Die Reichen werden reicher – und warum das auch positiv ist

Es war schon ein durchaus spannendes Rätsel, das uns bei Forbes die Zusammenstellung der diesjährigen World’s Billionaires List aufgab – denn inmitten einer globalen Pandemie, die bis dato nicht nur über drei Millionen Menschen das Leben kostete, sondern auch nie da gewesene staatliche Interventionen brauchte, um unsere Wirtschaft am Laufen zu halten, brach diese Billionaires List alle Rekorde.

2.755 Menschen weltweit besitzen laut Forbes­Schätzung Assets, deren Wert eine Milliarde US­$ übersteigt (2020 lag diese Zahl noch bei 2.095). Unter den aktuel­len Milliardären sind 493 gänzlich neue Mitglie­der, 250 Menschen waren in früheren Jahren schon auf der Liste und haben 2021 ihr Comeback gefeiert. Lediglich 61 Menschen fielen unter die Milliardenschwelle. Die reichsten Menschen der Welt besitzen insgesamt 13,1 Billionen US­$ – fünf Billionen US­$ mehr als noch 2020.

Dass das nicht nur Freudenschreie hervor­rufen wird, ist klar: Während über 100 Millionen Menschen ihren Job als direkte Folge der Corona­pandemie verloren und Milliarden Menschen finanzielle Einbußen hinnehmen mussten, explodieren die Vermögen der Reichsten im Rekordtempo. Doch die Rekorde, die die Billio­naires List dieses Jahr verzeichnete, geben bei aller verständlichen Verzweiflung bei einem ge­naueren Blick durchaus Anlass zur Hoffnung.

Die Gründe dafür sind vielfältig. Einerseits ist es das Timing: Die Vermögen der Menschen auf der Liste stützen sich oft auf die Kapitalmärkte – z. B. auf Aktienkurse. Forbes setzt, um eine Bewertung anstellen zu können, immer einen Stichtag, an dem die Kurse „eingefroren“ werden. Dieser Stichtag lag 2020 nahe dem Tief­punkt der Aktienkurse nach den ersten Lock­downs; zwölf Monate später waren die Märkte vielfach auf Rekordniveau. Hinzu kommt, dass Technologieaktien enorm profitiert haben. Und: China, das von der Pandemie weit we­niger getroffen wurde als andere Regionen, boomte: Ein Drittel der „Neuen“ stammt von dort.

Während die Geschichte uns lehrt, dass große Vermögen immer in großen Dynastien organisiert sind, stellt die Bedeutung von Technologie das gerade auf den Kopf: Von den 493 „neuen“ Milliardären sind 84 % nach Forbes­-Definition selfmade, haben sich ihr Vermögen also selbst erarbeitet. Somit stieg der Anteil der Selfmade­Milliardäre auf 72 % – vor 20 Jah­ren lag der Wert bei 52 %. In China ist das Ver­hältnis noch extremer: Nur zwei der 205 neuen Milliardäre aus China sind nicht selfmade. Der Technologieboom verkürzt auch die Wartezeit für angehende Milliardäre: Vor zehn Jahren brauch­ten Milliardäre in den USA im Schnitt 18 Jahre, um auf die Liste zu kommen – dieses Jahr waren es durchschnittlich nur noch 13 Jahre.

Ein Wermutstropfen ist jedoch der Blick nach Europa. Zwar haben auch die hiesigen Milli­ardäre eine Billion US­$ mehr auf dem Konto als 2020, und rund die Hälfte der jüngsten zehn Mil­liardäre, darunter der 18­jährige DM­Erbe Kevin David Lehmann mit einem Vermögen von 3,3 Mil­liarden US­$, stammt aus Europa. Doch von den insgesamt 628 Milliardären der Region ist nur eine Minderheit selfmade. Während die USA und China zeigen, dass Arbeit und nicht Erben reich macht, hängt Europa in diesem Aspekt hinterher. Es wird also höchste Zeit, auch in unserer Region für mehr Selfmade­Milliarden zu sorgen.

Text: Klaus Fiala

Dieser Artikel erschien in unserer Ausgabe 4–21 zum Thema „Geld“.

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