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Er gilt als der zentrale Mann im Umfeld zahlreicher Skandale der letzten Jahrzehnte. Peter Hochegger war einst ein erfolgreicher Agenturbetreiber und Lobbyist, bevor er über die Vergabe der BUWOG-Wohnungen stolperte und Politiker wie Wirtschaftsbosse mit sich riss. Jetzt hat er ein Enthüllungsbuch geschrieben, das einen bezeichnenden Blick auf die Verflechtung von Politik, Wirtschaft, Medien und Lobbyisten wirft.
Verhaberung und Freundlerwirtschaft zu neuen Höhen geführt
Die Schattenrepublik lässt den Leser zumeist fassungslos zurück, selbst wenn gelernte Österreicher wissen, dass die „Freunderlwirtschaft“ in Österreich weit fortgeschritten ist. Allerdings erreicht der Filz, den Hochegger in seinem Buch beschreibt, nie zuvor gekannte Höhen.
Dabei ist die Öffentlichkeit spätestens seit dem Skandal rund um die Casinos Austria viel gewohnt. Trotzdem möchte der Staat das bestehende Monopol im Glücksspiel auch weiterhin nicht aufbrechen. Österreich plant hierzulande auch weiterhin, wie beim Thema Online Casino Schweiz zu agieren. Konkurrenz zum eigenen Unternehmen bleibt ausgesperrt, die Einflusssphären der Politik bestehen. Diese Sittenbild zieht sich auch durch das Buch.
„Unabhängige Vereine“ transportierten heikle Botschaften
Seine ersten Schritte unternahm der gelernte Unternehmensberater Peter Hochegger im Umfeld der Sekte „Scientology“. Diese sorgte nicht nur für seine „Ausbildung“, sondern brachte ihm und seinem Bruder auch die ersten Kunden. Doch Hochegger wandte sich schon bald von der Sekte ab und neuen Aufgaben zu. Er etablierte ein „System“, das sich viele Jahre lang als höchst erfolgreich erweisen sollte.
Hochegger erkannte schnell die Wichtigkeit von Kommunikation für Unternehmen und Politiker und erfand ein System, das es Medien erleichterte, positiv über ihm wichtige Inhalte zu berichten. Der PR-Berater gründete kurzerhand eine Reihe von Vereinen, die sich nach außen hin der Aufklärung über Gesundheitsthemen verschrieben hatten. Dazu engagierten sie anerkannte Experten, die gegen Bezahlung Gutachten zum gewünschten Thema lieferten. Diese basierten oft lediglich auf Umfragen, die von der Agentur Hocheggers durchgeführt wurden.
Die Ergebnisse verpackten die PR-Experten in Presseaussendungen, die in zahlreichen Medien großen Anklang fanden. Das Erstaunliche dabei war, dass Journalisten diese gut aufbereiteten „Umfragen und Analysen“ bereitwillig entgegennahmen und druckten. So wurde aus einem Kaffeeheißgetränk mit etwas weniger Zuckergehalt als die Konkurrenz ein gesundes Getränk. Stahlbetonbauten galten als gesundheitsgefährdend und Ziegelbauten als gesundheitsfördernd.
Zufall Hainburg
Damit begann eine Karriere, die Hochegger mitten in die Zirkel der höchsten Macht führte. Der erstaunte Leser erfährt so beispielsweise, dass der in Österreich legendäre „Aufstand“ der Zivilgesellschaft gegen den Bau des Donaukraftwerks Hainburg, lediglich das Abfallprodukt des Versuchs war, die Friedensbewegung von Waffenlieferungen der österreichischen Waffenindustrie abzulenken.
Dazu begann Hochegger, das Thema Umweltschutz in der Öffentlichkeit massiv zu fördern. Prompt sprangen jene Kreise von jungen Aktivisten auf das Thema an und stießen so eine zivilgesellschaftliche Bewegung an, die prompt die damalige Bundesregierung ins Wanken brachte. Das heikle Thema Waffenexporte war vergessen, die Kunden zufrieden.
