Jung, klug, erfinderisch

Sie sind das Gegenteil von jung, dumm und gefräßig: Die Menschen, die hinter den Erfolgen von Dropbox, Spotify und Snapchat stehen, feierten ihre Erfolge schon, als „Normalos“ noch an ihrer Karriere feilten.

Es gibt Dinge im Leben, ohne die sich insbesondere Millennials eine Existenz nicht mehr vorstellen können. Dabei waren viele jener, die das Fortschreiten der Technik mit neuen Entwicklungen oder auch den Siegeszug von Social Media mit aufgebaut haben, zu Beginn ihrer Erfolgsprojekte nicht viel älter, als es der Durchschnitt ihrer User heute ist. Sie feierten ihre Erfolge schon in jungen Jahren, wie zum Beispiel die ­Erfinder der Dropbox, die auch aus dem täglichen Leben Ihres Schreiberlings nicht mehr wegzudenken ist.

Der Filehosting-Dienst, gerne auch Cloud-Storage genannt, des Unternehmens Dropbox Inc. ­wurde im Jahr 2007 von zwei Studenten der US-Eliteschule MIT, Drew Houston (geboren 1983) und Arash Ferdowsi (Jahrgang 1985), in San Francisco gegründet. Die Idee der jungen Männer war, einen Dienst zu entwickeln, der den Austausch großer Dateien per E-Mail oder USB-Sticks obsolet machen und die damit verbundenen Probleme wie Speicherlimits oder ­Datenklau lösen sollte. Ideal also für Fotos, Musik, Videos, aber auch größere Dateien. Und weil Dropbox auf einem „Freemium“-Modell basiert, bei dem die wichtigsten Funktionen kostenlos sind und Nutzer nur für Erweiterungen bezahlen müssen, setzte es sich am Markt schnell durch.

Dropbox fand auch in der Finanzwelt schnell Gefallen und wurde in der Startphase durch das Gründerzentrum Y Combinator gefördert. Noch im Gründungsjahr schoss Sequoia Capital, ein Venture-Capital-­Fonds, Geld ein. Die Initial­summe wurde später gleich mehrfach aufgestockt. Wenige Jahre nach der Gründung setzte sich eines der Schwergewichte, wenn es um Geld geht, nämlich der Finanzinvestor Blackrock, ins Boot. Und so flossen im Januar 2014 mehr als 250 Millionen US-$ ins Unternehmen.

Elf Jahre nach der Gründung war es Zeit, Kasse zu machen, und so ging Dropbox, das 2017 1,11 Milliarden US-$ Umsatz generierte und einen Verlust von 111,7 Millionen US-$ schrieb, Ende März 2018 an die New Yorker Technologiebörse Nasdaq. Der Börsengang (IPO) wurde ein durchschlagender Erfolg: Er übertraf sämtliche Erwartungen, denn der ­erste Kurs der Dropbox-Aktie lag bei 29 US-$ und damit weit über dem Ausgabepreis von 21 US-$. Der Andrang war heftig und die Aktienplatzierung ­25-fach überzeichnet.

Sie machte die Gründer zu reichen Männern: Andrew W. „Drew“ Houston ist laut Forbes nun drei Milliarden US-$ schwer; Arash Ferdowsi bringt es auf 1,21 Milliarden US-$. Die Aussichten sind für Dropbox (an der Börse nun mit über zehn Milliarden US-$ bewertet) nicht schlecht: Der Cloud-Anbieter mit über 11,5 Millionen ­zahlenden Nutzern, die im Durchschnitt 114,30 US-$ pro Nutzer ­einbringen, verzeichnete in seinem ersten Quartal an der Börse einen Umsatz in Höhe von 316,3 Millionen US-$. Die Analysten hatten nur 308 ­Millionen US-$ erwartet.

Und so hat die US-Bank ­JPMorgan Dropbox mit „Overweight“ und einem Kursziel von 32 US-$ in die Bewertung aufgenommen. Das Wachstum des Onlinespeicherdienstes dürfte sich im laufenden sowie dem kommenden Geschäftsjahr zwar in den Zehnprozentbereich abschwächen; Dropbox glänze aber durch seine Profitabilität, meint Analyst Mark Murphy. Er ist optimistisch, dass das Unternehmen seinen zahlenden Kunden ­zusätzliche ­Dienstleistungen verkaufen kann und zudem viele weitere Kunden hinzugewinnen wird. Das Analyse­unternehmen Canaccord Adams hat das Kursziel für Dropbox von 35 auf 36 US-$ angehoben und die Einstufung auf „Buy“ belassen. Damit wären zum aktuellen Börsen­kurs bei Redaktionsschluss noch mehr als 30 Prozent zu holen.

