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Wenn andere den Kopf verlieren, behält sie die Übersicht: Kathrin Bürger ist persönliche Assistentin und unterstützt ihre Kunden bei alltäglichen Belangen und darüber hinaus. Mit Genauigkeit und einem feinen Gespür für Details organisiert sie das Leben ihrer Kunden – und schafft Freiraum, wo vorher Stress war.
Kathrin Bürger genießt Dinge, die sonst niemandem Spaß machen – Flüge buchen, Rechnungen sortieren, Struktur im Alltag schaffen. Als sie sich inmitten ihrer Karriere nach neuen beruflichen Herausforderungen sehnte, besann sie sich auf etwas, das immer schon zu ihren Stärken zählte: Dinge organisieren, erledigen, sich kümmern – „Yair“ war geboren. Das Akronym steht für „Your Assistant Is Ready“, zu Deutsch: „Ihr Assistent steht bereit“. „Es klingt immer etwas abgehoben, wenn man sich einen persönlichen Assistenten leistet“, sagt Bürger. Entgegen dem Klischee bringe sie aber nicht laufend Privatyachten von A nach B. Oft seien es ganz profane Aufgaben, mit denen sie ihre Kunden entlasten könne.
Die studierte Kunsthistorikerin arbeitete zuvor unter anderem für eine Galerie für zeitgenössische Kunst und übernahm dort auch organisatorische Tätigkeiten für den Galeristen. „Das liegt mir, das kann ich“, habe sie gemerkt. Infolge eines familiär bedingten Umzugs nach Wien im Jahr 2007 arbeitete sie zunächst in der Galerie nächst St. Stephan bei Rosemarie Schwarzwälder. Dann brach der Wunsch nach mehr Flexibilität über Bürger herein – heute ist Schwarzwälder eine ihrer Kundinnen.
Die meisten Interessenten gelangen über persönliche Empfehlungen zu Yair, so Bürger. Aktuell betreut sie eine Handvoll Kunden – einige seit der Unternehmensgründung 2013. Sie leben in Österreich, Deutschland, im europäischen Ausland oder als Nomaden. Yair bietet ihnen drei Mitgliedschaften an: Classic, Premium und VIP. Sie unterscheiden sich in der Erreichbarkeit und im Stundenaufwand, so Bürger. Wer sich bloß etwas freispielen will, der dürfte als Classic-Mitglied zufrieden sein. Kommen jedoch Partner oder gar eine Familie ins Spiel, empfiehlt die CEO die betreuungsintensivere VIP-Mitgliedschaft. Drei Mitarbeiterinnen unterstützen Bürger bei ihren Aufgaben, Handwerker und andere Professionisten bucht sie bei Bedarf hinzu.
„Mein Leben ist nicht wie im Film ‚Der Teufel trägt Prada‘. Ich bekomme keine Mäntel auf den Tisch geworfen und es wird nicht gemeckert, dass der Kaffee kalt ist“, lacht Bürger. „Aber manchmal muss man schon kleine Wunder entstehen lassen“, fährt sie fort – Wunder, die sie vielleicht gar nicht als solche wahrnehme, die für andere aber bedeutend seien; etwa, für einen bestimmten Tag den Fensterplatz im Restaurant zu reservieren. Teils seien die Anforderungen aber durchaus auch außergewöhnlich: Ein Kunde wollte ein Haus samt exotischem Garten ab- und an einem fernen Ort wieder aufbauen, so Bürger. Also setzte sie sich mit Bautechnik und Botanik auseinander, sprach mit Pflanzeninspektoren und den Managements großer Häfen.
Bürger versucht immer, eine Lösung zu finden, und wertet Wünsche nicht, sagt sie. Herausfordernde Aufgaben wie die besagte mag die persönliche Assistentin besonders gern, sie seien aber eher selten. „Wenn mich jemand fragt, was wir machen, dann sage ich: ‚Grundsätzlich übernehmen wir alles; alles, was uns moralisch richtig erscheint, und alles, was legal ist‘“, so die Yair-Gründerin. Alles, was sich in diesem Rahmen bewegt, kann bearbeitet werden: Bürger ordnet Belege für den Steuerberater, organisiert Familienreisen und engagiert verlässliche Handwerker.
Die goldene Währung in ihrem Geschäft sei Vertrauen. Je mehr sie davon genießt, desto besser kann sie ihren Job ausführen. So verfügt sie über Kreditkarten von Kunden und eigene Kontenzugänge, um Überweisungen vorzunehmen, und kennt Konfektionsgrößen, um bei Bedarf eine neue Strumpfhose zu besorgen.
„Am Anfang sind wir auf einen Vertrauensvorschuss angewiesen. Das ist verständlicherweise nicht jedermanns Sache“, so Bürger – ein Grund, warum Yair ausschließlich mit Jahresabonnements arbeitet. „Bis für den Kunden die Erleichterung einsetzt, dauert es“, erklärt die Gründerin, „denn zu Beginn der Zusammenarbeit müssen wir noch viele Fragen stellen: ‚Welchen Platz im Flieger bevorzugen Sie? In welcher Tierarztpraxis werden die Katzen behandelt?‘“ Diskretion und Verschwiegenheitspflichten sind Teil der Abmachung. Bei der Frage, wie sie das Vertrauen gewinnt, denkt Bürger kurz nach: „Ich gebe Kunden das Gefühl, gut aufgehoben zu sein.“ Besonders freue die Yair-Chefin, wenn die erwachsenen Kinder einer betreuten Familie später selbst auf ihre Dienste zurückgreifen.
Der Trend zur Zwei-Faktor-Autorisierung gehört zu den Veränderungen, die den Alltag von Yair erschweren. Angst, jemals durch künstliche Intelligenz ersetzt zu werden, hat Bürger nicht – Chat GPT nutzt sie zwar selbst, aber wenn der 80-jährige Großvater der Familie Geburtstag feiert, braucht es trotzdem eine persönliche Handschrift. Generell sei es unverzichtbar, dass jemand Prozesse anleitet, durchführt und entscheidet, wie es nach ihnen weitergeht, sagt sie. Damit tut sich die KI bekanntlich schwer.
Bürger betont zudem gerne das Wort „persönlich“ in „persönliche Assistenz“: „Ich möchte, dass es den Menschen gut geht – darauf schaue ich“, so die Gründerin. Dafür braucht es Ordnung, Struktur und Disziplin. Auf die Frage, was ihre Kunden mit der gewonnenen Zeit anstellen, schmunzelt die Yair-Chefin: „Ich glaube, sie arbeiten einfach noch mehr.“
Aber auch für alle ohne persönlichen Assistenten hat sie Tipps parat: „Jedes Ding im Büro oder Zuhause sollte einen Ort haben, an dem es ‚wohnt‘. Wer Unterlagen immer am selben Platz ablegt, schafft Struktur. Für Reisen empfehle ich Checklisten, die man nach jeder Reise adaptiert.“
Um die Leistungen für ihre Kunden noch auszubauen, schwebt Bürger eine europäische Plattform für persönliche Assistenten vor. „Ich will, dass es meinen Kunden gut geht“, wiederholt sie – „und wenn es nicht so ist, frage ich mich: ‚Was kann ich tun, um das zu ändern?‘“ Wer mit Bürger spricht, erhält den Eindruck, dass sie viele mögliche Antworten auf diese Frage kennt.
Kathrin Bürger ist die Gründerin des Concierge-Services Yair. Als persönliche Assistentin unterstützt sie ihre Kunden dort, wo es nötig ist – und gibt ihnen so Zeit zurück.
Text: Ines Erker
Foto: Gianmaria Gava