Die Geburtsstunde der Grünen in Österreich sollte Hochegger noch weitere Aufträge einbringen. Denn mittlerweile zeigten sich andere politische Kreise besorgt über den Aufstieg der noch jungen Partei und wollten deren Einzug ins Parlament unbedingt verhindern. So gründete Hochegger eine neue Partei, deren einziges Ziel es war, dies zu verhindern. Deren prominente Spitzenkandidaten wussten zwar nichts von ihrer „Mission“, erreichten jedoch über Umwege das gewünschte Ziel.
Als Berater des Finanzministers am Höhepunkt der Macht
Doch die große Zeit des PR-Strategen sollte erst noch kommen. Mit dem Freund des ehemaligen österreichischen Finanzministers Karl-Heinz Grasser begann eine Zeit, in der Hochegger Einzug in höchste politische Kreise hielt. Walter Meischberger führte Peter Hochegger bis ins Zentrum der Macht. Dort begann ein kleiner Zirkel aus Verschworenen, die Republik für ihre Zwecke einzusetzen.
Als Kommunikationsberater des Telekom-Konzerns agierte Hochegger zunehmend wie ein Vorstand im Schatten. Er kreierte Images, „erfand“ Manager und leitete Ströme von Schwarzgeld in die gewünschten Kanäle. Diese zunehmend immer krimineller werdenden Aktivitäten fanden ihren Höhepunkt in der BUWOG-Affäre. Dabei manipulierten die späteren Angeklagten Grasser, Meischberger und Hochegger eine Ausschreibung zum Verkauf der Bundeswohnungen. Die Weitergabe der geheimen Angebote der Konkurrenz führte zum gewünschten Verkauf an den späteren „Bestbieter“. Dabei floss eine Provision in Höhe von 10 Millionen Euro.
Gerichtsverfahren, Verurteilung und Gefängnis
Im Zuge der gerichtlichen Aufarbeitung und jahrelanger Prozesse wurde Hochegger zu Gefängnis verurteilt. Sein Geständnis führte in der Folge dazu, dass erstmals in der österreichischen Geschichte ein Finanzminister ins Gefängnis gehen musste. Karl-Heinz Grasser sitzt seine Strafe derzeit ab und wartet darauf, ob er eine Fußfessel für den Rest der Zeit zugesprochen bekommt.
Hocheggers Buch kommt zu einem Zeitpunkt, an dem er auf den Antritt einer weiteren Gefängnisstrafe wartet. In „Die Schattenrepublik. Ein Lobbyist packt aus“ zeichnet er ein schonungsloses Bild einer korrupten Republik. Experten lassen sich gut für ihre Meinung bezahlen, Politiker fordern von Unternehmen die Finanzierung ihrer Wahlkämpfe und bieten Gegenleistungen, Ausschreibungen werden manipuliert.
Vorurteile und Klischees bestätigt
Hochegger zeigt anhand landesweit bekannter Beispiele, wie er seinen Einfluss einsetzte, um für seine Klienten das gewünschte Ziel zu erreichen. Medien, Unternehmen und Politiker spielten dabei schamlos mit. Die Korruption blühte auf und verschaffte ihren Mitspielern, Einfluss, Macht und Geld.
Heute gibt sich der gefallene PR-Star von einst als geläutert und bedauert seine damaligen Handlungen. Viele davon sind mittlerweile längst verjährt und werden voraussichtlich zu keinen weiteren juristischen Folgen führen. Doch „Die Schattenrepublik. Ein Lobbyist packt aus“ bestätigt alle Vorurteile und Klischees, die die Bevölkerung ohnehin hat und kennt.
Zu einem Zeitpunkt, an dem das Image der Politik ohnehin am Boden liegt und die Wirtschaft um ihre Märkte kämpfen muss, zeigt das Buch einmal mehr, wie sehr demokratische Prozesse unterwandert und manipuliert werden. Denn Hochegger stellt in zahlreichen Interviews immer wieder fest, dass sich seiner Einschätzung nach, nicht viel geändert hat.