populistischer Kapitalist

Donald Trumps genialer Marketinginstinkt hat eine politische Bewegung ins Leben gerufen. Nun hat sein politischer Stil ein eher archaisches Geschäftsmodell inspiriert – und niemand verkörpert die kraftvolle Marke des muskulösen Populismus besser als der kämpferische CEO der Ultimate Fighting Championship, Dana White.

Wenn Dana White aus dem Tunnel der T-Mobile Arena für die UFC 310 (Ultimate Fighting Championship) in Las Vegas kommt, wird er wie ein Mixed-Martial-Arts-Champion begrüßt – und nicht wie der Anzugträger, der ihn bezahlt. Fans rufen seinen Namen, geben High Fives und beugen sich für Selfies vor. „Du bist der großartigste Mann der Welt“, sagt einer zu ihm, nachdem er ein Foto geschossen hat. Der 55-jährige CEO der Ultimate Fighting Championship nimmt es gelassen. „Vielen Dank, dass Sie unserem Präsidenten helfen“, sagt ein anderer. „Nicht wahr?“, antwortet White. „Gott sei Dank haben wir gewonnen.“

In den letzten zwei Jahrzehnten hat White Mixed Martial Arts (MMA) zu einem ­globalen Phänomen und damit auch seine UFC zu ­einem Giganten gemacht, der im vergangenen Jahr ­einen geschätzten Umsatz von 1,3 Mrd. US-$ ­erwirtschaftete – mit atemberaubenden Margen (EBITDA) von fast 60 %. Dabei wurde er be­rühmter als jeder Kämpfer, der in sein Oktagon gestiegen ist, und hat ein Vermögen angehäuft, das Forbes auf über 600 Mio. US-$ schätzt. „Die Leute fragen mich ständig: ‚Konnten Sie sich das jemals vorstellen? Hätten Sie jemals gedacht, dass es so groß wird?‘“, erzählt White Forbes. „Und die Antwort ist immer: Ja!“

White nutzte diesen Ruhm, der sich auf eine große Gruppe junger, politisch phlegmatischer Männer konzentrierte, um Donald Trumps Wahlsieg 2024 zu unterstützen. Zunächst verschaffte er Trump popkulturelle Unterstützung, als dies nur wenige andere taten: Nachdem Trump sein Amt inmitten der Unruhen vom 6. Januar ver­lassen hatte, sah man die beiden oft Seite an Seite bei UFC-Ringgängen; erneut nach der Anklage wegen Wahlbeeinflussung im Jahr 2023 und auch während des Präsidentschaftswahlkampfs im letzten Jahr. Er koordinierte zudem Trumps Auftritte in zahlreichen Podcasts mit vielen Männern; vor allem mit dem langjährigen UFC-Kommentator Joe Rogan. Diese Kombination bildete das Rückgrat für die Mobili­sierung einer Bevölkerungsgruppe, die sonst gegen Maßnahmen zur Förderung der Wahlbeteiligung resistent ist, und übertraf damit die Wirkung traditioneller Hollywood-Stars, die Kamala Harris unterstützten.

THE FIGHT STUFF
Seitdem Dana White 2001 die Präsidentschaft übernommen hat, hat sich die UFC zum größten Pay-per-View-Anbieter der Welt entwickelt. Wie die größten Kämpfe der UFC im Vergleich zu den größten Boxkämpfen in dieser Zeit aussehen:
(Quelle: Eigenrecherche)

Hier spielt noch etwas Größeres eine Rolle: Trumps genialer Marketinginstinkt – seine Fähigkeit, Narrative und Nachrichtenzyklen zu dominieren, einfach, konsistent und ungeachtet lästiger Fakten und Nuancen zu sprechen – ließ sich in der Politik sogar noch besser umsetzen als in der Wirtschaft. White hat auch bewiesen, wie das umgekehrt funktioniert: Die Anti-Establishment-Normen der Trump-Ära, die Kampfgeist und Stammesdenken belohnen, Tabus zelebrieren und persönliche Skandale ignorieren, stellen ein aufstrebendes Geschäftsmodell dar. Man sieht es auch an Elon Musks vielfach nachgeahmter Transformation, an den Meme-Aktien und digitalen Token, die jeder Logik trotzen, an der Akzeptanz von Social-Media-Influencern, Podcastern und anderen direkten Wegen, ein riesiges Publikum anzusprechen.

