Gibt es Außerirdische?

Die Frage, ob Aliens existieren, beschäftigt die Menschheit schon lange. Besonders in Sci-Fi-Filmen werden Welten thematisiert, in denen Irdische und Außerirdische sogar zusammenleben. Aber wie sieht die Realität aus?

Die Frage nach den Außerirdischen ist schon sehr alt, und einer der Ersten, die diese Frage stellten, war Giordano Bruno, der für seine Hypothese von vielen belebten Welten innerhalb unseres Universums am Scheiterhaufen endete. Dies war uns Naturwissenschaftlern eine Warnung, und erst in den 1960er-Jahren dachten wir darüber wieder intensiver nach. Vor allem Frank Drake gilt als Begründer der Forschung nach der Sache mit E. T.: Gemeinsam mit Carl Sagan dachte Drake nach, und sie kamen gemeinsam zu einem tollen Ergebnis: der Green-Bank- oder auch Drake-Gleichung. Mit dieser ist es möglich, sich auszurechnen, wie viele Zivilisationen sich innerhalb unserer Milchstraße befinden. Jetzt könnte man einwenden, dass es sich bei einer solchen Gleichung wohl nur um Spekulation handeln könne. Aber man hat auch schon mit Atomen gerechnet, noch bevor man sie sehen konnte. Also, lassen Sie uns ausrechnen, wie viele außerirdische Zivilisationen es gibt:

N = R × fp × ne × fl × fi × fc × L

Der Parameter R beschreibt die Stern­entstehungsrate pro Jahr. Dort, wo viele Sterne entstehen, ist die Chance auf Leben hoch, dort, wo nichts ist, wird es auch kein Leben geben. Blicken wir in der Nacht zum Himmel, so sehen wir viele Pünktchen bzw. Sterne. Die Hälfte der Pünktchen sind Doppelsternsysteme; nur mit freiem Auge können wir jeweils zwei Sonnen, die sich gegenseitig umkreisen, sehen. Bis vor Kurzem stuften wir diese Doppelsternsysteme als für Planeten ungeeignet ein – und wurden eines Besseren belehrt. Aber es gibt andere Sonnen, die für die Entstehung von Leben ungeeignet sind, weil manche schon sehr alt sind oder nur kurz aufleuchten. Dort kann sich zwar Leben ent­wickeln, aber nicht richtig entfalten.

Der Parameter fp gibt an, wie viele Sonnen Planeten haben. Die Planeten in unserem Sonnensystem sind zwar schon lange bekannt, aber es war wahnsinnig schwierig, extrasolare Planeten nachzuweisen – erst seit dem Jahr 1995 wissen wir definitiv, dass es da draußen noch andere Planeten gibt. Man kann heute sogar sagen, dass es sehr viele extrasolare Planeten gibt. Bis zum Jahr 1995 war der Wert fp sehr klein, 25 Jahre später ist er bereits extrem stark gestiegen. Dies wird für die Plausibilität der Drake-Gleichung noch sehr wichtig.

Leider müssen sich die Planeten im richtigen Abstand zur jeweiligen Sonne befinden. So könnte es etwa in unserem Sonnensystem zusätzlich zur Erde nur auf der Venus Leben geben. Der Mars ist genau an der Grenze, denn er ist einerseits eine Spur zu klein – deswegen kann er langfristig keine Atmosphäre halten –, und er ist eine Spur zu weit von der Sonne entfernt. Deswegen ist es am Mars einfach zu kalt, in der Regel weit unter null Grad Celsius. Am Merkur, der der Sonne zu nahe steht, wäre es zu heiß, und auf den äußeren Planeten ist es eindeutig zu kalt. Dafür gibt es den Parameter ne: Wir interessieren uns nur für Planeten, die sich in einer sogenannten habitablen – bewohnbaren – Zone befinden.

Werner Gruber,
Direktor des Planetariums der Stadt Wien, der Kuffner- und der Urania-Sternwarte, ist Experte für Naturwissenschaft im Alltag. Einerseits erklärt er im Frühstücksfernsehen die Physik, andererseits schreibt er auch in diversen Zeitschriften.

Damit sich Leben entwickeln kann, müssen sechs Bedingungen erfüllt sein. Einerseits muss Wasser fest, flüssig und gasförmig vorhanden sein, andererseits müssen auch Kohlenstoffverbindungen in fester, flüssiger und gasförmiger Form zur Verfügung stehen (Grafit, Alkohol, Kohlenstoffdioxid). Jetzt mögen Sie einwenden, dass hier schon wieder alles auf Kohlenstoff zentriert ist, so wie auf der Erde. Tatsächlich wurde lange über Lebewesen auf Basis von Silizium spekuliert. Da das Silizium dem Kohlenstoff chemisch sehr verwandt ist, wäre dies auch denkbar. Das Problem besteht darin, dass diese Siliziumverbindungen in der Regel zu starr sind. Leben bedeutet auch, dass einzelne Moleküle wieder zerbrechen können – nur so können wir Lebensmittel verdauen. Beißen wir in eine Scheibe Brot, dann zerstören wir Moleküle, welche dann in Wasser oder Alkohol gelöst werden. Komplexe Siliziummoleküle sind extrem starr, sie zerbrechen nur schwer, und es gibt auch kein vernünftiges in der Natur vorkommendes Lösungsmittel. Deswegen glauben wir nicht an Siliziumintelligenzen der ersten Ordnung. Aber es wäre möglich, dass wir einmal Roboter bauen auf Siliziumbasis, die so intelligent werden, dass sie das Universum erobern können. Diese könnten dann vielleicht Zivilisationen gründen – ob sie stabil bleiben oder doch vom Aussterben bedroht sind, kann man nur schwer sagen.

