INVINCI(BOB)BLE

Dass das Leben die besten Geschichten schreibt, beweist Sophie Trelles-Tvede mit Invisibobble: Per Zufall kreierte die Dänin eine absolute Neuheit, wurde mit 18 Jahren Gründerin und ist heute CEO einer global agierenden Marke, die Millionenumsätze erzielt. Als Managing Partner bei New Flag will sie nun Innovation in der Beautybranche weiter vorantreiben.

Ihrem Outfit für eine „Bad Taste Party“ an der University of Warwick fehlte noch ein Accessoire, das der Erscheinung von Sophie Trelles-Tvede den letzten Feinschliff verpassen sollte. Ihr Blick fiel auf ein altes Kabeltelefon am Gang des Studentenheims – es sollte sich als Glücksgriff erweisen. Trelles-Tvede schnitt das Kabel ab und bastelte sich daraus einen Haarring. Am nächsten Morgen staunte die Dänin nicht schlecht: Ihr Pferdeschwanz saß nach wie vor, von Migräne oder unschönen Abdrücken im Haar (bei anderen Haargummis nicht ungewöhnlich!) keine Spur. Anstatt die Sache als witzige Anekdote zu deponieren, witterte Trelles-Tvede eine Geschäftsidee. Gemeinsam mit Mitstudent Felix Haffa, bis heute ihr wichtigster Kompagnon, gründete sie wenige Wochen und basierend auf ihrer Entdeckung die Marke Invisibobble. Die erste Hürde: Produktion. Zwar zeigten sich chinesische Hersteller kooperationsbereit, die Kommunikation gestaltete sich jedoch schwierig. „Verständlich zu erklären, was genau wir wollten – nämlich spiralförmige Haargummis aus Plastik, die die Welt so noch nicht gesehen hatte – war nicht einfach“, erzählt Trelles-Tvede im Forbes-Interview.

Nach zahlreichen Prototypen war die Erfindung endlich verkaufsreif und wurde zunächst in umliegenden Friseursalons vertrieben. Das Studium abzubrechen kam für Trelles-Tvede trotz des Erfolgs jedoch nie infrage. Die Buchhaltung wurde in Vorlesungen gemacht, auf Partys musste sie zunehmend verzichten. „Natürlich gab es Kommilitonen, die uns schief angesehen haben. Viele zollten uns auch erst Respekt, als sie die Invisibobble-Produkte in Boots (eine der größten Drogerieketten in Großbritannien, Anm.) sahen.“ Heute hat Invisibobble über 100 Millionen Haargummis verkauft und setzte 2019 50 Millionen € um. 2016 landete Trelles-Tvede gemeinsam mit Felix Haffa auf der Forbes-„Under 30 Europe“-Liste. 2020 wird das Unternehmen ähnlich gut abschließen wie im Vorjahr: Die Coronavirus-Pandemie und die damit verbundene weltweite Wirtschaftskrise wirkten zwar zunächst bedrohlich, so Trelles-Tvede, doch da Drogeriemärkte als Anlaufstellen essenzieller Konsum­güter gelten und von einem Lockdown verschont blieben, kam es zu keinem Verkaufsstopp.

Als Co-CEOs führen Wolfgang Lechner und Magdalena Hauser ihr Start-up, das mittlerweile zehn Mitarbeiter in Innsbruck umfasst.

Der Kostenpunkt einer Packung Invisibobble-Haargummis, die drei Stück beinhaltet, liegt bei etwa 5 €. Konkurrenzprodukte, die das Design imitieren, sind schon zum halben Preis zu haben. Trelles-Tvede reagierte auf die Nach­ahmer zunächst „mit viel Wut und Frustration“. Mittlerweile hat sie jedoch gelernt, damit umzugehen – sie bezeichnet „Copycats“ als beiläufiges Übel ihres Erfolgs. Dazu gehören auch ille­gale Fälschungen, die die Marke nachahmen und das Sortiment zu Niedrigstpreisen auf chinesischen E-Commerce-Plattformen anbieten.

Nachhaltigkeit ist im Hause Invisibobble noch eine Herausforderung. „Haargummis sind eine große Belastung für die Umwelt, besonders die traditionellen Modelle, die noch mit einem Metallclip verschweißt sind. Wir arbeiten derzeit an einem Prototyp aus recyceltem PET, müssen aber darauf achten, dass dieser dem Qualitätsstandard entspricht“, erklärt Trelles-Tvede.

Man kann sehr wohl ein Unternehmen neben seinem Studium gründen. Der beste Zeitpunkt für eine Gründung ist immer: jetzt sofort!

In Zukunft wird vor allem New Flag eine wichtige Rolle für Trelles-Tvede und Invisibobble spielen. Das Unternehmen vertritt und distribuiert Marken wie Olaplex oder Tangle Teezer, gründet aber auch eigene Labels wie das zurzeit erfolgreiche feste Shampoo Foamies. New Flag beschäftigt 170 Angestellte in sechs Büros in Europa und den USA. Ursprünglich 2010 durch Niklas Epstein sowie die Brüder Daniel und Felix Haffa gegründet, folgte wenige Zeit später die Fusion von Invisibobble und New Flag. Seit Anfang 2020 ist Trelles-Tvede als Managing Partner auch aktiver Bestandteil des Vorstands von New Flag.

Ihre Erfahrungen beschreibt die 27-Jährige in ihrem Buch „100 Millionen Haargummis und ein Wodka Tonic“: „Der Wodka Tonic (…) ist ein Symbol für den Horizont meines 18-jährigen Ichs – ich wollte nichts anderes tun als auf Studentenpartys gehen. Gleichzeitig musste ich auch auf viele Drinks verzichten, je größer Invisibobble wurde. Und: Der Preis von 1350 Wodka Tonics ist das Äquivalent zu den 4000 britischen Pfund, die wir anfangs in unser Start-up investiert haben – ein Tausch, den ich jederzeit wieder machen würde!“

Text: Chloé Lau
Fotos: New Flag

Dieser Artikel erschien in unserer Ausgabe 9–20 zum Thema „Women“.

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