenkratzer der Stadt, zwischendurch fliegen Helikopter durch den wolkenlosen Himmel. „Hier scheint jeden Tag die Sonne und ich fühle mich als Unternehmer einfach wohl. Ich habe nie das Gefühl, dass ich über die Schulter schauen muss, dass andere mich beneiden“, sagt der Deutsche über seine Wahlheimat. Dubai gehört zu den drei sichersten Städten der Welt – es war aber nicht nur die Sicherheit, die ihn und seine Familie in die Emirate zog; es war vor allem die unternehmerische Freiheit, die er in Deutschland vermisste.
Köhler ist Inhaber von Milk the Sun, dem weltweit größten Onlinemarktplatz für gewerbliche Photovoltaik-Investments. Über 3.000 Projekte in mehr als 30 Ländern wurden über die Plattform schon vermittelt, was einem Transaktionsvolumen von mehr als acht Mrd. € entspricht. Im Monat werden durchschnittlich über 50 Mio. € über die Plattform abgewickelt, mehr als 134.000 Kunden sind dort registriert. Das Unternehmen beschäftigt rund 100 Mitarbeiter, etwa die Hälfte davon fest angestellt, verteilt auf Büros in Nürnberg und Dubai; und es will stark wachsen.
Wie funktioniert der Marktplatz? Und was plant Köhler, um Investments in Solarenergie rund um die Welt einen ordentlichen Schub zu verpassen?
Köhler fing 2016, als er 23 Jahre alt war, an, im Solarmarkt zu arbeiten. Er vermittelte Pachtverträge für Photovoltaik-Anlagen und begleitete Projekte für Unternehmen, die Solaranlagen bauen wollten. Der Solar-Investment-Markt wuchs zu dieser Zeit, erzählt Köhler, doch er sei dominiert gewesen von etablierten, alten Unternehmern – in erster Linie von Finanzvermittlern und kleineren Unternehmen aus der Immobilienbranche.
2021 gründete der Deutsche Solar Direktinvest, um selbst Projekte zu entwickeln. Doch schnell merkte er, wie mühsam das kleinteilige Projektgeschäft sein kann: Die Wünsche und Beschwerden von Verpächtern, Bauträgern und Investoren unter einen Hut zu bringen und am Ende eine Solaranlage auf die Beine zu stellen war nicht immer leicht. „Es am Bau allen recht zu machen ist unmöglich. Man muss immer Kompromisse eingehen“, so Köhler. Doch er wollte mehr Impact schaffen – ein anderes Geschäftsmodell musste her.

Man kann nicht nur gewinnen und nie scheitern. Wichtig ist, dass man öfter gewinnt.
Andreas Köhler
Schon seit 2012 gab es mit Milk the Sun eine Plattform, auf der Pächter, Bauträger und Investoren zusammenfinden können, um gemeinsam Solaranlagen auf Grundstücken zu realisieren. Als Köhler 2023 einen der Gründer anrief – sie kannten sich als Wettbewerber –, um ihm zu sagen, dass er ebenfalls nur noch reine Vermittlungen anbieten wolle, überraschte ihn die Antwort: Milk the Sun, so erzählt Köhler die Geschichte, sollte zu einem stattlichen Preis verkauft werden. Zwischen den vier Gesellschaftern gab es Unstimmigkeiten, wie es mit dem Unternehmen weitergehen solle, so Köhler, der die Gelegenheit nutzte und die Plattform kaufte. Der Umsatz lag damals kontinuierlich bei etwa zwei Mio. € jährlich.
Nachdem Andreas Köhler Milk the Sun übernommen hatte, baute er das Unternehmen um. „Die Marke hat damals so ähnlich wie Ebay funktioniert“, sagt Köhler: Pächter und Investoren wurden zusammengebracht, mussten den Rest aber selbst regeln. „Ich wollte es eher wie Amazon machen, da sich dieses Modell am Markt durchgesetzt hat.“ Sprich: Auch die Vertragsabwicklung, das Fulfillment und die Zahlungsabwicklung sollten über die Plattform laufen.
Eineinhalb Jahre lang hat Köhler eine vollständig überarbeitete Version der Plattform entwickelt. Auf der neuen Website, die in wenigen Wochen live gehen soll, können Nutzer jetzt noch einfacher eigene Projekte inserieren, Merkzettel setzen, Suchassistenten einrichten und sich per E-Mail, SMS oder Whatsapp benachrichtigen lassen, wenn passende Projekte online gehen. Eine eigene App ist bereits in Entwicklung.

