ein brandneuer jimmy fallon

Angesichts des Rückgangs der Late-Night-Fernsehshows bereitet sich der Moderator der „Tonight Show“ auf die ­Zukunft vor, indem er ein Unterhaltungsimperium aufbaut, das auf seiner unbändigen Lebensfreude basiert – mit dem Launch seiner neuen Marketing-Wettbewerbsshow „On Brand“.

In seinen elf Jahren als Moderator der „Tonight Show“ war Jimmy Fallon immer eine Ideenfabrik – er dachte sich ständig neue Comedy-Segmente, neue Produkte und sogar völlig neue Programme aus. Einmal schlug er NBC ein Drama über einen mörderischen Priester vor, der sich selbst seine Sünden beichtet und so seine Seele von ebendiesen befreit. „Das hat ihnen nicht gefallen“, sagt Fallon mit seinem charakteristischen Kichern. „Das passt überhaupt nicht zu mir – aber man muss solche Risiken eingehen, Mann!“

Die persönliche Marke des 51-jährigen Komikers – eine Mischung aus enzyklopädischem Wissen über Pop­kultur und überschwänglicher Begeisterung – prägt seine Late-Night-Talkshow und passt seit einigen Jahren noch besser zu den von ihm produzierten Spielshows wie „Password“ und „That’s My Jam“. Für diese Arbeit hat NBC ihn zu einem der bestbezahlten Moderatoren im Fernsehen gemacht; mit einem Vertrag, den Forbes auf 16 Mio. US-$ (13,8 Mio. €) jährlich schätzt.

Das bedeutet jedoch nicht, dass Fallon immun gegen den strukturellen Niedergang des Fernsehens ist. Während Johnny Carson als Moderator der „Tonight Show“ fast 30 Jahre lang der unangefochtene König der Late-Night-Shows war, liegt Fallon in seiner Sendezeit auf Platz drei der Zuschauerzahlen (hinter Stephen Colbert und Jimmy Kimmel); mit durchschnittlich 1,2 Millionen Zuschauern pro Nacht, während die ­Werbeeinnahmen der Show laut dem Werbedatenanbieter Ispot TV von 2022 bis 2024 um 35 % zurückgingen. Die plötzliche ­Absetzung von „The Late Show with Stephen Colbert“ im Juli – laut CBS verlor die Show jährlich 40 Mio. US-$ – veranlasste viele dazu, das bevorstehende Ende der Late-Night-Shows zu verkünden, was Fallons ­Nebenbeschäftigungen eine gewisse Dringlichkeit verlieh.

In diesem turbulenten Umfeld startete er am 30. September „On Brand with Jimmy Fallon“, eine neue Reality-Wettbewerbsshow von NBC, in der Teilnehmer ohne Marketingerfahrung Kampagnen für große Marken wie Pillsbury, Dunkin’ und Southwest Airlines pitchen. (Die Show nimmt Anleihen bei „Shark Tank“ oder auch „The Apprentice“.) Die Gewinnerkampagnen werden am Tag nach der Ausstrahlung einer Folge in der Realität umgesetzt, wodurch Fallon eine symbio­tische Beziehung zu den Marken aufbauen möchte, die die Show zu einer Profitquelle macht. „Es ist eine neue Art von Show“, sagt er, „und ich denke, es ist auch eine neue Art von Geschäftsmodell.“

Foto: Paula Montenegro Stock/Shutterstock.com

Es ist eine neue Art von Show – und ich denke, es ist auch eine neue Art von Geschäftsmodell.

Jimmy Fallon

Fallon hatte schon immer ein Talent für Branding. Seine Version der „Tonight Show“ ist vielleicht am besten bekannt für ihre charakteristischen Rubriken („Thank You Notes“), Spiele („Egg Russian Roulette“) und Singalongs („Lip Sync Battle“, das auch zu einer Spin-off-Show wurde), die im Internet weitverbreitet sind, wo er insgesamt über 100 Millionen Follower auf Tiktok, Instagram und X angehäuft hat – weit mehr als jeder andere Late-Night-Moderator.

Außerhalb der Sendung hat er an einer Reihe von wunderlichen Produkten mitgewirkt, darunter Schuhe für 195 US-$, die ihre Farbe ändern, wenn sie abgenutzt sind („Gobstompers“), Pyjamas mit Taschen („P’Jimmies“, 78 US-$), Handyhüllen für 48 US-$ („Pocket ­Dials“), Sonnenbrillen, die man wie einen Fidget Spinner drehen kann („Spinnies“, 95 US-$), eine Achterbahn im Universal-Resort in Orlando („Race Through New York“), eine Eissorte von Ben & Jerry’s („The Tonight Dough“), Bestseller-Kinderbücher („Your Baby’s First Word Will Be DADA“) und ein Album mit originellen Weihnachtsliedern („Holiday Seasoning“).

