HIGH SPEED IM BLUT

Mathias Lauda und Freddie Hunt haben das Rennfahren im Blut: Wie einst ihre Väter Niki Lauda und James Hunt brennen beide für den Motorsport. Die deutschsprachige Ausgabe von Forbes war bei ihrem ersten gemeinsamen Rennen live dabei.

2013 sorgte der Spielfilm „Rush“ für Aufsehen: Er erzählte die Geschichte der legendären Rivalität zwischen den Formel-1-Piloten Niki Lauda und James Hunt. Wir staunten nicht schlecht, als wir erfuhren, dass die Söhne der beiden – Mathias Lauda und Freddie Hunt – nicht nur ebenfalls Rennfahrer geworden waren, sondern sogar im gleichen Team fuhren. Vater Niki Lauda interviewten wir dann übrigens im Jahr 2018 – siehe Cover dieser Ausgabe.

Es ist die moderne Neuauflage des legendären Zweikampfs Hunt versus Lauda, die uns auf die Motorsport­renn­strecke Circuit Ricardo Tormo nahe Valencia führt. Die Söhne der Weltmeister Niki Lauda und James Hunt, die sich in der Formel-1-Saison 1976 ­einen packenden Kampf um den WM-Titel lieferten, treffen hier auf­einander. Das Besondere dabei: Die Weltmeistersöhne treten in der „Series“ als Kollegen an und fahren für das österreichische Team DF1-Racing sogar im gleichen Auto durchs Ziel.

Für Freddie Hunt ist es die allererste Sai­son und auch das erste Rennwochenende bei der Euro-Nascar. Der 29-Jährige ist zumindest optisch ein Ebenbild seines Vaters James, der bis zu seinem frühen Tod im Alter von 45 Jahren als Lebemann und ­Womanizer bekannt war. „Ich mag das Wort Womanizer nicht. Mein Vater war einfach gerne mit Frauen zusammen. Ich meine, wer nicht?“, sagt Freddie Hunt. „Mein Vater war immer dagegen, dass ich mit dem Motorsport anfange“, sagt hingegen Mathias Lauda. 1976 krachte Niki Lauda in seinem Ferrari 312T2 mit Tempo 220 in eine Böschung am Nürburgring und überlebte nur um Haaresbreite. „Ich wollte schon früh Gokart fahren und er war immer dagegen – vielleicht aus Angst. Er weiß ja, wie hart das Geschäft ist. Oder er wollte, dass ich auf die Uni gehe – genau weiß ich es nicht“, erzählt Mathias Lauda, der seit 15 Jahren als Profi­rennfahrer seinen Lebensunterhalt verdient.

Neben seinem Vertrag mit DF1-Racing bei der Euro-Nascar ist der Sohn des dreimaligen Formel-1-Weltmeisters Lauda aktuell auch als Werks­fahrer für Aston Martin Racing bei der FIA-Langstrecken-­Weltmeisterschaft am Start. „Ich fahre dieses Jahr zwischen 15 und 18 Ren­nen. Für einen weiteren Premiumhersteller wie Porsche oder Bentley dürfte ich wohl nicht fahren, aber für Nascar habe ich das Okay bekommen. Bei Aston Martin freuen sie sich, dass ich häufiger fahre, denn das hält mich auch im Kopf fit“, so der bald zweifache Familienvater. „Ich habe im Auto einen Durchschnittspuls von 140. Jeder, der Sport macht, weiß, wie schnell man laufen muss, um diesen Puls zu erreichen“, sagt er. Seit er 15 Jahre alt ist, lebt Mathias Lauda mit seiner Mutter und seinem Bruder und Manager Lukas in Barcelona. Niki Lauda war nur selten bei einem Rennen seines Sohnes dabei – die Beziehung ist ­distanziert, aber freundschaftlich. „Ich verstehe mich gut mit meinem Vater, aber es war nie eine typische Vater-Sohn-Beziehung. Er hat immer viel gearbeitet, war mit seiner Airline beschäftigt und selten zu Hause“, erzählt Lauda. Der Name und die Erfolge seines Vaters haben ihm zu Beginn seiner Karriere als Rennfahrer geholfen, Sponsoren zu finden. „Als Fah­rer zählt aber nur die Leistung auf der Strecke. Wenn der Name meinem Team hilft, mehr PR zu bekommen, dann ist das super. Aber am Ende muss ich meinen Job machen – und habe dadurch sogar mehr Druck“, so Lauda.

