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Gefährliche, toxische und kaum noch besetzbare Arbeitsplätze gehören zu den größten Herausforderungen der Industrie. Genau hier setzt Robonnement an: Das Schweizer Unternehmen entwickelt Robotiklösungen, die gefährliche Tätigkeiten automatisieren. Gründer Nimrod Malinas hat einen ungewöhnlichen Weg hinter sich – und baut heute eines der wachstumsstärksten Robotikunternehmen Europas auf.
Im Jahr 2024 erzielte Robonnement einen Umsatz von über vier Mio. CHF (4,32 Mio. €), begleitet von einem Auftragsvolumen, das weit über das laufende Geschäftsjahr hinausreicht. Rund 30 bis 40 % dieser Erlöse stammen aus wiederkehrenden, abonnementbasierten Modellen. Zudem arbeitet das Unternehmen an einem skalierbaren Finanzierungsmodell für Industrie-, Transport- und Reinigungsroboter. Eine Kapitalerhöhung von 3,5 Mio. CHF wurde 2024 erfolgreich durchgeführt, gleichzeitig befindet sich die rumänische Tochtergesellschaft in einer Finanzierungsrunde mit einer angestrebten Post-Money-Bewertung von 16 Mio. € – die Verhandlungen laufen noch, die Runde bleibt vorerst vertraulich.
Die Systeme von Robonnement sind heute in Lackierereien, Fertigungsbetrieben, Logistik-Umgebungen und auf Flughäfen im Einsatz. Die rund 3.000 Bestandskunden, die bei der Übernahme der vorherigen Traditionsunternehmen an Bord kamen, stammen aus früheren Geschäftsmodellen und nicht aus der Robotik, bilden aber einen breiten industriellen Zugang.
Gegründet wurde Robonnement von Nimrod Malinas, dessen Weg in die Industrieautomatisierung denkbar untypisch begann: Aufgewachsen in Siebenbürgen, mit ungarischem Familienhintergrund, studierte er in Rumänien Bauingenieurwesen. Der Konkurs des familiengeführten Bauunternehmens nach der Finanzkrise 2008 brachte ihn dazu, sein Studium zu pausieren und auf Baustellen in Österreich zu arbeiten.
Besonders prägend war für Malinas der frühe Tod eines engen Freundes: 25 Jahre alt, tätig in einer toxischen Lackierumgebung, verstarb dieser an Krebs. Die Erfahrung hinterließ eine Wunde, doch später entstand daraus ein Impuls: „Überall hört man dasselbe: Diese Arbeiten sind toxisch, schmutzig und vor allem gefährlich – und ich habe schnell gemerkt, dass niemand diese Jobs wirklich machen will, weil die Arbeit den Menschen schadet.“ Für Malinas wurde diese Erkenntnis zum Ausgangspunkt seiner Mission, gefährliche Tätigkeiten systematisch zu automatisieren.
Mit 23 Jahren stieß er über eine Nachfolgeausschreibung auf ein kleines Schweizer Unternehmen im Bereich industrieller Lackiertechnik. Die Produkte waren austauschbar – die Chance, etwas aufzubauen, war es nicht. Malinas übernahm eine operative Rolle, führte früh mehr als zwanzig Mitarbeitende und plante ein Management-Buy-out. Über dreißig Banken lehnten eine Finanzierung ab: zu jung, zu wenig Sicherheiten, ausländische Herkunft. Erst über eine Treuhandgesellschaft fand sich ein spezialisierter Investor, der die Übernahme ermöglichte. Seit 2020 führt Malinas das Unternehmen operativ; 2022 wurde die Eigentümerstruktur vollständig auf ihn übertragen.
In den folgenden Monaten erkannte Malinas das eigentliche Potenzial der Firma. Auf Kundenterminen stieß er immer wieder auf dieselben Probleme: Fachkräftemangel, steigende Sicherheitsanforderungen und Tätigkeiten, die niemand mehr übernehmen wollte. Das Unternehmen verfügte über Tausende Industriekunden, die genau diese Herausforderungen teilten – ein Nährboden für eine klare Vision: Robotik als Antwort auf toxische, repetitive und gefährliche Arbeitsplätze.
Mit Robonnement entwickelte Malinas ein Modell, das Robotik für KMU finanziell zugänglich macht. Die ersten Ansätze scheiterten an fragmentierten Leasingstrukturen – nach drei Jahren Arbeit gelang es 2023, neue Finanzierungspartner zu gewinnen und einen standardisierten Abo-Vertrag aufzusetzen, der Roboterflotten ohne hohe Eigenmittel ermöglicht.
Das Team entwickelte einen eigenen KI-Stack und eine geschlossene Cloud-Plattform. „Das Hauptthema bei Robotik und KI ist Cybersecurity. Das haben wir von Anfang an ernst genommen und eine sichere Plattform gebaut“, sagt Malinas.
In vier Jahren stieg der Umsatz von rund 1,2 Mio. CHF auf über vier Mio. CHF. Das Wachstum lag historisch bei etwa 80 % jährlich, im Jahr 2025 jedoch niedriger – bedingt durch makroökonomische Effekte und eine schwächere industrielle Nachfrage. Robonnement arbeitete von Beginn an profitabel; im Jahr 2025 wird das Unternehmen aber aufgrund intensiver Investitionen in Technologie, Infrastruktur und Expansion nicht profitabel sein. „Wachstum entsteht für uns durch zwei Dinge: systematischen Vertrieb und konsequenten Service“, sagt Malinas.
2023 trat Malinas in der rumänischen Ausgabe von „Die Höhle der Löwen“ auf. Eine on air geschlossene Vereinbarung wurde später nicht final umgesetzt; heute verhandelt Robonnement erneut, diesmal im Rahmen der laufenden Zwei-Mio.-€-Runde, die ausschließlich die rumänische Tochtergesellschaft betrifft.
Auf demselben Markt baut Robonnement sein erstes B2C-Projekt Yam auf, ein robotisiertes Specialty-Coffee-Konzept mit Avatar-Barista, das als technisches Testfeld dient. „Wir haben dort einen hervorragenden Use Case“, sagt Malinas. Yam verbindet Robotik, KI-Interaktion und ein eigenes Financing-Modell. Drei Standorte sind dabei bereits aktiv.
Heute beschäftigt Robonnement rund 45 Mitarbeitende, inklusive internationaler Teams und externer Partner. Die Robotiklösungen konzentrieren sich auf Industrierobotik, autonome Reinigungs- und Transportrobotik sowie Airport-Anwendungen. Namentlich dürfen Züger Frischkäse und das Swiss Tech Convention Center als Referenzkunden genannt werden.
Für die kommenden Jahre plant Robonnement, den KI-Stack weiterzuentwickeln, neue Robotertypen auszubauen und die europäische Expansion zu beschleunigen. Die Grundidee bleibt dabei unverändert: Robotik soll Tätigkeiten übernehmen, die Menschen krank machen – und gleichzeitig für Unternehmen jeder Größe wirtschaftlich nutzbar sein.
Text: Theresa Mader
Foto: Robonnement