„Wenn er nicht das tun würde, was er heute tut, wäre Jimmy auf jeden Fall Marketingexperte geworden“, sagt Bozoma Saint John, ehemalige Marketingchefin von Netflix und Markenchefin bei Uber, die Fallons Co-­Moderatorin bei „On Brand“ ist. „Er hat die Fähigkeit, eine Idee aufzunehmen und sie zu verbessern. Genau darum geht es letztendlich im Marketing.“

Fallons klarste Marke bleibt aber seine eigene. Seit er 1998 mit 24 Jahren zum Cast von „Saturday Night Live“ kam, ist er dafür bekannt, dass er seine Fröhlichkeit nicht unterdrücken kann, wie es im Hintergrund von bekannten Sketches wie „More Cowbell“ zu sehen ist. Als er 2004 die Show verließ, hatte der ausführende Produzent Lorne Michaels Fallon bereits als geborenen Talkshow-Moderator erkannt, und nachdem er einige Jahre lang überwiegend erfolglose Filme wie „Taxi“ (2004) und „Fever Pitch“ (2005) gedreht hatte, verhalf Michaels ihm 2009 zu dem von Conan O’Brien frei gewordenen Sendeplatz in der „Late Night“.

Fallon schlug sich in einem umkämpften Umfeld gut, und als Jay Leno 2014 zum zweiten und letzten Mal seinen Thron bei der „Tonight Show“ verließ, verlegte NBC die Sendung zurück an ihren ursprünglichen Standort in New York – und ernannte den damals 39-jährigen Fallon zum sechsten Moderator in ihrer Geschichte.

In diesen ersten Jahren erwies sich seine jugendliche Ausgelassenheit als Quotenhit. Fallon erreichte in seiner ersten Staffel durchschnittlich mehr als vier Millionen Zuschauer, eine nach heutigen Maßstäben ­erstaunliche Zahl, und dominierte fast drei Jahre lang die Late-Night-Szene. Dann überholte ihn Colbert nach der Wahl von Donald Trump im Jahr 2016, indem er sich stark auf Parteipolitik konzentrierte.

Fallon macht sich zwar regelmäßig über Trump ­lustig, aber er ist auch dafür bekannt, dass er dem (zu diesem Zeitpunkt zukünftigen) Präsidenten in seiner Show die Haare ­zerzauste. „Ich finde, jeder muss lachen können; ich meine, unabhängig davon, welche politischen Überzeugungen man hat“, sagt Fallon. „Man muss Witze machen. Manchmal ist es zu nah an dieser Seite, manchmal zu nah an jener Seite, aber wenn man die Balance halten kann … Es fühlt sich einseitig an, aber dieser Typ gibt uns viel Stoff zum Spielen!“

Fallon ist ebenso einschmeichelnd gegenüber seinen prominenten Gästen, nennt sie oft „Kumpel“ oder „mein Freund“ und zeigt eine unerschöpfliche Begeisterung für die Projekte, für die sie werben. „Ich hatte schon Gäste, die sagten: ‚Ich hoffe, du hast diesen Film nicht gesehen, er ist so schlecht!‘“, erinnert er sich. „Ich sage dann einfach: ‚Wir müssen nicht ins Detail gehen. Jedes Projekt hat immer etwas Gutes!‘“

Um einen Silberstreif am Horizont für die Zukunft der „Tonight Show“ zu finden, bedarf es eines ­ähnlich ungezügelten Optimismus. Obwohl die Show im letzten Jahr immer noch die höchsten Werbeeinnahmen (78,3 Mio. US-$ laut Ispot) in dieser Kategorie erzielte, ist der Abstand zum nächsten Konkurrenten von 30 Mio. US-$ im Jahr 2022 auf nur noch 1,7 Mio. US-$ im Jahr 2024 geschrumpft. Selbst Fallons riesiger Fanklub in den sozialen Medien kann den Umsatzrückgang nicht ausgleichen. Im September beschloss NBC, das Budget der Show zu kürzen und sie auf vier Tage pro Woche zu reduzieren.

Doch es ist noch viel zu früh, um einen Nachruf auf die „Tonight Show“ zu verfassen. „Als Medienprodukt ist sie verdammt wertvoll und wirklich schwer zu ersetzen“, sagt der erfahrene Medienanalyst Jason Damata, CEO der in Los Angeles ansässigen Marketingagentur Fabric Media.

NBC stimmt dem vorerst zu – denn diesen Herbst werden vier Sonderfolgen der „Tonight Show“ sonntags ausgestrahlt, wobei die wichtigste Sendung des Senders, „Sunday Night Football“, als Vorprogramm dient. „Das ist großartig“, sagt Fallon, „denn das ist so ziemlich die einzige Sendung, die die Leute derzeit im Fernsehen sehen!“

Er sagt, dass er auch die Einschaltquoten von „On Brand“ genau beobachten wird – aber noch wichtiger für den Erfolg der Show sind die Kampagnen, die sie ins Leben rufen wird; denn diese könnten weitere Marken dazu bewegen, in zukünftigen Staffeln aufzutreten.

„Ich möchte, dass jedes Unternehmen, mit dem wir zusammenarbeiten, aufschreibt, wo es derzeit steht, und dann sieht, wo es nach ‚On Brand‘ steht“, sagt Fallon. „Ich denke, ihre Zahlen werden steigen – und das wird beweisen, dass die Show funktioniert!“

Text: Matt Craig
Fotos: Guerin Blask für Forbes

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