DIE PROPHETIN UND IHRE PROFITE

Eine neue Superstar-Investorin hat ihren Glauben an Innovation in ein 29 Milliarden US-$ starkes Unternehmen und ein persönliches Gesamtvermögen von 250 Millionen US-$ umwandeln können. Eine ihrer Vorhersagen: Tesla sei enorm unterbewertet.

Im Mai 2019 lagen die Tesla-Aktien bei rund 200 US-$ – genau dort, wo sie auch bereits vor fünf Jahren waren, als die Investorin Ca­thie Wood ein riskantes Experiment wagte. Sie und ihre Firma Ark Investment ­Management waren schon ­früher für ihre unorthodoxen Vorhersagen – etwa, dass Tesla eine ­Flotte von Robo-Taxis im Wert von einer Billion US-$ bauen würde und seine Aktien bis 2023 auf das 20- oder 30-Fache steigen würden – ­bekannt. Nun wagte sie erneut eine Prognose und erhöhte ihre bisherige auf 1,4 Billionen ­US-$, was einen Aktienpreis von über 6.000 US-$ impliziert.

Wood fühlt sich wohl ­damit, stets ihren eigenen Weg zu gehen, was dazu führte, dass Ark zu ­einer der am schnellsten wachsenden und leistungsstärksten Investmentfirmen der Welt geworden ist. Der Hauptfonds der Firma, der 8,6 Milliarden US-$ ­schwere Ark Inno­vation Fund, wuchs 2020 um erstaunliche 75 %, mit ­einer jähr­lichen Rendite von 36 % in den ­letzten fünf Jahren – fast das Dreifache des S&P 500. Während die meisten Aktienhändler mit ­ihrer Arbeit wie mit ­einem Staats­geheimnis ­umgehen, stellt Wood Arks Recherche­ergebnisse online frei zur Verfügung und veröffentlicht Echtzeitprotokolle der Geschäfte ihrer Firma.

Und anstatt MBA-Absolventen einzustellen, zieht sie es vor, junge Analysten mit Hintergründen in Fächern wie Molekularbiologie oder Computertechnik an Bord zu holen, da sie davon ausgeht, dass diese eher den nächsten Trend erkennen werden. Auch strukturell ist Ark (ein Akronym für Active ­Research Knowledge) speziell aufgebaut: Wood verwaltet sieben Portfolios in den Bereichen Robotik, Energiespeicherung, DNA-Sequenzierung, Fintech und Blockchain-Technologie.

 

ARK IN ZAHLEN
(Quelle: Forbes US)

Aufgrund des rasanten Tesla-Aufstiegs sowie durch die ­aktuelle Pandemie, die die Verwendung neuer Technologien beschleunigt hat, hat sich das verwaltete Vermögen von Ark 2020 auf 29 Milliarden US-$ verdreifacht. „Das Corona­virus hat unsere innovativen Plattformen aufgewertet, weil sie Probleme ­lösen“, sagt Wood – „Innovation löst Pro­bleme!“

Wood studierte Wirtschaft an der University of Southern California und bekam nach ihrem Abschluss 1981 eine Stelle als Ökonomin bei Jennison Associates, heute Teil der amerikanischen Versicherungsfirma Prudential ­Financial. Frus­triert wegen ihrer damaligen Rolle bei Jennison kündigte sie eines ­Tages – ihr Mentor überzeugte sie allerdings, ­zurückzukehren, und bot ihr eine Stelle in der Aktien­analyse an. Dort setzte sich Wood mit den ­Unternehmen der (damals ­neuen) kabellosen Telekommunikation der späten 80er und frühen 90er auseinander und beobachtete, wie Handys ökonomische und so­ziale Veränderungen bewirkten.

2001 zog sie nach New York und wurde bei der globalen Vermögensverwaltungsfirma Alliance Bernstein Chief Investment Offi­cer für thematische Portfolios. Doch die Finanzkrise von 2008 läutete eine Ära ein, in der ­aktive Fondsmanager schlechter abschnitten als der S&P 500 und Billiarden an Dollars in billige Indexfonds ­flossen. Da entschied sich Wood, dass ein neuer Zugang nötig sei. 2012 schlug sie vor, Portfolios von innovativen Unternehmen als ETFs zu strukturieren – die Idee wurde von Alliance­ Bernstein jedoch abgelehnt. Zwei Jahre später startete Wood schließlich Ark in New York; erfolgreich wurde die Firma aber erst später.