Nennen wir es populistischen Kapitalismus – und niemand verkörpert ihn besser als White, ein selbst ernannter „Gemäßigter“, der sich zu einer leicht linken Tendenz bekennt und dessen Clan-Gesinnung dieser ­Entwicklung ­voraus war. „Wir sind alle einander gegenüber äußerst loyal“, so White über seinen inneren Kreis. „Wenn ich kämpfen würde, würde ich den Kerl mit mir im Schützengraben haben wollen“, sagt Ari ­Emanuel, Vorstandsvorsitzender und CEO der UFC-Muttergesellschaft TKO Group Holdings, über White. „Und ich weiß, er wäre da.“

Diese Geschäftsformel – „Wir gegen den Rest der Welt“ – hat White in den Mainstream gebracht. Die UFC ist in Amerika mittlerweile größer als Golf oder Eishockey, ob gemessen an den Fernseheinnahmen oder der kulturellen ­Resonanz. Im Januar holte Mark Zuckerberg, im vollen Maga-Modus, White in den Vorstand von Meta; sicherlich wegen seiner Medienpräsenz, aber auch wegen seines Zugangs zu den höchsten Ebenen der Macht und der vermeintlichen Loyalität der Regierenden des Landes ihm gegenüber. Schließlich saß White bei Trumps zweiter Amtseinführung direkt hinter George W. Bush und Barack Obama – und vor mehreren Staatsoberhäuptern. White scheut sich nicht, seine Verbindungen zur Schau zu stellen: Während er sich in Las Vegas in der Kampfarena in der ersten Reihe niederlässt, blickt er auf sein vibrierendes Telefon und strahlt. Anschließend liest er die empfangene Nachricht laut vor, wobei er den Namen des Absenders aus dramatischen Gründen bis zum Schluss zurückhält:

„Ich fliege mit einer brandneuen Gulfstream 650 mit 9,2 Meilen über den Atlantik aus Frankreich, wo ich bei der Wiedereröffnung der wunderschönen Kathedrale Notre-Dame anwesend war und Nachricht von der UFC bekam“, heißt es in der SMS. „Das ist die gute Nachricht. Die schlechte Nachricht ist, dass dieses Flugzeug keinen ­Fernseher hat. Daher kann ich Ihre großartigen Kämpfe heute Abend nicht sehen, und das freut mich nicht. Ich bin sehr verwöhnt und gehe davon aus, dass alle Flugzeuge mit hochwertigen Fernsehern ausgestattet sind, aber wenn man darüber nachdenkt, gibt es derzeit viel größere Probleme auf der Welt, die gelöst werden müssen. Ich werde mir den nächsten Kampf ansehen. Grüß Joe Rogan von mir! Donald J. Trump.“

Um einen klaren Eindruck von Whites Geschäftsstil zu bekommen, muss man nur in den High-Roller-Raum des Fontainebleau-Hotels in Las Vegas am Abend vor der UFC 310 schauen. White nimmt an einem Baccara-Tisch Platz und verlangt Chips im Wert von einer Mio. US-$. Eine Menge drängt sich Schulter an Schulter und drei verschiedene Kamerateams kämpfen um die besten Positionen, um White beim Spielen ­zuzusehen. Seine markante Figur und sein kahler Kopf sind zwischen den jungen Youtubern, die zu beiden Seiten von ihm sitzen, unverkennbar.

Einst ein unersättlicher Blackjack-­Spieler, behauptet White nun, er habe gelernt, Muster auf einem Baccara-Brett zu erkennen. Das ist natürlich Wunschdenken – wie Roulette ist auch Baccara im Grunde ein Glücksspiel, bei dem jede Hand ein unvorhersehbares Ergebnis liefert. Das Erkennen von Mustern macht genauso viel Sinn wie der Glaube, dass eine Münze Kopf zeigen wird, nur weil sie fünfmal in Folge auf Zahl fiel. Aber in einer Welt der Meme-Aktien und Meme-Münzen siegt Überzeugung über Logik – und so setzt White den maximal erlaubten Einsatz von 300.000 US-$ auf sechs aufeinander­folgende Wetten – und gewinnt fünf davon. „Das sind 1,1 Millionen Dollar für mich“, sagt er und steht lässig auf. „Ich bin raus.“

Diese hochtrabende Show erklärt, warum die UFC überlebt hat und floriert. Die ersten Kämpfe der 1993 von Art Davie, Rorion Gracie und Bob Meyrowitz gegründeten UFC waren ­blutrünstige Schlägereien ohne Kampfrichter, Gewichts­klassen oder Zeitlimits. Bei UFC 1 landeten fünf der acht Teilnehmer im Krankenhaus, einer ließ seine Zähne im Publikum zurück. Senator John McCain bezeichnete den Sport 1996 als „menschlichen Hahnenkampf“ und führte eine ­Kampagne an, die dazu führte, dass Dutzende von Bundesstaaten und mehrere Pay-per-View-Anbieter die UFC verboten, und das Unternehmen an den Rand des Bankrotts brachte.

