JEDE MARK IN DEN PARK

Ausgezeichnet als bester Freizeitpark der Welt, ist der Europa-Park im Süden Deutschlands ein wichtiges Standbein des Mack-Imperiums. Dessen Geschicke lenken seit 2016 die Brüder Michael und Thomas Mack.

Auf die Frage nach der ersten Erinnerung an den Europa-Park lacht Thomas Mack und sieht seinen Bruder an. „Fang du an, du bist älter!“ ­Michael Mack überlegt eine Weile. „Ich erinnere mich an die Wintermonate im Park, als ich mit meinem Bruder auf die Achterbahnen geklettert bin und wir Verstecken gespielt haben“, sagt er. Damals hatte der Freizeitpark in Rust den Winter über noch sechs Monate geschlossen. Heute hat er auch in der Wintersaison geöffnet und steht mittlerweile unter der Geschäftsführung der dritten Mack-Generation: den Brüdern Michael und Thomas Mack. Dabei reicht die Geschichte des Parks weiter zurück als drei Generationen.

Unternehmensbeginn vor über 200 Jahren

Angefangen hat alles vor über 200 Jahren mit ­einem Unternehmen, das Fuhrwagen und Kutschen konstruierte, sich schließlich aber auf die Herstellung von Achterbahnen spezialisiert hat: Mack Rides. Unter der Leitung von Franz Mack, dem Großvater der beiden Brüder, stieg man zum Welt­unternehmen auf. Mittlerweile gehört Mack Rides zu den führenden Achterbahnherstellern der Welt. Der Europa-Park sollte ursprünglich vor allem als Schaufläche für dessen Produkte gebaut werden. 1975 wurde er zum ersten Mal von Franz Mack eröffnet, die Leitung hatte er gemeinsam mit seinen Söhnen Roland und später auch Jürgen Mack inne.

Heute ist der Freizeitpark mit seinen 15 europäischen Themenbereichen und einer ­Fläche von 134 Hektar – so groß wie 188 ­Fußballfelder – ein Riesenareal. Jährlich ziehen die 100 Attraktionen knapp sechs Millionen Besucher an, vorrangig aus Deutschland, der Schweiz und Frankreich. Darüber hinaus zählt der Vergnügungspark mit seinen Hotels zu Deutschlands größten Resorts und wurde bereits zum fünften Mal mit dem US-amerikanischen Golden ­Ticket Award zum besten Freizeitpark der Welt gekürt. Mit einem derart raschen Wachstum hätte jedoch niemand gerechnet. Denn nicht immer sah es so erfolgversprechend für die Unternehmensgruppe aus. Keine Hotelkette wollte am Standort des ­Europa-Parks ein Haus bauen, Familie Mack musste ihr erstes Hotel „El Andaluz“ selbst finanzieren. Große Konzerne als ­Kooperationspartner blieben zunächst auch aus, einzig das ­Brauwerk Baden unterstützte den Park von Anfang an. Die Besucher kamen trotzdem – im ersten Jahr waren es 250.000, ein Jahr darauf bereits 750.000. Auch finanziell rechnet sich der Vergnügungspark mitsamt seinen Segmenten: Der Umsatz wird auf knapp 300 ­Millionen € geschätzt, genaue Auskunft gibt das Familienunternehmen jedoch nicht. Angesichts dieser Zahlen stellt sich die ­Frage: Was macht den Erfolg des Familienunternehmens aus?

„Man darf nie aufhören, ambitioniert zu sein, man muss sich immer verbessern wollen. Schon mein Großvater Franz hat sich stets nach neuen Produktideen umgesehen, jede Generation hat den Park weiter ausgebaut“, sagt ­Michael Mack. „Opa hat immer gesagt: ,Jede Mark in den Park‘“, ergänzt sein Bruder. „Mittlerweile gibt es zwar den Euro, das Motto hat aber immer noch Bestand. 80 Prozent unserer Gäste kommen zum wiederholten Mal und erwarten dementsprechend auch Neues.“ Jährlich werden zwischen 20 und 40 ­Millionen € in den Park investiert. 25 Millionen € steckte das Unternehmen etwa in die Attraktion „Voletarium“, den größten Flug­simulator Europas. Dabei machen die Investments aber auch vor Kleinigkeiten nicht Halt – die Gemälde in den Hotels sind beispielsweise keine Drucke, sondern handgemalte Kunstwerke.

Foto: Brüder Michael und Thomas Mack

Michael Mack
studierte trinational International Management in Basel, Lörrach und Colmar. Im Europa-Park kümmert er sich mitunter für die strategische Geschäftsentwicklung.

Thomas Mack
ist Absolvent der Schweizer Hotelfachschule in Luzern. Seit 2016 ist er unter anderem für das Hotelresort und die Park- und Eventgastronomie verantwortlich. ist der Gastronom der zwei Brüder – dank seines Gespürs hat der Park nun sein Zwei-Michelin-Sterne-Restaurant Ammolite.

