Maschineller Optimismus

Man hörte im Vorjahr viel über die „Verlierer der Globalisierung bzw. des technologischen Fortschritts“. Sie hätten für den Brexit gestimmt..

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Man hörte im Vorjahr viel über die „Verlierer der Globalisierung bzw. des technologischen Fortschritts“. Sie hätten für den Brexit gestimmt und Donald Trump den Weg ins Weiße Haus geebnet, denn die Politik würde ihre Sorge nicht verstehen und die digitalen Umwälzungen ihre Arbeitsplätze bedrohen. Zweiteres scheint sicher zu sein. Denn für diese Ausgabe beschäftigten wir uns intensiv mit künstlicher Intelligenz und merkten, wie weit Maschinen in ihrem Denken schon sind. Wie immer versuchten wir uns dabei in all dem Hype auf das Wesentliche zu konzentrieren – und berichten über Unternehmer, die beide Beine auf dem Boden haben und Technologien nutzen, um Probleme zu lösen.

Denn die Menschen, die sich intensiv mit KI befassen, halten recht wenig von der medialen Debatte rund um weltbeherrschende Maschinen. Sie wissen, was die Technologie kann, und vor allem auch, was sie nicht kann – denn das ist auch heute noch eine ganze Menge. Einer dieser Gesprächspartner sitzt etwa in Hongkong und bringt Maschinen nicht nur bei, wie Menschen zu denken und zu fühlen, er lässt sie auch so aussehen. Hanson Robotics hat den humanoiden Roboter „Sophia“ im Portfolio, der einer menschlichen Frau verblüffend ähnlich sieht. Die menschenähnlichen Maschinen – ein Modell sieht etwa Albert Einstein zum Verwechseln ähnlich – sollen 2017 erstmals ausgeliefert werden. Das Preisschild von 200.000 US-$ zeigt aber, dass die Technologien bei allem Fortschritt vom Massenmarkt noch weit entfernt sind.

Auch IBM muss mit seinem Aushängeschild Watson noch Überzeugungsarbeit leisten. Watson soll etwa im medizinischen Bereich Unterstützung bieten und wird bereits in ersten Pilotprojekten in Deutschland eingesetzt. Doch die Skepsis bleibt – auch unter manchen Medizinern. Denn der gängige Glaube ist, dass Roboter uns nicht nur ersetzen, sondern in einiger Zukunft auch beherrschen könnten, sollten sie schlauer als Menschen werden.

Hier beschwichtigte uns einer, der es wissen muss: Joachim Buhmann, der an der ETH Zürich das Institut für maschinelles Lernen leitet. Er lässt sich von solchen Szenarien nicht „irremachen“, wie er sagt. Der Informatikprofessor forscht seit 25 Jahren am unüberwachten Lernen von Maschinen und weiß, dass aus heutiger Sicht noch nicht einmal bewiesen ist, dass Systeme überhaupt befähigt werden können, exploratorisch zu forschen. Und obwohl Buhmann dennoch daran glaubt, sei laut ihm der Mensch doch viel mehr als lediglich ein Entscheidungsfinder. Und dieses Menschenbild stimmt den Forscher optimistisch für die Zukunft. Doch nicht nur Fabriksarbeiter, sondern auch die Jobs von uns Journalisten scheinen durch die Digitalisierung gefährdet. Das zeigen wir Ihnen in diesem Heft, denn wir haben uns vom deutschen „Robo-Journalismus“-Pionier AX Semantics Texte zur Verfügung stellen lassen. Sie haben eine Besonderheit: Sie wurden vollautomatisch von einer künstlichen Intelligenz verfasst. Wenn das Modell Schule macht, sind auch wir bei Forbes bald Geschichte. Und dennoch hoffen wir, dass die Schriftstücke der künstlichen Intelligenz Sie zwar neugierig machen, Sie unseren Journalismus aber weiter schätzen.

Auch abseits der Digitalisierung gab es viel zu erzählen. Etwa vom Essig- und Chilisauce-Hersteller Stephan Marti, dem Südtiroler Seilbahnhersteller Leitner oder der chinesisch-schweizerischen Universität CEIBS. Wie immer sind wir durch die Gespräche und Begegnungen mit unseren Interviewpartnern schlauer geworden – und blicken optimistisch in die Zukunft, in der Hoffnung, dass uns Maschinen in Zukunft die Tätigkeiten abnehmen, die wir nur ungern machen, und uns somit mehr Zeit für all jene Dinge lassen, die wir wirklich gerne tun.

In unserem Fall ist das übrigens, mit Ihnen, liebe Leser, ins Gespräch zu kommen. Sollte Ihnen unser Magazin gefallen, freuen wir uns über Feedback. Und wenn Ihnen etwas nicht zusagt, bitten wir um kritische Rückmeldungen. Wir würden uns sehr freuen, Sie kennenzulernen. Dann können Sie sich auch gleich selbst überzeugen, dass wir (noch) keine Roboterjournalisten sind.

Unsere Februar-Ausgabe ist ab morgen, Donnerstag, in allen Trafiken, oder online unter abo.forbes.at erhältlich (als Abonnement und Einzelheft).

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