Rot-weiss-rote Kapitäne weltweit am Steuer

Österreich exportiert nicht nur erstklassige Produkte – die Alpenrepublik sendet auch Manager vom Feinsten in die Welt. Die Unternehmen, die sie leiten, sind auch für Anleger von Interesse.

Gemeinhin gilt der Österreicher als wenig mobil. Viele bewegen sich zeit ihres Lebens kaum aus dem Bundesland, in dem sie geboren wurden – und dennoch leben mehr als eine halbe Million Österreicher im Ausland. Das sind rund viermal so ­viele Menschen, wie Innsbruck Einwohner hat, und ist etwas ­we­niger als die Einwohnerzahl Kärntens.

Ambitionierte „Alpen­repu­blikaner“ schaffen es auch immer wieder an die Spitze internationaler Konzerne. Dafür ist nicht nur der gebürtige Oberösterreicher und Ex-Allianz-Boss sowie frühere ­Deutsche-Bank-Aufsichtsrat Paul ­Achleitner ein Beispiel: Der ­Wiener und frühere RTL-Chef ­Gerhard Zeiler, später auch Chef des staat­lichen Österreichischen Rundfunks (ORF), gehört ebenfalls zur Riege der österreichischen Topmanager-Exporte; heute ist er am Kommando­stand von Warner Bros. Discovery International. Sein Vorgänger bei RTL, Helmut Thoma, auch ein gebürtiger Wiener, gilt als Vater des kometenhaften Aufstiegs vom kleinen Radiosender in Luxem­burg zum erfolgreichsten und profita­belsten privaten Fernsehsender ­Europas.

Am Steuerrad des Schweizer Pharmakonzerns Roche stehen mit Severin Schwan als Präsident des Verwaltungsrats und CEO ­Thomas ­Schinecker sogar zwei Österreicher. Der Tiroler Schwan heuerte nach dem Wirtschafts- und Jus-­Studium an der Universität Innsbruck als Trainee in der Finanz­abteilung beim Basler Pharmakonzern an; mit nur 28 Jahren wurde er Roche-Finanzchef in Brüssel. Nach weiteren Stationen in Singapur und einem Wechsel vom Finanzbereich auf die operative Ebene baute der damalige Roche-Vorstandschef Franz Humer, ebenfalls ein Österreicher, ­Severin Schwan als Nachfolger auf; im Jahr 2008 gelangte der Tiroler mit gerade einmal 40 Jahren an die Spitze – die Roche-General­versammlung wählte ihn zum Vorstandsvorsitzenden.

Das katapultierte ihn auch in die Liga der Topverdiener: Schwan war mit einer Vergütung von über 13 Mio. € seinerzeit Europas best­verdienender Manager. Im März des Vorjahrs wechselte Schwan als Präsident in den Ver­waltungsrat
der Roche Holding.

Und weil die flotte Musik der Österreicher den Konzern zum Erfolg tanzen ließ, folgte Schwan mit Thomas Schinecker als Chef von mehr als 103.000 Mitarbeitern weltweit ein Salzburger (der in Bayern geboren ist) nach. Dieser trat, wie einst sein Vorgänger, bei der Roche-­Gruppe als Management-Trainee ein. Schineckers anschließende ­berufliche Laufbahn erfolgte in der Diagnostiksparte des Konzerns an verschiedenen Standorten in mehreren Ländern.

Sein Aufstieg fand einen nur vorläufigen Höhepunkt, als er 2019 zum Leiter der Diagnostiksparte von Roche in Rotkreuz ernannt wurde. Während der Covid-19-­Pandemie leistete diese Sparte unter der ­Leitung von Schinecker wesentliche Beiträge, um weltweit entsprechende Tests in großem Umfang zu ermöglichen.

Der Roche-Aktie, von der knapp 65 % im Eigentum der Gründerfamilie Hoffmann stehen und nur rund 27 % an der Börse notieren, hat das Engagement von inzwischen drei Generationen Öster­reichern gutgetan: Sie stieg seit 1995 – zwei Jahre nachdem ­Severin Schwan als Trainee zum ­Konzern stieß – von 78 CHF auf heute 290 CHF (alle Kurse sind wie ­immer Stand Redaktionsschluss); Roche machte 2022 rund 66 Mrd. CHF Umsatz. Zuletzt hatte der Konzern mit einer Kooperation mit der ame­ri­kanischen Remix Therapeutics für Rauschen im Blätterwald gesorgt: Im Zuge eines Lizenz- und Zusammenarbeitsabkommens verpflichtet sich Roche zu einer ­Vorauszahlung von 30 Mio. US-$, bis zu zwölf Mio. US-$ an kurzfristigen Meilen­steinzahlungen und bis zu einer Mrd. US-$ an weiteren Meilensteinzahlungen sowie Tantiemen, wie Remix mitteilt. Im Gegenzug ­erhalten die Basler die Exklusivrechte an bestimmten ­Molekülen. Remix werde die Entdeckung von Wirkstoffen und die präklinischen Aktivitäten mit Roche vornehmen, danach ist Roche für die Entwicklung und Vermarktung der daraus resultierenden Produkte ­zuständig.