Ein anderer Name neben Dropbox, der heute so selbstverständlich zum Leben gehört wie einst Nivea, ist Spotify. Der Musik-, Hörbuch- und Videostreamingdienst, gegründet im Oktober 2006 von dem Schweden Daniel Ek, Jahrgang 1983, und dem 1969 geborenen Marketingexperten Martin Lorentzon, ist inzwischen in mehr als 60 Ländern verfügbar. Das Unternehmen konkurriert als eine der wenigen europäischen Erfolgsstorys im Tech-Sektor mit US-Schwer­gewichten wie Apple Music.

An den Start ging Spotify schlauerweise erst im Oktober 2008, nachdem Lizenzverträge mit großen Musik­labels abgeschlossen worden waren – so ersparte man sich Schwierigkeiten, die dem ersten Anlauf von Napster im Jahr 2001 das Genick gebrochen hatten. Mit Spotify, das mehr als 71 Millionen zahlende Abonnenten, insgesamt 159 Millionen aktive Nutzer und knapp 3.000 Mitarbeiter zählt, können über 35 Millionen DRM-­geschützte Musiktitel von einer Reihe großer Musiklabels wie Sony, Warner Music Group oder Universal sowie zahlreichen kleineren Labels über das Internet gehört werden. Die Anwendung ist auf den meisten modernen Geräten, darunter PCs, Smartphones und Tablets, verfügbar. Zu jenen, die an Spotify glauben, gehören Unter­stützer mit klingenden Namen wie Goldman Sachs, Fidelity Invest­ments, The Coca-Cola Company, Morgan Stanley, Credit Suisse und die Deutsche Bank. 2016 holte Spotify sich eine Milliarde US-$ von Investoren; der Umsatz lag ein Jahr später bei mehr als vier Milliarden €.

Der Börsengang von Spotify, das seine Streams mit – allerdings dezenten, genau dosierten – Werbeeinschaltungen unterbricht und noch keine Gewinne erzielt, erfolgte im April 2018 über eine Luxemburger Holding mittels Direktplatzierung an der New Yorker Börse – ohne das sonst übliche Brimborium wie neue Aktien, Sperrfrist, organisierten Preisbildungsprozess oder Kursgarantie, was für die NYSE ein absolutes Novum bedeutete.

Vor dem Start der Notierung hatte die Börse zur Orientierung – und, wie manche meinen, sicherheitshalber – einen Referenzpreis von 132 US-$ pro Aktie festgesetzt. Der erste Kurs wurde schließlich am Abend des ersten Tages mit 165,90 US-$ festgestellt. Das Risiko hatte sich gelohnt, Spotify, der fünftgrößte Börsengang eines Technologieunternehmens überhaupt – nur Alibaba, Facebook, Snapchat und Google lagen zum Börsenstart in Sachen Marktwert darüber –, war nun mit einem Schlag fast 30 Milliarden US-$ wert. Das Unternehmen klingt auch in den Ohren der Börsianer weiterhin gut: Goldman Sachs hat Spotify nach Zahlen zum ersten Quartal auf „Buy“ mit einem Kursziel von 190 US-$ belassen. Die Resultate des Musikstreamingdienstes lägen am oberen Ende der im März bekannt gegebenen Spanne, schrieb Analyst Heath Terry. Dazu hätten die Schweden sich erstmals zum zweiten Quartal geäußert und die Jahresziele bestätigt.

JPMorgan stimmt in den Chor ein und hat die Einstufung von „Overweight“ mit einem Kursziel von ebenfalls 190 US-$ bestätigt. Solide, wenn nicht gar herausragend, seien die Ergebnisse im ersten Quartal gewesen, meinte JPMorgan-Analyst Douglas Anmuth. Die Erwartungen am Markt für das erst kurze Zeit an der Börse gehandelte Unternehmen seien jedoch noch höher ­gewesen. Bei beiden Analysten sind also, ausgehend vom Stand zum Redaktionsschluss, noch rund 40 Prozent an Kursgewinn möglich.