In den ersten beiden ­Jahren war der Hauptfonds der Firma laut Morningstar im untersten ­Quartil der Vergleichsgruppe. Bis Ende 2016 hatte Wood gerade einmal 307 Millionen US-$ an Assets ­lukriert, die 0,75 % Management­gebühr konnten die Fixkosten jedoch nicht ausgleichen. Um zu überleben, verwendete sie ihre ­eigenen Ersparnisse, ­verkaufte Minderheitenbeteiligungen und ­sicherte ­Mitbeteiligungen von größeren ­Unternehmen, um die ­Reichweite zu erhöhen. Heute gehören 39 % der Firma dem japanischen Nikko Asset Management und dem Investitionsfonds American Beacon. Fast 10 % gehören den rund 24 Mitarbeitern der Firma.

2017 hob Ark schließlich ab –dank dem rasanten Aufstieg von Aktien wie Netflix, Salesforce, ­Illumina, Square und ­Athenahealth. Das Vermögen wuchs um das Zehnfache, und Ark begann, sich als eine Marke zu etablieren, die ­mutige Vorhersagen trifft, eine ­aktive ­Twitter-Präsenz aufweist und ­Recherchen online kostenlos zur Verfügung stellt.

Cathie Wood
...absolvierte an der University of Southern California ein Bachelorstudium in Economics and Finance. Von 2001 bis 2013 war sie Chief Investment Officer bei Alliance Bernstein und gründete 2014 die Ark Investment Management LLC.

Wood verfolgt beim ­Aufbau von Portfolios einen Top-down-Ansatz: Zuerst identifiziert sie ­potenzielle Umbrüche im Markt, einschließlich Crowdsourcing – freitags sind sogar ihre Recherchemeetings via Videokonferenz für die Öffentlichkeit zugänglich.

Wood mag am liebsten Innovationen, die mit der Zeit Kosten senken und dadurch echte Nachfrage generieren. Bei der Entscheidung, Aktien zu kaufen, achtet Ark auf die Unternehmenskultur und die Aktivitäten des Managements ­bezüglich Wachstumsinitiativen. Erst am Schluss evaluiert Wood die ­Firma an sich und kauft nur, wenn diese aus ihrer Sicht in den nächsten fünf Jahren jährlich um 15 % wachsen kann. Von Natur aus Optimistin, gibt Wood jedoch auch beunruhigende Prognosen für die nächsten fünf Jahre ab.

Sie geht davon aus, dass viele große Industrien – Banking, Energie, Transport und Gesundheits­vorsorge – durch technologische Innovation auf den Kopf gestellt werden und viele ihre Arbeit ver­lieren werden. Das Resultat sei, dass ökonomisches Wachstum, Inflation und Börsenindizes hinter den Erwartungen zurückbleiben werden – eine Chance für Fondsmanager, sich die innovativen Gewinner auszusuchen, die weiterhin für Marktgewinne sorgen werden. „Ich glaube, dass die Richtwerte und Indizes eine sehr schlechte Periode durchlaufen werden. Das sehen wir jetzt schon“, sagt Wood.

Glaubt sie, dass sich der Markt jetzt in einer Blase befindet? Nein. Denn die Unsicherheit in der Pandemie und über die Präsidentenwahl im November führte dazu, dass das Geld aus den Aktien in die Sicherheit von Anleihen ­geflossen ist, stellt sie fest. Wood: „Die Tatsache, dass die Menschen Angst haben, obwohl wir beim S&P 500 wieder mit ­25 Mal so hohen Gewinnen handeln, sagt mir, dass wir uns überhaupt nicht in einer Blase ­befinden.“

Text: Antoine Gara / Forbes US
Foto: Eli Warren / Forbes US

Dieser Artikel erschien in unserer Ausgabe 1/2–21 zum Thema „Innovation & Forschung“.

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