Darüber hinaus hat der Europa-Park bereits Kooperationen mit Gazprom, Coca-Cola, ­Adidas und Eurowings geschlossen. Letztere ist Partner der Attraktion „Voletarium“: „Wir schauen immer, dass die Marke auch in das Umfeld des Parks passt“, sagt Thomas Mack. Sein Bruder ergänzt: „Im Voletarium fliegen die Besucher über ­Europa, da war Eurowings als Partner natürlich passend. Europa steckt bereits im Namen und es ist ein deutsches Unternehmen.“ Zusätzlich zu neuen Attraktionen werden laufend auch neue Geschäftsbereiche gegründet, etwa Mack Media für Medienproduktionen oder Mack ­Solutions für stimmige Gesamtkonzepte in Freizeitparks. Doch der ­Europa-Park will sich trotz der guten Zahlen nicht auf seinen Lorbeeren aus­ruhen.

Neue Innovationen

„Gelegenheit macht ­Diebe“, sagt ­Michael Mack über das Finden von neuen Ideen. „Wir sind besonders nah am Kunden und verstehen deshalb gut, was der Kunde möchte. Und ich würde sagen, das Glück ist mit den Tüchtigen. Das hat sich bereits bei meinem Großvater und Vater abgezeichnet.“ Die nächste Erweiterung steht auch schon in den Startlöchern – und zwar mit nichts Geringerem als dem größten Projekt der Unternehmensgeschichte. Es stellt auch das bisher größte Vorhaben für die zwei Brüder dar: Rulantica, die neue Wasserwelt des ­Europa-Parks, entsteht auf einem insgesamt 450.000 Quadratmeter großen ­Areal und wird Ende 2019 eröffnet. Die Investitionen belaufen sich auf 150 Millionen €. Einfach sind Projekte dieser Größenordnung jedoch nicht umzusetzen. Michael Mack nennt die Bauwirtschaft als einen zentralen Punkt. „Es gibt immer mehr Auflagen – sei es beim Brandschutz oder bei den Belüftungsanlagen, und der Baumarkt ist zudem ­gesättigt. Die Bauunternehmen gehen dorthin, wo die ­Gewinnmarge am höchsten ist.“ Thomas Mack fügt hinzu: „Es gibt auch einen ­enormen Fachkräftemangel. Wir müssen ­Mitarbeiter in anderen Ländern ­suchen, ihnen unsere Sprache beibringen und auch in der Nähe des Parks Wohnraum schaffen. Manche jungen Leute heutzutage haben kein Auto oder keinen Führerschein mehr.“ Trotz der Herausforderungen sehen sich die Brüder im internationalen Wettbewerb gut aufgestellt. „Wenn, dann würde ich am ehesten Disney (The Walt Disney ­Company mit ihren Vergnügungsparks, Anm.) an unserem Produkt sehen“, sagt Michael Mack. Wirft man einen Blick auf die weltweiten Besucherzahlen, befindet sich der ­Europa-Park nicht in einer führenden Position: Laut dem Datenanbieter Statista rangiert der Freizeitpark in Rust auf dem 21. Platz, Spitzenreiter ist das Magic ­Kingdom der Disney World im US-Bundesstaat ­Florida (21 ­Millionen Besucher pro Jahr). Auch viele der asia­tischen Freizeitparks, etwa Tokyo Disneyland mit 18,3 ­Millionen Besuchern jährlich, liegen vor dem ­Europa-Park. Was Europa angeht, ist er jedoch an der Spitze vertreten, noch vor dem Disneyland Resort in ­Paris. Eine Expansion in andere Länder ist derzeit aber nicht geplant.

„Wir möchten uns hier am Standort weiterentwickeln“, sagt Thomas Mack. „Wir wollen eine Kurzreisedestination sein, und das schafft man mit solchen Angeboten wie Rulantica.“ ­Michael Mack ergänzt: „Zusätzlich zum Wasserpark haben wir bereits ein Musical dazu entwickelt. Höchstwahrscheinlich wird es auch eine ­Virtual-Reality-Experience unter Wasser geben. Generell werden wir in den nächsten Jahren wohl noch vermehrt in die Digitalisierung investieren.“ Dennoch ist er sich sicher, dass das analoge Angebot Bestand haben wird – und sieht in der Digitalisierung eine Ergänzung zum bestehenden. „Wir möchten nicht, dass der 16-Jährige von morgen sagt: ‚Der Europa-Park ist uncool, er hat nur analoge Geschichten.‘ Es soll ein guter Mix aus beidem sein.“ Insgesamt scheint der ­Europa-Park für die Zukunft gut aufgestellt. Und auch die Familienbande in der Führungsetage werden zukünftig bestehen bleiben: Denn die vierte Generation steht schon in den Startlöchern. Deren erste Erinnerung wird jedoch wohl eher weniger der ­geschlossene Park in den Wintermonaten sein als vielmehr große Projekte wie die neue Wasserwelt Rulantica.

Text: Andrea Gläsemann
Fotos: Daniel Schreiber

Dieser Artikel ist in unserer Februar-Ausgabe 2019 „Spielen-Wettbewerb“ erschienen.

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