Massenkündigungen: Neue Perspektiven in einer scheinbar ausweglosen Situation

Im Film „Up In The Air“ spielt George Clooney einen Geschäftsmann, der quer durch die USA fliegt, um Mitarbeitern anderer Unternehmen schlechte Nachrichten zu überbringen. Clooney führt Gespräche mit Mitarbeitern, die gekündigt werden – der Protagonist versucht in den Gesprächen, Perspektiven aufzuzeigen und den Menschen klarzumachen, dass in einer Kündigung auch eine Chance stecken kann.

Natürlich kann das für Betroffene einen schlechten Beigeschmack haben – und von diesen gibt es aktuell viele, denn Tech-Unternehmen haben reihenweise Massenkündigungen bekannt gegeben: Google-Mutter Alphabet will 12.000 Menschen kündigen, bei Microsoft müssen 10.000 Mitarbeiter gehen, Amazon verabschiedet sich von 18.000 Kollegen, bei Meta gehen 7.000 Menschen, und auch Salesforce, Hubspot, Stripe, Shopify, Netflix, Robinhood, Tesla und viele andere bauen Stellen ab. Den größten Schnitt – relativ gesehen – gab es aber bei Twitter, wo der neue Eigentümer Elon Musk mehr als zwei Drit­tel der ursprünglich 7.500 Mitarbeiter kündigte. Auch die Strategieberatung McKinsey gab bekannt, sich von rund 2.000 Menschen zu trennen, und bei RTL wurden zahlreiche Print­titel eingestellt, was mit einem Abbau von rund 700 Arbeitsplätzen einhergeht. Der Tenor der Reaktionen war immer der gleiche: Die bösen Manager werfen die hilflosen Angestellten raus. Klar ist, dass es für niemanden einfach ist, den Job zu verlieren. Doch es gilt auch, die andere Perspektive einzunehmen: Viele Unternehmen, vor allem in der Tech-Branche, sind in den letzten Boomjahren nahezu unkontrolliert gewachsen.

Das führte dazu, dass Teams zu groß, Bereiche ineffizient und ganze Abteilungen für das Kerngeschäft irrelevant wurden. Dass dabei auch strategische Fehler im Management gemacht wurden, ist klar. Doch Unternehmenslenker müssen manchmal auch harte Entscheidungen treffen, um das Wohl der eigenen Organisation langfristig zu sichern – denn die Alternative wäre, so lange zu warten, bis nicht nur einige, sondern alle Mit­arbeiter um ihren Job bangen müssen.

Natürlich geht es immer auch darum, wie solche Entscheidungen kommuniziert werden. Viele Tech-Unternehmen versuchen, Entschädigungen zu zahlen, Kollegen bei der Suche nach neuen Jobs zu unterstützen und den Übergang so sanft wie möglich zu gestalten. Demgegenüber steht etwa Elon Musk, der Mitarbeiter per Mail über die Kündigungen informierte und zeit­gleich deren Zugang zum Twitter-Hauptquartier deaktivierte. Nur: Wie kommuniziert man mehreren Tausend Mitarbeitern sozialverträglich, dass sie gekündigt werden? Natürlich macht der Ton die Musik – aber alleine logistisch ist das vermutlich nicht ganz trivial. Zudem haben börsennotierte Unternehmen noch ganz andere Herausforderungen bezüglich der Veröffent­lichung solcher Informationen zu bewältigen.

Es ist sicher für niemanden einfach, seinen Job zu verlieren. Doch die Entscheidung, Stellen in größerem Maß abzubauen, ist für Unternehmen oft alternativlos – und kann langfristig für all jene, die bleiben, vorteilhaft sein. Wie genau mit jenen, die gehen müssen, umgegangen wird, da trennt sich die Spreu vom Weizen. Doch wenn wir eines von George Clooney gelernt haben, ist es, dass solche Vorgänge auch Chancen bieten können – und zwar für beide Seiten.

Illustration: Valentin Berger

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Chefredakteur

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