Finanzielle Unterstützung gab es vom Vater nicht, aber Geschichten über seine Zeit im Formel-1-Zirkus hat Niki Lauda gerne geteilt. „Ich habe ihn gefragt, wer sein bester Freund im Fahrerlager war. Mein Vater hat ­erzählt, dass James Hunt sein bester Kumpel und zugleich sein stärkster Konkurrent war. Er hat mir viele Geschichten erzählt, die ich hier jetzt nicht wiedergeben kann. Sie hatten viel Spaß zu­sammen“, sagt Mathias Lauda schmunzelnd. An der Nascar-Serie gefällt ihm vor allem, dass alle mit den gleichen Autos fahren und dadurch das Können der Fahrer und der Teams in den Mittelpunkt gestellt wird. „In der Formel 1 oder der Sportwagen-Weltmeisterschaft, wo ich auch mitfahre, treten verschiedene Hersteller gegeneinander an. Bei Nascar sind aber alle Autos komplett gleich. Da kann man als Fahrer noch einen Unterschied machen.“

Ihren Ursprung hat Nascar in der Zeit der Prohibition. Als die Erzeugung, der Verkauf und der Versand alkoho­lischer Getränke in den USA verboten war, gab es große Schmugglerringe, deren Fahrer nachts ­selbst gebrannten Alkohol durch die Staaten transportierten. Dazu frisierten die Schmuggler ihre Autos, um schneller voranzukommen. Zugleich begannen sie, Autorennen abzuhalten.

Heute wird um Preisgeld gefahren – das unter den wachsamen Augen des DF1-Racing Teamchefs Norbert Walchhofer. Bis 2010 war er selbst Rennfahrer und zuletzt Vizemeister der Le-Mans-Langstrecken-Rennserie. „DF1-Racing gehört eigentlich meiner Frau Gudrun und ich unterstütze sie als Teamchef, bin auf der Renn­strecke und versuche, mich auf die Marketingstrategie für das Team zu konzentrieren“, erklärt Walchhofer. So war es auch seine Idee, Freddie Hunt dazuzuholen. „Mathias und Freddie sind schon vor zwei Jahren in Indien in einem Formel-2000-Rennen gegen­einander gefahren. Nach der 40 Jahre alten Geschichte von Lauda und Hunt als Gegner sind sie nun erstmals im gleichen Team und fahren sogar mit dem gleichen Wagen. Das war natürlich eine Marketingüberlegung“, sagt Walchhofer. Die Chemie stimmte sofort, und auch beim Fahren konnte Hunt überzeugen. Schließlich werden pro Nascar-Saison – sechs Rennwochenenden in Spanien, Holland, Großbritannien, Frankreich, Italien und Belgien – 350.000 € Preisgeld ­ausgeschüttet. Damit werden die Team-Per­formance pro Rennen und das Gesamtergebnis prämiert. „Für die Fahrer, die fixe Verträge haben, ist der Anreiz weniger das Geld, sondern dass der Sieger in Europa in der amerikanischen Nascar ein Rennen mitfahren kann. Preisgelder sind aber natürlich gut für das Team.“

Laudas größter ­Erfolg für DF1-Racing war 2014 ein gewonnenes Regenrennen auf dem Ovalkurs im französischen Tours. In der über 70-jährigen Geschichte von Nascar wurde noch nie ein Rennen beendet, das von Start bis Ziel im Regen stattfand. Der Sieg war historisch – und schlug bis nach Übersee große Wellen. Mathias Lauda fühlt sich wohl, wo er jetzt ist – bei Aston Martin und der Euro-Nascar: „Als Rennfahrer weiß man nie, wie viele Jahre man noch hat. Man kann immer einen Unfall haben – oder einen jüngeren Teamkollegen, der schneller fährt. Was mein Vater erreicht hat, werde ich nie erreichen. Aber das ist auch gar nicht mein Ziel.“

Text: Barbara Duras
Fotos: Jiří Turek und Jana Jabůrková

Der Artikel ist sowohl in unserer Juni-Ausgabe 2016 als auch in der April-Ausgabe 2020 „Best Of“ erschienen.

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