MOBILITÄT ALS QUINTESSENZ

Die Lage in unseren Städten ist ernst: Wir gehen unter in Asphalt und Autolärm während die Co2- Werte in den Himmel schießen. Allen ist klar, Eine Lösung muss her, doch was ist der richtige Ansatz? Mobilitäts- Forscherinnen wie Katja Schechtner und Verkehrsplaner wie Günter Emberger arbeiten daran gute Städte zu Besseren zu machen. Dabei spielen Innovation, Zukunftsfähigkeit und der Blick über den Tellerrand eine wichtige Rolle.

Forbes DACH ist strategischer Partner von tuw.media. Redakteurin Chloé Lau sprach beim digitalen Inaugurationsevent des neuen Wissenschaftsmagazins der Technischen Universität Wien mit Katja Schechtner und Günther Emberger über Mobilität und smarte Städte. Für mehr spannende Artikel und Interviews zum Thema Mobilität und Technik besuchen sie doch die Website www.tuw.media.

 

Was ist das Ziel bei der Entwicklung von Städten?

Eine ideale Stadt interagiert mit ihren Bewohnern und ihren Bedürfnissen. Diese kreiert dabei Grundlagen für ein Gemeinsames miteinander, in denen die Menschen vernetzt zusammenarbeiten können. Ein simples Beispiel dafür sind die Batterien in Elektroautos, dort können wir Energie speichern, wenn diese gerade nicht gebraucht wird, und relativ einfach abgeben, wenn Gebäude Elektrizität benötigen. Ein weiterer wichtiger Punkt ist der sparsame Umgang mit  Ressourcen. Eine ideale Stadt versucht zum einen, den Stromverbrauch so gering wie möglich zu halten, ohne dabei auf wichtige Bereiche wie Heizen und Kühlen verzichten zu müssen, und zum anderen aber auch den Platz der ihr zur Verfügung steht, gut und effizient zu nützen.

Wie kann Mobilität als ein Schlüssel für bessere Städte agieren?

Autos in Städten haben einen schlechten Ruf.. Sie brauchen Ressourcen und sind für die Bodenversiegelungen, Lärm und Dreck verantwortlich. Car Sharing kann eine gute Alternative für den individuellen Autoverkehr sein, somit können viele Kraftfahrzeuge welche sonst nur auf Parkplätzen stehe würden, abgeschafft und gegen öffentlich zugängliche Autos ersetzt werden.Natürlich spielt hierbei auch der Treibstoff eine wichtige Rolle. Elektromotoren sind dabei die Traumvorstellung, weil sie weniger Lärm und Schmutz bedeuten und außerdem eine geringere Belastung für die Umwelt sind. Am Wichtigsten ist jedoch der Mix aus Individualverkehr wie Autos und Fahrräder und dem öffentlicher Verkehr. Dieses Zusammenspiel soll für jede Stadt individuell angepasst werden und auf die Kultur und Bedürfnisse der Menschen, aber auch auf die Umgebung und geologischen Gegebenheiten Rücksicht nehmen.

Katja Schechtner studierte Architektur und Stadtplanung an der TU Wien. Heute ist die Mobilitäts- und Stadtforscherin für das MIT Media Lab.

Wie sieht es denn mit der automatisierten Mobilität aus? Welche Rolle spielt diese bei der Entwicklung von Städten?

Das Sammeln von Daten rund um die Mobilität in Städten ist ausgesprochen wichtig um diese möglichst effizient nutzen zu können. Zu wissen, wo und wann Ressourcen wie Autos und Fahrräder aber auch Rettungswagen gebraucht werden, macht einen großen Unterschied in der Verteilung des Verkehrsraumes.

Wie wichtig sind die Fußgänger für den Verkehr einer Stadt?

Ein Fußgänger ist vor allem für die lokale Wirtschaft ausgesprochen wichtig, er ist derjenige, der sich auf den Straßen bewegt, um Einkäufe zu tätigen und Zeit an der frischen Luft und auf den Verkehrsflächen zu verbringen. Wenn man sich jedoch heute große Städte anschaut, wurde hier bei der Planung des öffentlichen Raumes nicht der Mensch, sondern das Auto in den Mittelpunkt gestellt. Im Idealfall sollten die Bauordnungen und die Straßenverkehrsregeln dem Menschen untergeordnet sein. Als ersten Schritt müssten vor allem Oberflächen Parkplätze auf der Straße verschwinden. Der Platz, den diese verbrauchen, könnte als Begegnungsraum für Menschen, zum Zusammenkommen und Kommunizieren genutzt werden. Es konnte in Lissabon gezeigt werden, dass die Reduzierung der Autos um 97% eine Verkürzung der Fahrzeit für alle Bewohner der Stadt hervorruft. Mit nur 3% der Autos kann man jeden Ort innerhalb der Stadt in weniger als 30 Minuten erreichen. So hat man nicht nur mehr Platz für Parks, Lokale und Begegnungszonen, sondern man kann auch die Co2 Emissionen stark reduzieren.

