Paradigmenwechsel im Bargeldland Österreich

Ein Gastkommentar von Christian Pirkner, CEO der Blue Code International AG.

Lange prophezeit, durch Covid-19 Teil der neuen Normalität: Erstmals wurde in Österreich während der Krise wertmäßig genauso viel kontaktlos bezahlt wie bar. Davor war die Cash-Quote im Bargeldland Österreich bei rund 75-80% relativ konstant. Neben Geschwindigkeit, Einfachheit und Datenschutz sind an der Kasse nun Hygiene und Sicherheit als neue Schlüsselfaktoren hinzugekommen – und haben den Paradigmenwechsel im Zahlungsverhalten eingeläutet.

Neben Nahfeldkommunikation(NFC)-Kartenzahlungen konnte auch Mobile Payment, also das Bezahlen per Smartphone-App, davon profitieren, da man bei beiden Vorgängen keine Bezahlterminals berühren muss. Das zeigen Umfragen in Deutschland: Laut EHI Retail Institute und POS Pulse präferieren schon mehr als acht Prozent der Befragten die mobilen Zahlungsvarianten. Ein beachtlicher Wert, wenn man bedenkt, dass Mobile Payment in Österreich und Deutschland relativ wenig verbreitet ist und viele noch nicht wissen, dass ihr Handy auch als digitale Geldbörse dient.

Christian Pirkner
... ist Start-up-Entrepreneur und derzeit CEO der Blue Code International AG, Anbieter der paneuropäischen Mobile-Payment-Lösung Bluecode. Zuvor lebte er im Silicon Valley, wo er seine beiden Start-ups im Bereich digitale Medienerkennung, Musik-Playlisting und Video-Distribution mit Kunden wie Microsoft, Apple, Sony, Shazam und Netflix erfolgreich aufbaute. Zudem arbeitet Pirkner als Mentor und Investor mit Start-ups in verschiedenen Ländern zusammen.

Die Frage ist nun, wie sich dieser Trend auf unser künftiges Bezahlverhalten auswirken wird. Ist der „Berührungslos-Boom“ gekommen, um zu bleiben? Wenn man den Analysten glaubt, wird dieser Umbruch ein nachhaltiger sein: Eine bevölkerungsrepräsentative Umfrage des Gallup Instituts und der WU Wien zeigte, dass 35% der Bevölkerung auch nach der Krise häufiger auf Bargeld verzichten möchten. Zudem wünscht sich ein hoher Anteil in den älteren Altersgruppen die Beibehaltung des erhöhten 50-Euro-Kontaktloslimits. Die Akzeptanz elektronischer Zahlungsmittel wird also auch unter den Bargeld-Verfechtern weiter steigen. Speziell Mobile Payment wird dabei eine große Zukunft vorausgesagt: Schon vor Corona ergab der letzte ‚Mobile Payment Report‘ des Beratungshauses PwC, dass in den nächsten fünf Jahren fast zwei Drittel der befragten Österreicher mobiles Bezahlen nutzen wollen. Dieser Trend wird durch Covid-19 sicherlich verstärkt.

Denn die Vorteile liegen auf der Hand: Die Handy-Geldbörse hat man fürs berührungslose Bezahlen immer dabei und Bezahl-Apps werden zunehmend zu umfassenden Lifestyle-Apps, wie es Alipay und WeChat Pay vorzeigen. Neben Einkäufen im Geschäft, in Onlineshops und an Automaten wird man damit auch die Kundenkarten und Loyaltyprogramme der Händler verwalten oder digitale Tickets der öffentlichen Verkehrsmittel und Hotels buchen können. Einfach, weil es sehr benutzerfreundlich ist. Für den Handel bedeuten mehr Kontaktlos-Zahlungen auch weniger Kosten und Fehler im Bargeld-Handling. Zudem werden die „Instant Payments“ – Echtzeitbuchungen vom Girokonto des Kunden ohne Verzögerung eines Banktages – bald dafür sorgen, dass Händler noch schneller ihre Umsätze erhalten. Europäisch denkende Banken können wiederum ihre Banking-Apps durch die mobile Zahlungsfunktion stärken, um verlorenes Terrain gegenüber Apple Pay und Google Pay aufzuholen, und so Erträge im mobilen Zahlungsverkehr sichern. Solange Corona unser Leben begleitet und darüber hinaus wird es beim Bezahlen also immer öfter heißen: „Mit dem Handy, bitte!“.

Gastkommentar: Christian Pirkner

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