Die Schweizer ­Kohlenstoff-Fresser

Wenn es um den Klimawandel geht, sehen viele Menschen weg. Max Zeller nicht: Gemeinsam mit seinem Partner Benjamin Schulz gründete der 30-jährige Liechtensteiner das Venture-Capital-Unternehmen Carbon Removal Partners und setzt damit auf völlig neue Art gegen die globale Erwärmung an – das Climate-Tech-Unternehmen identifiziert global Start-ups, die mittels neuer Technologien Kohlenstoffdioxid aus der Atmosphäre abscheiden. Aber wie gut stehen die Chancen des Schweizer Unternehmens, etwas zu verändern?

Der Klimawandel findet statt. Ziel ist es, wie vor acht Jahren bei der UN-Klima­konferenz in Paris vereinbart, den globalen Temperaturanstieg auf 1,5, maximal zwei Grad Celsius zu begrenzen. Für viele Menschen scheint dies angesichts der bisherigen Zugeständnisse der Staaten, wie auch die Forschung festhält, kaum mehr möglich. Jedes Zehntelgrad zählt, heißt es – Studien zufolge steht der Klimawandel aber nur für jeden fünften Menschen an erster Stelle der wichtigsten Probleme. Das kann man von Max Zeller, Gründer des Venture-­Capital-Unternehmens Carbon Removal Partners, nicht sagen: Das Unternehmen fokussiert sich seit seiner Gründung 2022 ausschließlich auf die immer weiter wachsende Carbon-Removal-Industrie. Aber was ist Carbon Removal und wie soll es den Klimawandel bekämpfen?

„Bei Carbon Removal geht es darum, Treibhausgase aus der Atmosphäre zu filtern und sie auf eine Art und Weise zu speichern, die sicherstellt, dass sie nicht wieder in die Atmosphäre gelangen können. Hier existiert etwa eine Handvoll Ansätze, um CO2skalierbar, messbar und permanent aus der Atmosphäre abzuscheiden“, erklärt Zeller. Als Frühphasen-Venture-Capital-Fonds hat Carbon Removal Partners es sich zur Aufgabe gemacht, global die besten Carbon-Removal-­Ansätze und -Teams zu finden, diesen den Zugang zum erforderlichen Kapital zu ermöglichen und ihnen zu maximalem Erfolg zu verhelfen. Darüber hinaus besteht das Ziel der Carbon-Removal-Branche darin, innerhalb der nächsten zwei bis vier Jahr­zehnte eine Industrie im Ausmaß der heutigen Öl- und Gas­industrie aufzubauen, die exakt das Gegenteil Letzterer tut – konkret: Koh­lenstoff aus der Atmosphäre zu entfernen, um ihn für immer der Atmosphäre zu entziehen. „Mit einer steigenden CO2-Bepreisung, die bereits eingesetzt hat, wird der Sektor nicht mehr zu stoppen sein. Ähnlich wie das vor wenigen Jahrzehnten mit erneuer­baren Energien der Fall war, sprechen wir hier von einer neuen Mega-Industrie“, so Gründer Zeller.

Gefallen an der Carbon-Removal-Industrie und der Idee, Treibhausgase aus der Atmosphäre abzuscheiden, fand Zeller vor mittler­weile sechs Jahren während seines Studiums des Wirtschaftsingenieur­wesens. „Anfang 2018 bin ich erstmals auf das Thema Sustainable Aviation Fuels (SAF, Anm.), also nachhaltigen Luftfahrttreibstoff, ein direkt verwandtes Thema, gestoßen. Ich war damals noch in meinem Masterstudium an der ETH Zürich. Bereits in meinem Bachelor begann ich, mich für Clean Tech respektive Climate Tech zu interes­sieren, also Technologien, um den Klimawandel in irgendeiner Art und Weise zu bekämpfen, und schrieb meine Masterarbeit später auch über den freiwilligen CO2-Markt“, so der Liechtensteiner.

Immer wieder unternahm Zeller privat Recherchen und stieß schließlich auf eine Technologie namens Direct Air Capture (DAC). DAC ist einer der möglichen technologischen Ansätze, um CO2 direkt aus der Atmosphäre zu trennen. „Ich war damals so fasziniert von diesem technologischen Ansatz, Kohlenstoffdioxid direkt aus der Luft zu ziehen, dass ich unbedingt mehr darüber wissen wollte, und begann, nach einem Job in dieser Branche zu suchen“, berichtet der Unternehmer. Kurz darauf nahm Zeller einen Job bei Climeworks, einem ETH-Spin-off mit Sitz in Zürich und der weltweite Marktführer in DAC, an. Climeworks filtert Kohlenstoffdioxid mittels eines Adsorptions-Desorptions-Prozesses direkt aus der Umgebungsluft. „Meine Zeit bei Climeworks war sozusagen das Schlüssel-Event, das mich dann endgültig zu Carbon Removal, zu der gesamten Industrie gebracht hat“, so Zeller.