Doch White, ein Studienabbrecher, der Boxstudios in der Umgebung von Las Vegas ­betrieb und einige UFC-Kämpfer managte, sah eine Chance. Er schlug zwei ehemaligen Highschool-Klassenkameraden, Lorenzo und Frank Fertitta – den milliardenschweren Erben des ­Station-Casino-Vermögens –, mit denen er Jiu-Jitsu trainierte, eine Investition vor. Im Januar 2001 schlossen die Brüder einen Deal zur Übernahme der UFC für zwei Mio. US-$ ab, der White einen Anteil von 10 % einbrachte und ihn zum Präsidenten machte.

„Damals war das, glaube ich, eine ziemlich umstrittene Entscheidung, da Dana noch nie ein Unternehmen geführt hatte“, sagt Lorenzo Fertitta, der laut Forbes-Schätzungen 3,1 Mrd. US-$ schwer ist. „Aber er hatte diesen unglaublichen Antrieb – er ist so ehrgeizig, dass er buchstäblich durch eine Wand rennen würde, um etwas zum Laufen zu bringen. Hätten mein Bruder und ich gesagt: ‚Wir holen uns dafür einen Harvard-MBA‘, wären wir erledigt gewesen“, fügt er hinzu.

Pornos gab es im Pay-per-View, aber die Ultimate Fighting Championship war nicht erlaubt.

Dana White

Mit den Fertittas begann White, ein Spielchen umzusetzen, das heute vertraut wirkt: Man nehme etwas Populäres, aber Unappetitliches, und nutze alternative Kanäle, um es zu promoten und in den Mainstream zu bringen. Sein Ziel war es, etwas zu schaffen, das es im Kampfsport noch nie gegeben hatte: eine Marke ähnlich der NBA oder NFL, der die Fans unabhängig von den einzelnen Kämpfern vertrauen konnten.

Das wiedergeborene Unternehmen fand in Trump einen frühen Verbündeten, der die ersten beiden UFC-Events des neuen Teams in ­seinem Taj-Mahal-Hotel in Atlantic City, New Jersey, ausrichtete. Doch die Sender waren weiterhin von der brutalen Gewalt im MMA abgestoßen. „Pornos gab es im Pay-per-View“, sagt White ungläubig, „aber die UFC war nicht erlaubt.“ Er begann mit dem erfahrenen ­Fernsehproduzenten Craig Piligian zusammenzuarbeiten, um eine ­Realityshow zu entwickeln, die als „Trojanisches Pferd“ dienen sollte, um MMA ins Fernsehen zu bringen. Nach zahlreichen Absagen stimmte Spike TV der Ausstrahlung der Sendung zu, allerdings nur unter der Bedingung, dass die UFC die Produktionskosten von rund zehn Mio. US-$ pro Staffel übernahm. Die Fertittas, die bereits über 30 Mio. US-$ in das Unternehmen investiert hatten, ohne viel dafür zu bekommen, willigten ein, ein letztes Risiko einzugehen.

„The Ultimate Fighter“ feierte 2005 ­Premiere und wurde sofort zum Quotenhit – und da die UFC die vollen Rechte behielt, waren die ­Verlängerung der Show um weitere Staffeln und die Live-Übertragung der UFC-Events ein voller Erfolg. Die Show markierte auch einen Wendepunkt für White, der die „großartigste Rede einer Reality-TV-Show“ hielt, wie Piligian es nannte: eine Tirade voller Schimpfwörter, in der er die Kandidaten fragte: „Wollt ihr Kämpfer werden?“

Wie andere Reality-TV-Stars dieser Zeit – darunter Trump in „The Apprentice“ – genoss White die Aufmerksamkeit, die er durch unerhörte Äußerungen vor laufender Kamera erhielt. Als früher Twitter-Nutzer war er auch dafür bekannt, sich online mit seinen Fans zu messen.

White erhielt bei der Amtseinführung von Präsident Trump einen Ehrenplatz – direkt hinter ehemaligen Präsidenten und vor dem LVMH-Vorsitzenden Bernard Arnault.

