Mobilität ist immer in der
Beta-Phase

Als im November 2019 die viel beachtete internationale Ausstellung „Cars: Accelerating The Modern World“ in London eröffnete, waren sich Besucher*innen und Expert*innen einig: Die Verkehrswende hat endlich begonnen – nicht nur in Köpfen oder auf Papier.

Ein Abschied von der Ära der Automobilität und der gleichzeitige Aufbruch in das Zeitalter der Multimobilität. Erlebbar, auf europäischen Straßen. Geteilte und elektrifizierte Mobilitätsangebote wie MOIA in Hamburg, umgesetzte Konzepte für grüne Fahrradstraßen in den Niederlanden, komplett autofreie Zonen in Paris, deutsche Start-ups, die bei der Eroberung der Lufttaxi-Branche eine entscheidende Rolle spielen. Doch plötzlich und inmitten seiner wichtigsten Transformationsphase – angetrieben durch die Digitalisierung und neuen Wettbewerb aus Asien und den USA – ist Deutschlands relevantester Wirtschaftszweig verletzlicher als je zuvor. Die Coronapandemie stellte mehr als 850.000 Arbeitsplätze unter das Brennglas des Virus. Mittlerweile meldet sich die deutsche Wirtschaft auf den Kommandohöhen der Weltwirtschaft zurück. Und klar ist: Mobilität ist ein zentraler Bestandteil unseres Lebens. Das „Sich-bewegen-Dürfen“ wichtiger als je zuvor. Klar ist auch: Mobilität ist immer in der Beta-Phase. Vor 50 Jahren und in 50 Jahren. Dies sind die fünf relevanten Entwicklungen, die auf uns zukommen:

1. Gesunde, nachhaltige Mobilität: Der Druck, ökologisch und nachhaltig zu handeln nimmt zu. „E-Mobility“ ist in erster Linie Ausdruck einer gesamtgesellschaftlichen Notwendigkeit. Klimawandel und hohe Schadstoffwerte machen eine breit angelegte Elektrifizierung unerlässlich.

2. Teilen statt Besitzen: Sharing ist ein Lebensgefühl unserer Zeit. Regional und lokal haben sich viele erfolgreiche Plattformen etabliert, gerade im Bereich Mobilität. Es ist ein neues Spiel – jung, urban, unkonventionell. Und auch ein Spiel mit der etablierten Automobilbranche.

Anja Hendel
...ist studierte Wirtschaftsinformatikerin und verstärkt seit 2020 das digitale Dienstleistungsunternehmen Diconium in der Geschäftsführung als Managing Director. Zuvor war Hendel für die Porsche AG, Capgemini und McKesson Europe AG tätig.

3. Echtzeit-Vernetzung: Autos, die permanent mit ihrer Umwelt und miteinander kommunizieren, sind nur ein Teilbereich der voll vernetzten Welt, die uns erwartet. Der neue Mobilfunkstandard 5G kann die Automobil-Branche in ein neues Zeitalter katapultieren. Die Hoffnung: Eine Echtzeit-Vernetzung von Dingen, Daten und Menschen un dieLebensqualität in Städten deutlich zu verbessern.

4. Team Mensch-Maschine: Die Frage, ob Fahrzeuge in naher oder fernerer Zukunft noch einen (menschlichen) Fahrer benötigen, genügt nicht. Es geht vielmehr ganz grundsätzlich um die künftige Zusammenarbeit zwischen Mensch und Maschine, um die Arbeitsteilung in einer zunehmend automatisierten Welt, aber auch um Sicherheit, Vertrauen und um Verantwortung.

5. Software UND Hardware: Die Differenzierung im Wettbewerb erfolgt künftig nicht mehr über die klassische Fahrzeug-Hardware, sondern über digitale Kundenerlebnisse angetrieben von fortschrittlicher Elektronik. Software wird für die Branche zum wichtigsten Treiber von Innovation. Das Auto wird vermutlich das komplexeste digitale Produkt der Welt sein. Wir haben viel vor. Packen wir es gemeinsam an um die Welt sicherer und besser zu machen.

Gastkommentar: Anja Hendel
Opinions expressed by Forbes Contributors are their own.

Dieser Gastkommentar erschien in unserer Ausgabe 6–21 zum Thema „NEXT“.

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