DRUCKF(R)ISCH

Fisch aus dem 3D-Drucker: Was nach Science-Fiction klingt, könnte schon bald Realität sein. Denn während Start-ups, die auf vegane Produkte als Fleischersatz setzen, im Überfluss vorhanden sind, nimmt der Trend zum Fischersatz gerade erst Fahrt auf. Das Wiener Start-up Revo Foods will mit Meeresfrüchten auf pflanzlicher Basis – und aus dem Bio-3D-Drucker – eine Alternative zum schädlichen Fischkonsum bieten.

Insgesamt elf Inhaltsstoffe braucht der fischlose Lachs, um wie sein Verwandter aus dem Ozean zu schmecken. Die Rohstoffe, alle ­zertifiziert, sind größtenteils re­gionaler Herkunft: ­Erbsenproteine, Algenextrakte, Pflanzenfasern, pflanzliche Öle, Zitrusfasern etc. Bevor der Lachsstreifen tatsächlich aus dem 3D-Drucker kommt, werden die Inhaltsstoffe in Pulverform mit Wasser vermengt. Daraus entsteht letztendlich eine ­Fischpaste, die mittels 3D-Druck in Form gebracht wird. „Unsere ­Produkte ­haben tolle gesundheitliche Eigenschaften. Wir sagen immer, sie sind eigentlich gesünder als der Fisch aus dem Meer, denn sie ­enthalten keine Schwermetalle, Mikro­plastik oder Antibiotika wie Aquakulturlachs“, erzählt Robin Simsa, Mitgründer und CEO des Start-ups Revo Foods.

Das Wiener Unternehmen will mithilfe neuer Techno­logie künstlichen Fisch herstellen – und damit das Problem der Über­fischung lösen. Die Verschmutzung der Meere führe zu einer minderen Qualität, wie Simsa erläutert: „Leider nimmt die Verschmutzung der Meere immer weiter zu. Sogar synthetische Farbe wird ins Futter­mittel gegeben, damit der Lachs orange wird. Viele Menschen wissen gar nicht, dass das mittler­weile eigentlich ein völliges Kunst­produkt ist“, so der Unternehmer.

 

Täuschend „echt": Was wie Fisch aus dem Meer aussieht, besteht in Wahrheit aus pflanzlichen Zutaten – und wird mit einem Bio-3D-Drucker hergestellt.

Das Motto des Start-ups, das Simsa gemeinsam mit Theresa Rothenbücher und Manuel Lachmayr 2020 gründete, lautet: „Vom Impact getrieben“. Das Trio will sich dafür einsetzen, dass auch zukünftige Generationen ein gesundes und nachhaltiges Meeresöko­system erleben. Seit Juli 2020 forscht das zwölfköpfige Team rund um die Gründer an den Produkten. Anders als manch anderes Start-up, das 3D-Druck einsetzt, stellt das Team von Revo Foods seine eigene Hardware-Komponente her. Geplant ist der tatsächliche Aufbau der ersten großen Produktionsanlage für Seafood. „Das sind dann ­mehrere Drucker, die auf einem Förderband in ­Serie geschaltet sind. So wird laufend Fisch produziert“, erklärt Simsa. Daneben arbeitet Revo Foods aber auch an sogenannten Lowtechprodukten, die nicht mittels 3D-Druck entstehen. Darunter finden sich Lachs- und Thunfischaufstrich oder auch Räucherlachs­streifen. Simsa: „Räucherlachs können wir sowohl mit als auch ohne 3D-Druck herstellen. Die Produkte ohne 3D-Druck haben eine etwas ­simplere Struktur, schmecken aber genauso toll und haben auch einen hohen Nährwert.“

Das Problem, das Revo Foods mit seinem unternehmerischen Ansatz lösen will, ist leicht benannt: Überfischung. Diese ist die Haupt­ursache für die massive Abnahme des Artenbestands in Ökosystemen des Meeres. Laut der Welternährungs­organisation FAO gelten etwa 29 % der weltweiten Fischbestände heute als überlastet. Auch Angaben der EU-Kommission bestätigen das: Im Mittelmeer sind rund 96 % der EU-Bestände bereits stark reduziert.