2010 wurde die UFC auf zwei Mrd. US-$ geschätzt, als sie einen zehnprozentigen Anteil an Scheich Tahnoun bin Zayed Al Nahyan, den Sohn eines der reichsten Männer Abu Dhabis, verkaufte. Im folgenden Jahr schloss die UFC einen lukrativen neuen Übertragungsvertrag mit Fox ab und die Fertittas erhielten bald Angebote, die zu groß waren, um sie zu ignorieren. 2016 verkauften die Brüder die UFC für über vier Mrd. US-$ an WME-IMG (heute: Endeavor). Whites Anteil: 360 Mio. US-$ vor Steuern.

Ari Emanuel, sowohl CEO von Endeavor als auch Whites ehemaliger Agent, wollte, dass White nach dem Verkauf blieb, und versprach, dass er das Geschäft nach eigenem Ermessen weiter­führen könne. Das lohnte sich 2020, als die CoronaPandemie die Sportwelt lahmlegte.

White war risikobereit und den Covid-­Beschränkungen gegenüber skeptisch. Er sah ­keinen Grund, warum er nicht schon wenige ­Wochen nach Beginn der Pandemie Kampfnächte in einer UFC-eigenen Anlage in Las Vegas veranstalten könnte – ohne Zuschauer und mit Einhaltung der Abstandsregeln. Nevadas demokratischer Gouverneur Steve Sisolak machte den Plan zunichte: Das vergaß White nie. „Wenn man sich mit ihm anlegt“, sagt der ehemalige UFC-Champion Forrest Griffin, der heute als Vizepräsident für Athletenentwicklung für das Unternehmen arbeitet, „ist das verbrannte Erde. Er wird einen ausbrennen.“ Im darauffolgenden Wahlzyklus unterstützte er Sisolaks Gegner, den ­Republikaner Joe Lombardo, und spendete ihm Geld. Dieser ­gewann knapp.

In der Zwischenzeit fand White in Florida und Abu Dhabi Austragungsorte, die es ihm ermöglichten, ab Mai 2020 UFC-Veranstaltungen abzuhalten. Als erste Sportart, die wieder Live-Events ausrichtete, erhöhte die Ultimate Fighting Championship ihre Sichtbarkeit und wurde zu einem Vorreiter unter den Konservativen. „Ich bin nicht der Typ, der sich einfach zu Hause versteckt“, sagt White. „Wir haben unser Geschäft während der Covid-­Pandemie am Laufen gehalten. Jeder wurde bezahlt, wir haben alle Verträge eingehalten – und unser Geschäft ist um unglaubliche 77 % gewachsen.“

Als Endeavor 2023 World Wrestling Entertainment mit der UFC zur börsennotierten TKO Group Holdings fusionierte, wurde die UFC mit 12,1 Mrd. US-$ bewertet. (White hält Anteile an dem fusionierten Unternehmen.)

Ich will mit meinen Sponsoren auf einer Linie sein – und durch Covid habe ich herausgefunden, mit wem ich auf einer Linie war und mit wem nicht.

Dana White

Jetzt werden Fernsehsender und Streamer ihren eigenen Kampf um die Übertragung der UFC führen. Ein 2019 unterzeichneter Vertrag mit ESPN bringt dem Unternehmen jährlich 300 Mio. US-$ für die Programmgestaltung und weitere geschätzte 260 Mio. US-$ für Pay-per-View-Rechte ein. Analysten sagen voraus, dass der nächste Deal, der Berichten zufolge konkurrierende Interessenten wie Warner Bros. Discovery und Netflix geweckt hat, zusammen 900 Mio. US-$ jährlich einbringen könnte, mehr als die ­Jahreseinnahmen der NHL und der PGA-Tour. Darüber hinaus verdient die UFC jährlich über 400 Mio. US-$ mit Sponsoring, Live-Events und Lizenzen. Mit 755 Mio. US-$ EBITDA bei 1,3 Mrd. US-$ Umsatz im Jahr 2023 ist sie erstaunlich profitabel.