Nicht alle Experten sind für die Roche Holding positiv gestimmt: So hat das Analysehaus ­Jefferies das Kursziel für die Basler von 285 auf 275 CHF gesenkt, aber die Ein­stufung auf „Hold“ ­belassen. Die Fundamentaldaten der ­großen ­europäischen Pharma-Player ­wurden positiv beurteilt, man sehe aber für 2024 Gegenwind – und ­verwies auf einen relativen Mangel an stärkeren Kurstreibern, poli­tische Unwägbarkeiten (mit der US-Präsidentschaftswahl) und eine mögliche konjunk­turell bedingte Sektorrotation.

Ein Unternehmen, das man nicht weiter erklären muss, ist der Informationsriese Google. Dort war der Oberösterreicher ­Gerhard Eschelbeck fünf Jahre lang Chef der Abteilung für Security und ­Privacy, bevor er dann zu Kodiak ­Ro­botics, das selbstfahrende Lkw entwickelt, wechselte. Der aus der Kleinstadt Peuerbach stammende Eschelbeck saß von 2017 bis 2022 auch im Aufsichtsrat der Deutschen Bank; im Rahmen der Olympischen Sommerspiele 2020 (coronabedingt ausgetragen 2021) in Tokio war er Digital and Technology Advisor.

Der Google-­Mutterkonzern ­Alphabet ist sehr stark im ­Bereich der selbstfahrenden Automobile ­engagiert. Die Aktie, zu 65 % im Streubesitz, legte in den letzten zwölf Monaten um deutlich mehr als 50 % auf rund 135 US-$ zu. Die Holding mit Sitz in Mountain View im kalifornischen Silicon ­Valley hält 186.000 Mitarbeiter rund um den Globus in Lohn und Brot; 2022 lag der Umsatz des Unternehmens bei knapp 283 Mrd. US-$. Auf der Forbes Global 2000, einer Liste der größten Unternehmen der Welt, nahm Alphabet Inc. im Jahr 2022 Platz sieben ein.

Die Aussichten für Alphabet sind weiter rosig: Die US-Bank JP Morgan hat das Kursziel für die Alphabet-A-Aktie in einem Jahresausblick 2024 von 150 auf 160 US-$ angehoben und die Einstufung auf „Overweight“ belassen. Nach ­einer generell überlegenen Kursentwicklung von großen US-Internetwerten im vergangenen Jahr dürften 2024 unternehmensspezifische ­Aspekte wieder stärker in den Fokus ­rücken, hieß es. Alphabet ist jetzt bei JP Morgan einer der „Top Picks“ unter den Großen, nach Amazon und Uber.

Gleichermaßen ein gebürtiger Oberösterreicher ist der vielfache Milliardär Helmut Sohmen: 1970 ging der Linzer mit seiner Familie nach Hongkong, wo sein Schwiegervater, Sir Yue-Kong Pao, eine der größten Reedereien der Welt besaß, um dort in dessen Geschäft ein­zusteigen. Ab 1986 stand Sohmen der World-Wide Shipping Group als Chairman und Präsident vor. 2003 erwarb sein Unternehmen die Mehrheit an der norwegischen Bergesen-Flotte, seither nannte sich sein Schifffahrtsimperium ­Bergesen Worldwide (heute BW Group). Das Unternehmen ist führend in den Be­reichen Schifffahrt, ­schwimmende Infrastruktur, Tiefseeöl- und -gas­förderung sowie neue nachhal­tige Technologien. BW ­kontrolliert eine Flotte von über 490 ­Schiffen, die Öl, Gas und Trockengüter transportieren. Die 200 LNG- und LPG-Schiffe (Liquefied Natural Gas bzw. ­Liquified Petroleum Gas) ­bilden die größte Gasflotte der Welt. Im Bereich der erneuerbaren Energien investiert die Gruppe in Solar-, Wind-, Batterie-, Biokraftstoff- und Wasseraufbereitungs­anlagen.

Die BW-LPG-Aktie hat, be­feuert auch durch die hohe Nachfrage nach LPG in Europa, im letzten Jahr mehr als 126 % an Wert gewonnen und notiert bei rund 14 €. Der Gewinn lag zuletzt bei 3,18 € pro Aktie, das KGV nur bei 4,22, was die Aktie als extrem günstig ausweist. Die Dividendenrendite betrug fast 25 %. Für heuer schätzen Experten diesen Wert auf mehr als 16 % ein.

Illustration und Infografik: Valentin Berger

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