In Deutschland übernimmt Milk the Sun den gesamten Verkaufsprozess: Fünf fest angestellte Salesmanager und zwei Vertriebsassistenten beraten Investoren bei der Projektauswahl. Sie helfen Nutzern, aus allen verfügbaren Projekten genau das passende zu finden. Milk the Sun prüft alle Inserate auf Plausibilität, wickelt Verträge ab und managt die Anzahlungen. Ein Investor kann innerhalb weniger Minuten per Smartphone eine Anlage für 400.000 € kaufen, sagt Köhler – komplett digital, vom Kaufvertrag bis zur Identifikation. 2024 erhielt das Unternehmen so fast 44 Mio. € an Zahlungseingängen (Umsätze plus Anzahlungen).
Die Risiken für Investoren verschweigt Köhler nicht: „Man kann nicht nur gewinnen und nie scheitern. Wichtig ist, dass man öfter gewinnt“, sagt er. Milk the Sun haftet nicht für Projekte, aber auf der Plattform würden deutlich unter 1 % aller Projekte wirklich schiefgehen. In einem eigens dafür gegründeten Forum klärt Milk the Sun über verschiedene Risiken auf, um so maximale Transparenz und Sicherheit am Markt zu schaffen. Nutzer können dort auch ihre Erfahrungen teilen.
Nach den ersten Jahren seit der Übernahme möchte Köhler Milk the Sun nun weiter ausbauen. Das Modell aus Deutschland – nur dort begleiten Salesmanager Projekte für Investoren aktiv; in anderen Ländern agiert die Plattform als Vermittler – soll in den kommenden Jahren in weitere Länder ausgerollt werden. In Dubai soll die Zentrale für die internationale Expansion stehen: Aktuell plant Köhler dort ein neues Bürogebäude mit Platz für 300 Beschäftigte.
Der Markt wachse rasant, so Köhler, und diese Schritte seien notwendig, wenn Milk the Sun weiterentwickelt werden soll. Köhler: „Mein Ziel ist, die Realisierung von Solar-Investments auf der ganzen Welt so schnell voranzutreiben wie sonst keiner.“ Denn er sieht in der Solarenergie die Zukunft der globalen Energieversorgung – PV-Anlagen seien wirtschaftlicher als andere Formen erneuerbarer Energien. In Deutschland würde bereits der Großteil aller am Markt gehandelten Photovoltaik-Investments über Milk the Sun abgewickelt.
Köhler sagt, ihn treibe Geld nicht mehr an. Aus früheren Investments – viele davon im Solarbereich – habe er ein passives Einkommen, das ihm und seiner Familie einen sehr guten Lebensstandard sichert. „Heute lebe ich frei nach meinen Vorstellungen, und aufgrund der gesparten Steuern durch Solarprojekte sowie deren Renditen – was im Übrigen für jeden möglich ist – müsste ich im Leben nie wieder arbeiten. Dennoch setze ich mich aus Leidenschaft jeden Tag mit voller Hingabe weiter für den Ausbau der erneuerbaren Energien ein“, sagt er. Durch seine Erziehung – beide Eltern sind Ärzte und arbeiten laut ihm auch ehrenamtlich – sei ihm Impact wichtiger als Geld. „Meine Eltern haben mir immer gesagt, ich soll etwas machen, für das ich auch einstehen kann. Diesen Gedanken – in Amerika sagen sie: ‚Giving back‘ –, den habe ich seit meiner Kindheit.“ Sein Vater hat ein komplettes Krankenhaus in Afrika aufgebaut, das Köhler finanziell unterstützt. Eine Solaranlage wird dort bald Strom für die medizinische Versorgung produzieren. Außerdem spendet der Unternehmer an Naturschutzorganisationen und unterstützt Tierheime bei der Finanzierung sowie Installation von Photovoltaikanlagen, sagt er.
Und als Inhaber einer Solarfirma liegt Köhler Klimaschutz am Herzen: „Mein Ziel ist, dass Milk the Sun mit Abstand die Nummer-eins-Vermittlungsplattform auf der ganzen Welt bleibt. Ich hoffe, dass in zehn Jahren über 90 % der Energieerzeugung aus Solaranlagen kommen – das braucht unser Klima nämlich –, und dass Milk the Sun der Grund ist, der dies ermöglicht hat.“
Fotos: Milk the Sun