Derweil pflegt White weiterhin sein kämpferisches Image für die UFC. Es ist schwer vorstellbar, dass das Unternehmen ohne ihn das Zehn­fache seines normalen Veranstaltungsbudgets ausgegeben hätte, um dieses Sportereignis im hoch­modernen „Sphere“ in Las Vegas auszurichten. Und ohne White wäre man der Aufforderung eines Großsponsors gefolgt und hätte einen Trump-unterstützenden Social-Media-Beitrag gelöscht. Wie ein Oktagon-Veteran kennt White keine andere Taktik als den Angriff: „Ich bin an einem Punkt in meinem Leben und meiner Karriere angelangt, an dem ich mit meinen Sponsoren auf einer Linie sein möchte“, sagt er. „Und durch Covid habe ich herausgefunden, mit wem ich auf einer Linie bin und mit wem nicht.“

Im populistischen Kapitalismus, das sei ­erwähnt, steht Ideologie hinter Loyalität: Ende 2023 unterzeichnete White mit Bud Light einen Sponsorenvertrag, der Berichten zufolge über 100 Mio. US-$ über sechs Jahre wert sein soll. Trotz Boykotten von Konservativen wegen einer Social-Media-Kooperation mit der Transgender-Influencerin Dylan Mulvaney verteidigte White das Bier öffentlich – und forderte Trump auf, dasselbe zu tun. Vor dem Superbowl im Februar 2024 deutete Trump auf Truth Social an, Bud Light verdiene eine zweite Chance, und plapperte auch zahlreiche von Whites Argumenten nach.

Auch die Bezahlung seiner Athleten hält White fest in der Hand. Die Kämpfer sind an langfristige, anreizstarke Verträge gebunden, die nur dann ausgezahlt werden, wenn sie ­kämpfen – also wenn White, der Chef-Matchmaker, es entscheidet. Das System wird durch zwei Sammelklagen wegen Kartellrechtsverstößen infrage gestellt, von denen die erste im ­Oktober mit einer Summe von 375 Mio. US-$ beigelegt wurde.

„Die UFC besitzt den Sport im Wesent­lichen“, sagt Eric Cramer, der leitende Anwalt der Kämpfer. „Wer also um die Meisterschaft kämpfen will, muss im Grunde Dana White gefallen.“

Vier Stockwerke über dem Casino des ­Fontainebleau beherbergt ein Ballsaal Whites neuestes Kampfspektakel. In der Hoffnung, den gleichen Plan umzusetzen, der die UFC begründete, investierten White, die Fertittas und Piligian Ende 2022 jeweils rund eine Mio. US-$ in die Gründung von Power Slap, einer Liga, in der sich die Teilnehmer abwechselnd mit der ­flachen Hand schlagen. White kann die Feinheiten der Slap-Fighting-Technik im ­Detail erklären, doch bei den Anwesenden löst das klatschende Geräusch jedes Schlags wilde Wutausbrüche aus.

Videos der brutalen Knock-outs haben in den sozialen Medien Millionen von Aufrufen erhalten – und zahlreiche Kritik wachgerufen: Die Brain Injury Association of America schrieb einen offenen Brief an die Sportkommission von Nevada, in dem sie den jungen „Sport“ als „nichts anderes als das Miterleben traumatischer Hirnverletzungen seiner Teilnehmer in Echtzeit“ bezeichnete. White genießt die Kritik – für ihn ist jede Publicity gute Publicity.

Auch dies spiegelt Trumps Erfolge wider, und seine in der amerikanischen Geschichte beispiellose Fähigkeit, Skandale – von Verurteilungen wegen Kapitalverbrechen bis hin zu Urteilen wegen sexueller Nötigung – abzuschütteln, die jeden anderen zehnfach in den Abgrund treiben würden. Auch White hat hier Erfahrung: In einer nicht autorisierten Biografie ihres Sohnes aus dem Jahr 2011 beschuldigte Whites Mutter June ihn, mehrere Affären gehabt zu haben, da­runter mit UFC-Ringgirls und der Schwester seiner eigenen Frau. White hat sich nie öffentlich zu den Anschuldigungen geäußert, und als er 2023 in einem Interview zum Tod seiner Eltern befragt wurde, sagte er: „Um ehrlich zu sein, habe ich fast keine Gefühle dabei gehabt.“ Während der Einführung von Power Slap tauchte ein Video auf, in dem White seine Frau schlägt; ein Vorfall, für den es seiner Aussage nach „keine Entschuldigung“ gibt und der ihre drei Kinder im College-Alter in Verlegenheit gebracht hat.

