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Das Linzer Start-up Moldsonics macht mit seiner Ultraschall-Sensortechnologie Produktionsprozesse in der Kunststoffindustrie effizienter. Die Gründer Thomas Mitterlehner, Klaus Straka und Bernhard Praher haben aus zwölf Jahren Forschung eine Anwendung gebaut, die heute vor allem in der Recyclingindustrie zum Einsatz kommt – und wurden dafür von tech2b mit dem Edison Changemaker Award ausgezeichnet.
In der Kunststoffindustrie zählt jede Sekunde: Steht eine Recyclinganlage ungeplant still, etwa weil ein Verschleißteil unbemerkt den Geist aufgegeben hat, kostet das Geld. Das Linzer Start-up Moldsonics hat ein Produkt geschaffen, das dieses Problem löst – mit Ultraschall. „Predictive Maintenance“ nennen das die Moldsonics-Gründer Thomas Mitterlehner und Bernhard Praher – vorausschauende Wartung, die Ausfallzeiten minimiert. Dabei messen Sensoren etwa den Verschleißzustand von Maschinenteilen, damit die Maschinenbetreiber früh erkennen können, wann ein Teil ausgetauscht oder gewartet werden muss. „Weniger Stillstand, mehr Effizienz“, fasst es Mitterlehner zusammen.
Er führt das Unternehmen als CEO, Bernhard Praher treibt als CTO die technische Entwicklung voran. Beide kennen einander von der Johannes Kepler Universität (JKU) Linz, wo sie am Institut für Polymer-Spritzgießtechnik arbeiteten. Gemeinsam mit Klaus Straka, der weiterhin an der JKU tätig ist und als wissenschaftlicher Berater fungiert, gründeten sie 2021 Moldsonics.
Bereits 2009 begann Praher mit der Erforschung von Ultraschall in der Kunststoffverarbeitung. Im Rahmen seines PhDs forschte er an neuen Anwendungen für Ultraschallsensorik und stieß so auf die Technologie, die Moldsonics heute einsetzt. „Zu oft verschwinden Forschungsergebnisse nach einem Doktorat in der Schublade, während die Forscher in die Industrie wechseln“, bedauert Praher. Er blieb rund ein Jahrzehnt in der Forschung, bevor er beschloss, Unternehmer zu werden.
Der wichtigste Kunde ist Erema, ein Recyclinganlagenhersteller aus Ansfelden. Dort, erzählt Mitterlehner, messen die Moldsonics-Sensoren den Verschleißzustand rotierender Komponenten, die den Kunststoff aufschmelzen. Die Maschinen können länger laufen, ungeplante Stillstände werden vermieden – und der Betreiber weiß jederzeit, in welchem Zustand sich seine Anlage befindet.
Neben Erema zählen auch internationale Konzerne wie Philips zu jenen Unternehmen, die die Sensoren von Moldsonics einsetzen. Sie sind bereits in Dänemark, den USA und Portugal im Einsatz. Doch das Gründerteam hat gelernt, dass es mit sieben Mitarbeitern schwierig ist, Kunden auf mehreren Kontinenten zu betreuen, und legt den Fokus heute auf den DACH-Raum.
Das Geschäftsmodell von Moldsonics hat sich über die Jahre entwickelt. Anfangs finanzierte sich das Unternehmen hauptsächlich durch Dienstleistungen, so Mitterlehner: maßgeschneiderte Messungen für spezifische Kundenprobleme. Parallel entwickelte das Team leicht einsetzbare Standardprodukte. Heute verkauft Moldsonics seine Sensoren als Hardware, bietet aber auch Servicepakete an und experimentiert mit „Pay per Measurement“-Modellen. „Wir sehen, dass Unternehmen einfache Lösungen suchen. Für uns ist die Herausforderung, unsere Technologie möglichst einfach zu erklären und Kunden die Vorteile mit möglichst wenig Aufwand zu bieten“, so Mitterlehner.
Die Finanzierung erfolgte bisher aus eigenen Umsätzen und Förderungen. Gleich zu Beginn erhielt Moldsonics als erstes Start-up in Oberösterreich das Spin-off-Fellowship der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft. Auch von der Austria Wirtschaftsservice GmbH erhielt Moldsonics eine Förderung durch das Programm „Seedfinancing – Deeptech“.
Anerkennung für ihre Arbeit bekamen Mitterlehner, Praher und Straka im Juli 2025 auch in Form des Edison Changemaker Awards. Für Markus Achleitner, Wirtschaftslandesrat von Oberösterreich, ist Moldsonics ein Paradebeispiel dafür, wie aus universitärer Forschung innovative Unternehmen entstehen können. Die Kunststoffindustrie (also genau die Industrie, die Moldsonics in Angriff nimmt) sei in Oberösterreich die zweitstärkste Industrie, sagt er – 55 % der gesamten österreichischen Kunststoff-Wertschöpfung kämen aus dem Bundesland. Von Produzenten wie Borealis über Spritzgießmaschinenhersteller wie Engel Austria – solche stellen Kunststoffteile aus Kunststoff in Granulat- oder Pulverform her – bis zu Recycling-Unternehmen wie Erema sei die gesamte Wertschöpfungskette im Bundesland vertreten.
Der Award sei mehr als nur eine Auszeichnung, betont Achleitner: Er erhöhe die Sichtbarkeit in der Branche und öffne Türen. Die Seriosität, die durch so eine Auszeichnung dokumentiert wird, helfe gerade jungen Technologieunternehmen beim Markteintritt.
Auf der Messe „K“ in Düsseldorf im Oktober – der weltweit größten Fachmesse der Kunststoffindustrie – will das Team die Früchte seiner jahrelangen Entwicklungsarbeit ernten. Bei Engel Austria wird Moldsonics mit drei Exponaten vertreten sein und seine Technologie an laufenden Maschinen demonstrieren können.
Darüber hinaus sollen in den nächsten Jahren die drei bestehenden Produkte – Verschleißmessung und zwei Lösungen für das Spritzgießen – verbessert werden. Gleichzeitig arbeitet das Team an der Expansion in die Metallgussindustrie, wo erste Pilotprojekte laufen.
Mitterlehner und Praher haben bewiesen, dass aus jahrelanger Grundlagenforschung ein gutes Geschäft entstehen kann. Ihre Ultraschalltechnologie macht Produktionsprozesse transparenter, effizienter und nachhaltiger. In einer Industrie, in der jede Sekunde Stillstand bares Geld kostet und jede nicht recycelte Tonne Kunststoff eine verpasste Chance für die Kreislaufwirtschaft darstellt, könnte ihre Innovation zum Gamechanger werden. Mitterlehner: „Unsere Kunden arbeiten unter strengen Vorschriften. Die Sensorik der Maschinen muss einfach funktionieren – rund um die Uhr und für mehrere Jahre. Dafür wollen wir ein verlässlicher Partner sein.“
Foto: Christian Huber