„Wir sprechen hier von einer neuen Mega-Industrie“, so Max Zeller.

Dem Gründer zufolge war der Markt für atmosphärische Kohlen­stoffent­fernung zu der Zeit noch so gut wie inexistent; ihm wurde jedoch schnell bewusst, welchen Stellenwert die Technologie bei der Bekämpfung des Klimawandels erlangen und für den Markt bedeuten würde. Ebenso fasziniert und überzeugt war Mit­gründer Benjamin Schulz – das Gründerduo lernte sich etwa ein Jahr vor der Gründung von Carbon Removal Partners bei einem Inves­titionsprozess kennen und erkannte schnell die gemeinsame Leidenschaft für ­Climate Tech.

Auf die Frage nach einem unternehmerischen Meilenstein, auf den Zeller besonders stolz ist, meint der Liechtensteiner, dass jeder noch so kleine Schritt bedeutend sei: „Ich bin beispielsweise schon auf die Tatsache stolz, dass wir ein schlagkräftiges Team aufgebaut haben. Abgesehen davon haben wir uns in der Carbon-Removal-Branche global einen Namen machen können, darauf sind wir natürlich besonders stolz.“ Vor einigen Monaten wirkte Carbon Removal Partners sogar bei einem US-amerikanischen Carbon-Removal-Dokumentarfilm mit. Auch auf Branchenevents ist das Schweizer Unternehmen weltweit vertreten. Einen festen Tagesablauf hat der 30-jährige Gründer daher nicht. Ihm zufolge besteht sein Arbeitstag meist aus Konferenzen oder Gesprächen mit Investoren und Start-ups. „Unter­stützung von Unternehmen, die an der Umkehrung des Klimawandels arbeiten“, heißt es auf der Webseite des Unternehmens.

Dass nicht alle Menschen be­geistert von der Idee von Carbon ­Removal Partners sind, lässt Zeller nicht nahe an sich heran: „Es kommt ab und zu vor, dass jemand nicht mit unserer Vision übereinstimmt. Da wir aber überwiegend mit Menschen zu tun haben, die Interesse am Fortschritt haben, raubt mir das nicht viel Energie. Ich glaube, es gibt genügend Indizien, die dafür sprechen, dass wir den Klimawandel erleben, allerdings soll jeder Mensch das glauben, was er für richtig hält. Zum Glück gibt es eine wachsende Gruppe von Menschen, die das Thema ernst nehmen und zunehmend auch Chancen in der Veränderung sehen.“

Die Gründung hat in Zellers Leben ihm zufolge so einiges auf den Kopf gestellt. Als Unternehmer hat er, genauso wie sein Mitgründer, lange Tage – Freizeitaktivitäten und das private Umfeld müssen warten. Im Interview mit Forbes erzählt Zeller jedoch, dass er die Arbeit im selbst gewählten Sektor als Privileg ansieht und täglich an den Herausforderungen wächst: „Mehr Arbeit führt bekanntlich schneller ans Ziel. Ich persönlich habe viel Spaß an meinen Aufgaben und erachte es als das Allerwichtigste, dass die Leute Feuer und Flamme sind für das, was sie tun wollen – und das trifft auf mich und das Team von Carbon Removal Partners auf jeden Fall zu.“

Für die Zukunft sieht Zeller sein Unternehmen in führender Rolle in der Carbon-Removal-Industrie: „Ich hoffe, dass ich in ein paar Jahren zurück­blicke und feststellen werde, dass wir auf die richtigen Unternehmen und Techno­logien gesetzt haben, um in Bezug auf den Klimawandel wirklich einen Unterschied machen zu können – und dabei finanziell erfolgreich zu sein“, so Zeller.

Erst letztes Jahr gründete der 30-jährige Liechtensteiner Max Zeller zusammen mit seinem Mitgründer Benjamin Schulz das Venture-Capital-Unternehmen Carbon Removal Partners. Bereits nach einem Jahr hat sich das Unternehmen global einen Namen gemacht.

Fotos: Miriam Kamba Danielsson

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