Egal: Der Populismus umarmt – und verzeiht, so scheint es, endlos – Gesetzlose. White behauptet, Power Slap könne sogar noch ­größer werden als die UFC. „Wenn alle sagen, wie schrecklich es ist, weiß man, dass man etwas ­Gutes hat“, sagt er. „Es hat mir tatsächlich Spaß gemacht, denn es ist fast so, als hätte man dieses unglaubliche Unternehmen aufgebaut und dann die Chance gehabt, alles noch einmal zu machen. Und es ist fast identisch.“

Meine Philosophie war schon immer, dass Kämpfen in unserer DNA als Menschen liegt. Egal, welche Hautfarbe man hat, aus welchem Land man kommt, welche Sprache man spricht: Wir kämpfen gern.

Dana White

So wie er in den 2000er-Jahren Reality-TV nutzte, um seine Kernzielgruppe zu erreichen, konzentriert sich White diesmal darauf, Beziehungen zu einflussreichen Internet-Kreativen aufzubauen. Er geht mit ihnen ins Casino, verschafft ihnen Plätze in der ersten Reihe bei Veranstaltungen und lässt ihnen freie Hand, sich unter die Leute zu mischen und beliebige Inhalte zu erstellen. „Das ist es, was wir jetzt tun, das ist meine ganze Philosophie“, sagt White. „Power Slap wurde im Internet aufgebaut.“

Mithilfe der Influencer hat Power Slap ­bereits 35 Sponsoren und einen Medienrechtevertrag mit der konservativ ausgerichteten Livestreaming-Plattform Rumble. Laut White ­erhält die Liga 2,5 Mio. US-$ pro Veranstaltung vom Fontainebleau und verdiente mindestens 4,5 Mio. US-$ mit einem Marken-Handyspiel. ­Forbes schätzt, dass das Unternehmen im Jahr 2024 ­einen Umsatz von 50 Mio. US-$ erzielt hat, wobei weniger als 25.000 US-$ für die Vermarktung jeder Veranstaltung ausgegeben wurden.

„Wenn man diese Kids dazu bringen will, etwas für sich zu tun, muss man ihnen eine Menge Geld zahlen. Für mich machen sie das kostenlos und geben ihr eigenes Geld aus“, sagt White. „Ich werde als so etwas wie der Pate der Influencer angesehen.“

Auch 2024 verschmolzen Politik und Wirtschaft für White nahtlos miteinander, insbesondere die Überschneidung seiner kuratierten ­„Manosphere“ – mit Kreativen wie den Nelk Boys, Theo Von und Barstool Sports – und jungen männlichen Trump-Wählern. Im Laufe des Präsidentschaftswahlkampfs koordinierte White Trumps Auftritte in ihren Podcasts und sicherte ihm schließlich die Teilnahme von Rogan, der sich laut White zunächst geweigert hatte, politische Inhalte zu liefern. Die Trump-Folge, die zwei Wochen vor der Wahl ausgestrahlt wurde, erreichte mehr als 55 Millionen Aufrufe auf Youtube.

Am Tag vor der Wahl, so White, saß er an Bord eines Flugzeugs nach Mar-a-Lago und schrieb Rogan eine SMS. „Ich dachte mir: ‚Du musst ihn unterstützen‘“, erinnert er sich. „,Wen wählen Sie, Joe? Wen wählen Sie?‘“ Rogan twitterte am 4. November um 21 Uhr seine offizielle Unterstützung, und am nächsten Abend wurde White während Trumps Siegesrede ans Mikrofon gerufen und dankte den Podcastern namentlich. White sagt, er habe nach der Wahl so viele SMS mit Bitten um Hilfe erhalten, dass er zum ersten Mal seit 15 Jahren seine Telefonnummer ändern musste. Fast täglich, sagt er, kämen seitdem Unternehmer in sein Büro in Las Vegas und bäten um Hilfe bei der Geldbeschaffung oder der Vermarktung ihrer Produkte.

Dort, umgeben von einer Samurai-Rüstung und einem Säbelzahntiger-Fossil, neben der In­frarot-Therapieliege und dem Kaltwasserbecken, das er jeden Morgen nutzt, plant White die Zukunft. Sein nächstes Ziel: das Boxen, das vor zwei Generationen zum Pantheon des amerikanischen Sports zählte, heute aber kaum noch mit seiner UFC mithalten kann. Es ist schwer, bei fast allem, was White tut, nicht an Trumps instinktive Re­aktion auf das Attentat vom letzten Sommer zu denken – „Kämpfe!“

„Meine Philosophie war schon immer, dass das Kämpfen in unserer DNA als Menschen liegt“, sagt White. „Egal, welche Hautfarbe man hat, aus welchem Land man kommt, welche Sprache man spricht – wir kämpfen gern.“

Text: Matt Craig
Fotos: Ethan Pines für Forbes

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