Was macht eine 15 Minuten Stadt aus und halten Sie das für eine gute Idee?

Das Konzept einer 15 Minuten Stadt, also innerhalb einer kurzen Zeit alle wichtigen Orten des Lebens erreichen zu können, ist grundsätzlich ein gutes. Allerdings muss man auch vorsichtig sein, um so genannte „Closed Communities“ zu vermeiden. Sprich eine Stadt soll als ein Ganzes betrachtet werden. Dafür müssen die Menschen aus verschiedenen Bezirken, Gegenden und Lebensumständen zusammenarbeiten können, weshalb eine gute  Infrastruktur und Verkehrsnetze gebaut werden sollten.

Günter Emberger ist Forschungsbereichsleiter des Bereichs Verkehrsplanung an der TU Wien.

Wie schaut unsere Verkehrssituation in Europa im Vergleich zu anderen Städten der Welt aus?

Wenn man sich die Treibhausemissionen anschaut, dann merkt man schnell das wir in Europa ein großes Problem haben.Trotz der erschreckend hohen Co2 Werte, haben wir bisher noch keine funktionierende Lösung für dieses Problem gefunden, obwohl Lösungsansätze vielleicht in anderen Ländern zu finden wären. Ein Blick über den Tellerrand verrät, dass die wendigen, kleinen und leichten Rikschas aus Südamerika, eine realistische Alternative für den individuellen Autoverkehr sein könnten. Offen gesagt werden die meisten Wiener ihr Auto nicht so einfach gegen eine Rikscha eintauschen wollen. Hier musst der richtige Ansatz gefunden werden um die Dreirädrigen Fahrzeuge Schritt für Schritt in unsere Kultur zu integrieren, damit sie irgendwann in das Bild des Österreichischen Straßenverkehrs passen. Das Ziel den Autoverkehr in Wien auf 15% zu reduzieren, wird sonst nie in Erfüllung gehen.

Wie wichtig ist es eine nationale oder vielleicht sogar Internationale Lösung für den verkehrsbedingten Co2 Ausstoß zu finden?

Man kann auch relativ gut vor Ort Entscheidungen treffen und braucht nicht immer eine übernationale Lösung für alles. Natürlich wäre es schön wenn die gesamte EU am selben Strang zieht und eine ähnliche Verkehrspolitik fährt, aber dies würde meistens schon alleine wegen des bürokratischen Aufwandes zu lange dauern. Wichtiger ist es schneller zu reagieren und Lösungen für die einzelnen Orte zu finden und so spezifisch Probleme lösen zu können. In Österreich sind wir, denke ich, selbst in der Lage Fußgängerzonen und andere Verkehrsräume zu schaffen ohne auf eine Erlaubnis von „oben“ warten zu müssen.

Wenn wir jetzt isoliert Wien betrachten. Was machen wir bereits gut und in welchen Bereichen könnten wir uns vielleicht verbessern?

Wir haben in Wien, aufgrund des frühen Baus eines Straßenbahnnetzes, Glück gehabt. Selbst als die Autoindustrie begonnen hat zu boomen, hat Wien immer noch an den öffentlichen Verkehrsmittel festgehalten und diese weiter ausgebaut. Heute haben wir eines der dichtesten Netze weltweit. So hat Wien von Anfang an bei dem Bau der Infrastruktur nie das Auto in den Mittelpunkt gestellt, sondern stattdessen Bauprojekte wie den Gürtel zu einer Autobahn zu machen verhindert. Heute haben wir das 365 Tage Ticket, wo man mit einem Euro pro Tag jede Linie so oft man will benutzten kann. International gesehen ist das ein Service, welches keine andere Großstadt hat. Auf der anderen Seite kann man beobachten wie Wien mittlerweile von anderen Städten links und recht überholt wird. Barcelona baut Superblocks, in denen Häusergruppen nach innen gekehrt errichtet werden um Autoverkehr zu vermeiden, Paris wandelt nach und nach die Stadtautobahnen zu „Strände in der Stadt“ um und natürlich Amsterdam, wo auf den Radverkehr statt auf Autos gesetzt wird. London hat zum Beispiel eine Stadt Maut eingerichtet, was auch für Wien einfach umsetzbar wäre.

Forbes DACH ist strategischer Partner von tuw.media. Redakteurin Chloé Lau sprach beim digitalen Inaugurationsevent des neuen Wissenschaftsmagazins der Technischen Universität Wien mit Katja Schechtner und Günther Emberger über Mobilität und smarte Städte. Für mehr spannende Artikel und Interviews zum Thema Mobilität und Technik besuchen sie doch die Website www.tuw.media.

Foto: David Višnjić
Transkript: Lela Thun

 

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