Ein ähnlicher Markt zeigt, dass die Produkte von Revo Foods durchaus vielversprechend sind: 2019 betrug der Markt für pflanzenbasiertes Fleisch 11 Milliarden US-$, er könnte sich Schätzungen zufolge bis 2027 auf 35,4 Milliarden US-$ verdreifachen. Ob das Schweizer Start-up Planted Foods, das US-Unternehmen Beyond Meat oder der deutsche Händler Veganz – Steak, Hühnerfilet oder Würstchen ohne Fleisch sind mittler­weile Bestandteil zahl­reicher Einkaufslisten. Mit dem Phänomen hat sich auch eine neue Bezeichnung etabliert: Flexitarier.

Nun schwappt der Trend in die Welt der Fische über. Start-ups wie Kuleana aus den USA, Betterfish aus Deutschland oder Open Meals aus Japan produzieren allesamt pflanzenbasierten bzw. zellbasierten Fischersatz. Eines unterscheidet sie allerdings grundlegend von Revo Foods: „Wir sind die Einzigen, die vollständig strukturierte Fischprodukte anbieten. Die meisten Start-ups bieten Produkte wie Fischburger, Fischstäbchen oder Thunfisch aus der Dose an. Ein tatsächliches Fischfilet aus dem 3D-Drucker – das macht noch keiner“, so Biotechnologe Simsa.

Robin Simsa
...studierte Biologie und fokussierte sich dabei auf die Herstellung von Fleischalternativen aus Stammzellen. 2020 gründete er zusammen mit Theresa Rothenbücher und Manuel Lachmayr das Unternehmen Revo Foods, das umweltschonende Fischalternativen auf Pflanzenbasis entwickelt – aus dem 3D-Drucker.

Simsa startete Revo Foods gemeinsam mit Theresa Rothenbücher und Manuel Lachmayr als Forschungsprojekt. Kennen­gelernt haben sich Simsa und Rothenbücher – beide promovierte Biotechno­logen – bei einem europäischen Forschungsprojekt vor ­einigen Jahren, wo sie sich mit Themen wie „Bio Printing Solutions“ und „Cultured Meat“ beschäftigt haben. Später kam Ma­nuel Lothmayr hinzu, der durch seine Position als Präsident der Österreichischen Gesellschaft für 3D-Druck die nötige Expertise ins Team mitbringt.

Investoren von der Wichtigkeit des Themas zu überzeugen sei jedoch nicht ganz einfach. „Lebensmitteldruck ist etwas, das vielen Leuten noch nicht geläufig ist. Viele wissen nicht ganz, warum das wichtig ist. Ich denke, hier müssen wir viel Überzeugungsarbeit leisten“, meint Simsa. Während künstliches Fleisch längst in der Breite angekommen ist, stellt Fisch­ersatz ein ganz neues Feld dar, das den Konsumenten noch nicht ge­läufig ist. Bis jetzt finanziert das Start-up seine Forschungsarbeit über Grants, die es von der Green­start Competition und EIT Manufacturing erhalten hat. Zudem ist eine erste Finanzierungsrunde in Planung.

Die Forschungsphase nimmt, vorerst zumindest, ab Sommer 2021 ihr Ende. Revo Foods geht dann mit den ersten Lowtech-­Produkten an den Markt. „Im Sommer 2021 erscheinen unsere Aufstriche und Räucherlachsstreifen, 2022 dann auch Lachsfilet und Sashimi.“ Restaurants, Reseller und Distribu­toren, die durch Absichts­erklärungen bereits in Aussicht stehen, sollen dabei helfen. Am Anfang wolle man, um exklusiv zu bleiben, mit kleineren Lokalen kooperieren, um letztendlich immer weiter zu expandieren.

Die Hoffnung, in Zukunft ­einer der führenden Anbieter von „vollständig strukturierten pflanzenbasierten Fisch-Analoga“ zu werden, ist groß. Dazu blickt Revo Foods auch über den Tellerrand und will die Märkte in Deutschland, Skandinavien und Resteuropa erobern. „Wir sehen viel Poten­zial für Revo Foods – in den unterschiedlichsten geografischen Re­gionen“, so Simsa zuversichtlich.

Text: Naila Baldwin
Fotos: Revo Foods

Dieser Artikel erschien in unserer Ausgabe 2–21 zum Thema „Health & Wealth“.

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