Schaufeln kaufen

„Im Goldrausch soll man Schaufeln kaufen“, lautet eine alte Börsen-Weisheit. Die macht sich auch Florian Siegfried zunutze. Mit seinem Fonds „Precious Capital Global Mining and Metals“ investiert Siegfried weniger in Gold per se, sondern in die Minenbetreiber selbst – mit Erfolg.

„Wie eine klassische Blase, die geplatzt ist“, beschreibt Florian Siegfried die Situation an den Finanzmärkten in den letzten Wochen. Die Auswirkungen der Coronavirus-Pandemie wirkte sich ab Februar, nachdem die Situation in China sich zugespitzt hatte, massiv auf die Märkte aus. „Innerhalb von drei Wochen wurden in den USA die Kursgewinne von drei Jahren eliminiert“, sagt Siegfried. Der Investor, der sich mit seinem Fonds Precious Metal Mining auf die Aktien von Minenbetreibern spezialisiert, weiß, wovon er spricht: Siegfried landete im „Forbes Fondsmanager-Rankings“ für die DACH-Region in den Jahren 2018 und 2019 auf dem ersten Platz.

Das komplette Interview wurde auch auf Video aufgezeichnet.

Die Institutionen ließen mit ihrer Reaktion nicht lange auf sich warten. Die Europäische Zentralbank (EZB) schnürte ein Paket von 750 Milliarden €, die USA pumpen gar 2,2 Billionen US-$ in die Wirtschaft, um die Krise einzudämmen. Das beruhigte die Märkte zwar – aber Siegfried sieht dennoch einen Zeitenwechsel. „Die Zentralbanken können die Märkte nicht mehr stabilisieren. Das ist ein klarer Bruch zu früheren Jahren, wo man während Korrekturen stets gekauft hat, weil das Vertrauen der Investoren, dass die Institutionen das Problem schon richten, da war.“

Für Siegfried sei es zwar absurd, hohe Schulden mit höheren Schulden zu bekämpfen – der Markt sollte sich eigentlich selbst regulieren können. Doch das Vorgehen sei aktuell alternativlos, wenngleich es einen Ausbau staatlichen Einflusses bedeutet.

Angesichts all dieser Schwierigkeiten fühlen sich Gold-Fans bestätigt. Das Edelmetall gilt als antizyklischer sicherer Hafen, Fans oft als Skeptiker des etablierten Finanzsystems. Gold profitiert, wenn das Vertrauen in die Märkte schwindet. Das zeigt sich wieder: Seit Mitte März ist der Gold-Kurs um fast 300 US-$ pro Unze gestiegen und kratzte zuletzt mit 1.750 US-$ zwischenzeitlich am höchsten Stand seit November 2012. Manche Analysten sagen gar einen Preis von 1.800 US-$ bis Jahresende voraus. Das ist insbesondere beachtlich, als der starke Dollar den Gold-Preis normalerweise drückt.

 

Flucht ins Gold? (Goldkurs von November 2019 bis April 2020)
(Quelle: goldprice.org)

Der Goldrausch und die Schaufeln

Doch sollte man tatsächlich in Gold investieren? Siegfried: „Für Gold ist das natürlich eine gute Zeit. Anleger flüchten in sichere, aber vor allem auch liquide Häfen. Liquidität ist in vielen Assetklassen nicht mehr vorhanden.“ Siegfried spricht etwa Rentenpapiere an, die „dramatisch unter die Räder“ gekommen seien. Und tatsächlich sorgte die fehlende Liquidität auf den Bond-Märkten für viele Sorgenfalten, insbesondere Hochzins-Anleihen und jene aus Emerging Markets hatten zu kämpfen. Hedgefonds-Legende Ray Dalio bezeichnete das Halten von Anleihen gar als „verrückt“.

Doch Siegfried selbst macht sich eine alte Finanzmarkt-Weisheit zunutze: In einem Goldrausch kauft man Schaufeln. „Ich selbst habe Minenbetreiber, also Gold-Förderer, im Portfolio.“ Als Aktien seien diese Titel zwar mit dem Gesamtmarkt gefallen, doch Siegfried sieht durch den hohen Goldpreis und sinkende Kosten (rund 50% der Kosten von Minenbetreibern entfallen auf Energie, der schwache Ölpreis drückt sie, Anm.) dennoch ein gutes Umfeld – und kaufte auch während des Abschwungs zu. Ein Blick auf die Performance des Fonds zeigt: Nach einem kurzen „Dip“ hat sich der Fonds erholt und mit 79,75 CHF das Niveau von Jahresbeginn überholt (73,3 CHF).

Florian Siegfried
... studierte Wirtschaftswissenschaften an der Universität Zürich. Nach zwei Jahren als CEO der Private-Equity-Gesellschaft Shape Capital wechselte er 2008 in den Edelmetallbereich und übernahm bei der Investmentfirma Precious Capital den Precious Capital Global Mining & Metals Fund. 2014 wechselte er mit dem Fonds unter das Dach des Vermögensverwalters Aganola, bevor er 2017 erneut übersiedelte und nun für SSI Asset Management in Liechtenstein investiert.

Doch auch die global tätigen Minenbetreiber werden nicht von der Krise verschont. Einige Unternehmen führen den Betrieb zwar fort, haben jedoch strenge Sicherheitsvorkehrungen eingeführt. Doch auch zwei- bis dreiwöchige Betriebspausen kamen vor: „Die Fälle waren überschaubar, vielleicht vier bis fünf Gesellschaften. Der Markt hatte das teilweise schon eingepreist.“

Cash Is King

Die Auswirkungen auf andere Edelmetalle sind für Siegfried weniger eindeutig. Sowohl Silber als auch Platin würden nämlich stärker am Stillstand in der physischen Welt leiden. „Silber ist nicht wirklich ein Edelmetall, das Material wird auch als Rohstoff eingesetzt, etwa in der Photovoltaik eingesetzt. Der Preis hat stark korrigiert, es ist schwierig zu sagen, wo die Reise hingeht. Platin ist wiederum stark abhängig von der Elektromobilität und hat daher natürlich ebenfalls Verluste zu beklagen.“

Privatinvestoren rät Siegfried zu einer anhaltenden Diversifikation über alle Assetklassen hinweg – Aktien, Anleihen, Gold. „Es gilt aber auch, Liquidität bereit zu halten, falls sich die Krise akzentuiert.“ Bezüglich Aktien interessieren Siegfried vor allem Titel, die antizyklisch laufen und gut kapitalisiert sind. Junk Bonds oder hochverzinsliche Anleihen könnten mittelfristig auch eine Erholung erleben, Siegfried würde dennoch auf Nummer sicher gehen und solche Papiere verkaufen.

Die sichere Variante ist für den Fondsmanager generell der richtige Weg. „Momentum wird sehr wahrscheinlich abgelöst durch Value und Substanz. Wachstum ist in nächster Zeit eher schwierig zu finden, es geht aktuell darum, das vorhandene Kapital zu erhalten.“ Und eine andere Weisheit zitiert Siegfried auch noch: Cash is King. „Wer am Boden kauft, hat einen guten Zeitpunkt erwischt.“

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