Gesundheit und Wohlstand: Proaktives Handeln statt Reaktion

Geschlossene Geschäfte, eine lahmgelegte Wirtschaft und 90 Millionen Menschen weltweit in extremer Armut: Die Coronakrise kostet die Welt einiges an Wohlstand. Wie viel genau, berechnete Gita Gopinath, Chefökonomin des Internationalen Währungsfonds: Bis 2025 „verlieren“ wir demnach stolze 22 Billionen US-$.

Die Pandemie ist eine ökonomische Krise – doch anders als die bisherigen Weltwirtschaftskrisen ist ihre Ursache keine ökonomische, sondern eine medizinische. Angesichts nie da gewesener Herausforderungen forschen Unternehmen und Institutionen in einem Wettlauf mit der Zeit an Impf- und Wirkstoffen, um der Pandemie Einhalt zu gebieten – mit Erfolg. Doch eine unzulängliche Impfpolitik in Europa und Virusmutationen ziehen Verlängerungen des Lockdowns oder zumindest weitere Einschränkungen nach sich; die Pandemie ist längst noch nicht ausgestanden und verursacht der Wirtschaft weiterhin Kosten. Die Vorgänge rund um den Impfstoff zeigen, dass die Wirtschaft gut und kooperativ an Lösungen arbeitet, die Politik jedoch ihre Hausaufgaben nicht macht. Dabei ist es auch in ihrem Interesse, proaktiv zu handeln und Gesundheitskrisen zu verhindern.

Bis dato reagieren Politiker auf diese Katastrophen, statt ihnen aktiv vorzubeugen, Epidemien einen Schritt voraus zu sein und sie so weitgehend zu verhindern. Es wird höchste Zeit, dies zu ändern. Denn Corona ist kein Einzelfall: Laut den Vereinten Nationen beliefen sich die geschätzten sozialen und wirtschaftlichen Kosten der SARS-Epidemie von 2002 bis 2004 auf mehr als 40 Milliarden US-$, der Ebolaausbruch in Westafrika verursachte zwischen 2014 und 2016 einen ökonomischen Schaden von 53 Milliarden US-$. Auch wenn „Corona“ die erste globale Pandemie seit Jahrzehnten gewesen sein mag – sie wird nicht die letzte bleiben.

Die gute Nachricht: Covid-19 hat das Bewusstsein für die Thematik geschärft. Aktienkurse von Biotechunternehmen wie Moderna oder Biontech explodierten, insgesamt stiegen die Investitionen in Unternehmen im Bereich Pharma und Biotech an; sogar Regierungen investierten in die Impfstoffentwicklung. Zudem ist die Gesundheitsindustrie geprägt von technologischem Fortschritt rund um künstliche Intelligenz (KI), 3D-Druck oder Nanotechnologie. So nutzt das Start-up Atomwise KI, um aus einer Datenbank Molekülstrukturen existierender Medikamente für neue Wirkmittel zu finden, Hemotune, ein Spin-off der ETH Zürich, baut mittels Nanotechnologie und Magnetismus ein Gerät zur Blutsäuberung und Bekämpfung von Sepsis, und Forschern im vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Projekt 3D-Bio-Net gelang es, einen Prototyp eines 3D-Bio-Druckers zu entwickeln, mit dem Knochenkonstrukte hergestellt werden können, die natürlichen Knochen gleichen.

Die besten Entwicklungen im Kampf gegen Krankheiten nützen jedoch nichts, wenn sie nicht allen zugänglich sind. Es muss sichergestellt werden, dass nicht nur der Privatsektor innovativ und kooperativ handelt – was er tut, wie die Zusammenarbeit von Pfizer und Biontech bei der Impfstoffentwicklung zeigte –, sondern Regierungen müssen investieren, mit der Wirtschaft kooperieren und sicherstellen, dass die nationalen und europäischen Gesundheitssysteme eine gute Versorgung ermöglichen und krisenresistenter werden.

Text: Andrea Gläsemann

Dieser Artikel erschien in unserer Ausgabe 2–21 zum Thema „Health & Wealth“.

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