Snap Inc. & Co

Quelle: Onvista

Zu den jüngsten der erfolgreichen Gründer zählt Evan Spiegel: Er rief  im September 2011 gemeinsam mit Bobby ­Murphy in Los Angeles den kostenlosen Instant-Messaging-Dienst Snapchat ins Leben. Spiegel war damals gerade 21 Jahre alt, sein Kompagnon nur ein Jahr älter. Mit der Idee der beiden Stanford-­Studenten können Fotos und andere Medien, die nur eine bestimmte Anzahl von Sekunden sichtbar sind und sich dann selbst „zerstören“, versendet werden.

Snapchat feierte einen durchschlagenden Erfolg: Nur zwei Jahre nach der Gründung versandte der Dienst 350 Millionen Nachrichten – pro Tag. Das blieb von der Konkurrenz natürlich nicht unbeobachtet, und so flatterte Spiegel und Murphy bald ein Angebot von Facebook-CEO Mark Zuckerberg ins Haus. Eine Milliarde US-$ bot er für Snapchat, später erhöhte er sein Angebot auf drei Milliarden US-$. Die Snapchat-­Gründer lehnten dankend ab. 2016 sahen sich 100 Millionen aktive Nutzer täglich zehn Milliarden Videoclips auf Snapchat an. Damit liegt das Unternehmen noch vor Konkurrent Facebook, der auf rund acht Milliarden Videoaufrufe pro Tag kommt. Der Unternehmenswert wurde auf 19 Milliarden US-$ geschätzt. Zuckerberg hatte bei der Schnäppchenjagd ausgespielt.

Anfang 2017 beschlossen Spiegel und Murphy, ordentlich Geld in ihren Taschen zu bunkern, und Snapchat, das inzwischen unter dem Namen Snap Inc. firmierte, ging an die Börse. Die Nachrichtenagentur Reuters bezeichnete dieses Ereignis als „eine(n) der größten Börsengänge in der Tech-Branche überhaupt“. 200 Millionen stimmrechtslose Aktien des Unternehmens, das 500 Millionen US-$ Verlust ­machte, wurden zu jeweils 17 US-$ bei Investoren untergebracht – deutlich mehr als die ursprünglich erwarteten 14 bis 16 US-$. Der erste Kurs lag sogar bei 24 US-$. Doch bereits kurz darauf empfahlen die Analysten des Anlageberaters Pivotal Research die Snap-Aktien zum Verkauf und riefen ein Kursziel von lediglich zehn US-$ aus. Das Papier sei „deutlich“ über­bewertet, begründeten sie ihre Einschätzung. Sie sollten recht behalten: Snapchat enttäuschte die Anleger mit seinen Nutzerzahlen, die Aktie ging auf Talfahrt. Seit Mai 2017 hat sie mehr als 40 Prozent des Kurswertes verloren.

Der Umsatz liegt nach den aktuellen Quartalszahlen mit 230,7 Millionen US-$ – im Jahresvergleich plus 54 Prozent – klar unter den Erwartungen von rund 245 Millionen ­US-$. Dazu fielen die Anzeigenpreise gegenüber dem Vorjahresquartal um rund 65 Prozent. Die Aussichten sind nicht rosig: Der Tenor der Analysten sieht für Gewinne in absehbarer Zeit ­keine Chance, denn für das laufende Vierteljahr stellte die Firma deutlich geringere Wachstumsraten in Aussicht. Noch dazu steckt Snap Inc. mit einem Verlust von 385,8 Millionen US-$ noch immer tief in den roten Zahlen. Eine Long-Position ist hier keine Option, heißt es vonseiten der Anlagefachleute.

Abzuwarten bleibt, welche Impulse Ex-Amazon-Finanzmann Tim Stone, den man sich im Zuge der Problemlösungsaktivitäten geangelt hat, bringen wird. Hoffnung hat man jedenfalls noch: Es sei „bestimmt möglich“, dass Snapchat eines Tages zwei Milliarden Nutzer habe, ließ Snap-Vorstandschef Evan Spiegel kürzlich verlauten. Im letzten Quartal zählte die Plattform täglich 191 Millionen Nutzer – Spiegel plant also eine Verzehnfachung der Userzahl. Wer aber auf die Rothschild-Strategie „Buy at bad news“ setzt, könnte Snap Inc. seinem Depot hinzufügen – die Crashgefahr natürlich immer im ­Hinterkopf behaltend.

Dieser Artikel ist in unserer Juni-Ausgabe 2018 „30 Unter 30“ erschienen.

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