Führen wir den Parameter fl ein – er gibt an, auf wie vielen Planeten es Leben gibt. Tatsächlich dürfte dieser Anteil – wenn die bisherigen Umweltbedingungen stimmen – sehr hoch sein. Man könnte einwenden, dass die Chance auf Leben viel geringer ist, also vergleichbar einem Lottogewinn. Stimmt, aber hat man ausreichend Zeit und genügend Geld, dann gewinnt man garantiert beim Lotto. Gibt man also dem Leben eine Chance, also ausreichend Zeit, dann entsteht es auch. Die spannende Frage ist nun, ob dieses Leben auch intelligent ist. Wir sind uns ziemlich sicher, dass es viel Leben in unserer Milchstraße gibt, aber ob dieses intelligent ist, ist eine andere Frage…

Das Problem hierbei besteht darin, was man unter Intelligenz versteht. Ich persönlich mache es mir da leichter: Verstehen die Aliens die Frage nach dem morgigen Mittagessen und die Antwort lautet nicht „DU!“, dann dürfte es intelligent sein. Der Parameter fl kann nur geschätzt werden. Leider muss man sagen, dass es auf der Erde die meiste Zeit kein intelligentes Leben gab. Lange gab es Bakterien, dann Trilobiten und Dinosaurier, welche die längste Zeit die Erde beherrschten.

Wollen wir mit diesen Zivilisationen auch noch plaudern, dann wäre es wichtig, dass die Außerirdischen in der Lage sind, Radiowellen
zu empfangen beziehungsweise zu senden. Der Wert, den man in fc einsetzt, gibt an, wie viele Zivilisationen dazu in der Lage sind. Im Moment dürfte die Verwendung von Radiowellen die einzige Möglichkeit sein, sich über größere Distanzen zu verständigen. Natürlich könnte man an Formen wie Telepathie denken, wir haben das erforscht – und leider waren die Ergebnisse sehr ernüchternd. Es hat schlicht und einfach nicht geklappt, also damit kann man nicht kommunizieren. Andere Möglichkeiten sind uns im Moment nicht bekannt, aber vielleicht wird es hier einmal so sein wie mit den Planeten außerhalb unseres Sonnensystems.

Ein wichtiger Parameter für die Kommunikation ist dann auch noch die Lebensdauer L einer Zivilisation. Schicken wir eine Frage an Außerirdische – zum Beispiel, was deren bestes Pizzarezept ist –, dann kann es ohne Weiteres über 5.000 Jahre dauern, bis dieses Signal „die anderen“ erreicht. Die fremden Wissenschaftler müssen dann die Frage entschlüsseln und eine Antwort wegschicken. Diese braucht dann noch einmal 5.000 Jahre, um zu uns zurückzukehren. Also braucht das ganze Prozedere 10.000 Jahre. Wen gibt es dann noch auf der Erde, der weiß, was wir gefragt haben?

Damit können wir in die Gleichung einsetzen und erhalten ein Ergebnis N. Und siehe da: Bis zum Jahr 1995 lag der Wert für N bei eins, also eine Zivilisation innerhalb unserer Milchstraße – das wären wir. Da sich ab 1995 die Zahl der extrasolaren Planeten dramatisch verändert hat und es sicherlich noch mehr lebenswerte Planeten gibt, ergeben sich dadurch Werte von 50 bis 250 Zivilisationen innerhalb unserer Galaxis. Das ist die pessimistische Rechnung. Nach optimistischeren Kollegen könnte es massiv mehr Alien-Zivilisationen geben. Warum hat es also noch keine Kontaktaufnahme gegeben?

Sicherlich gibt es Personen, die glauben, dass sie schon mit E. T. geplaudert haben. Aber das war entweder Einbildung oder ein Problem mit Drogen oder Medikamenten – also zu viel oder zu wenig. Nein, der Grund, warum es bis heute noch kein Funksignal von „da draußen“ gegeben hat, sind die gigantischen Entfernungen. Der durchschnittliche Abstand zwischen diesen Zivilisationen beträgt in unserer Galaxie rund 5.000 Lichtjahre, das heißt, aktive Kommunikation dauert pro Frage-Antwort-Paar mindestens 10.000 Jahre – das ist langweilig. Aber es gibt Hoffnung: Erstens können wir sagen, wir sind nicht alleine im Universum, und zweitens gibt es Möglichkeiten, vielleicht doch der Relativitätstheorie ein Schnippchen zu schlagen – also Raumschiffe zu bauen, die sich schneller als das Licht bewegen. Aber das ist eine andere Kolumne …

Gastkommentar: Werner Gruber

Der Gastkommentar ist in unserer Februar-Ausgabe 2020 „Space“ erschienen.

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