Setzt Österreich weiterhin auf sein Glücksspielmonopol?

Österreichs Glücksspiellandschaft wird ab 2027 neu geordnet. Quelle: Pixabay.com

Österreichs politische Turbulenzen der letzten Jahre hatten regelmäßig mit dem Thema Glücksspiel zu tun. Auf Anzeigen, Ermittlungen und Gerichtsverfahren folgte eine Aufarbeitung der politischen Einflussnahme auf die Casinos Austria. Der Konzern befand sich lange Jahre unter dem Einfluss der Politik, bis ein gescheiterter Übernahmeversuch durch den Staat zum genauen Gegenteil führte. Die Sazka-Gruppe aus Tschechien sicherte sich die Mehrheit an dem Glücksspielkonzern und stach dabei die österreichische Novomatic aus.

Die Novomatic ist aus dem Rennen

Dies zog sich nach jahrelangen Vorwürfen und verlorenen Lizenzausschreibungen aus Österreich zurück und konzentriert ihre Aktivitäten mittlerweile auf das Ausland. Doch das Thema Glücksspiel bleibt trotz dieser scheinbaren Beruhigung der Situation auf der Tagesordnung. Verantwortlich dafür sind nicht nur die ausgesprochen seltsame Rolle des Staates als Miteigentümer der Casinos Austria, Lizenzgeber und Aufsichtsbehörde in einer Person, sondern auch die in wenigen Jahren auslaufenden Lizenzen für die landbasierten Casinos, das Lotteriegeschäft und das einzige legale Online-Casino im Land.

Ambitionierter Zeitplan

Die Lizenz dafür wurde in der letzten Ausschreibung der Casinos-Austria-Tochter Win2day zugeteilt. Deren Monopol nimmt selbst im Vergleich zu den Nachbarländern Deutschland und Schweiz eine Sonderstellung ein. Während die Dienstleistungsfreiheit der Europäischen Union eigentlich eine Niederlassungsfreiheit für die Wirtschaft vorsieht, beharrt Österreich beim Online-Glücksspiel weiterhin auf eine exklusive Zuteilung der einzig verfügbaren Lizenz. Diese läuft im Herbst 2027 aus und setzt damit die neue österreichische Bundesregierung unter Druck. Immerhin sieht das österreichische Vergabegesetz für unterlegene Anbieter die Möglichkeit vor, die Vergabe von staatlichen Leistungen vor Gericht zu beeinspruchen. Das bekam der Staat bereits bei der letzten Ausschreibung der Glücksspiellizenzen zu spüren. Die tatsächliche Vergabe dauerte anschließend deutlich länger als geplant. Diese Fristen sind auch dem noch zuständigen Finanzministerium bewusst. Nicht umsonst kündigte dieses bereits vor mehr als einem Jahr den Beginn der Vorarbeiten für die neue Ausschreibung an. Doch bisher scheint die Behörde keinen Schritt weitergekommen zu sein, denn die Ausschreibung wurde noch nicht veröffentlicht.

Neue Behörde für Vergabe und Aufsicht geplant

Das liegt jedoch nicht nur an der mehr als fünf Monate dauernden Regierungsbildung, sondern auch an den zahlreichen Reformen, die die neue Regierung plant. Sie möchte endlich jene seltsame Optik auflösen, die bereits seit Jahren vom politischen Gegner massiv kritisiert wird. Schließlich nimmt das Finanzministerium eine Dreifachrolle ein. Als Eigentümer eines 33-Prozent-Anteils an den Casinos Austria setzt sich das Ministerium dem Vorwurf aus, seinem eigenen Unternehmen Lizenzen zu erteilen und den Betrieb auch gleich selbst zu überwachen. Das ist in einer modernen Demokratie nicht mehr zeitgemäß, entsprechend soll hier eine Reform Platz greifen. Schon die Vorgängerregierung wollte eine neue Behörde gründen, die Vergabe und Aufsicht politisch unabhängig übernimmt. Doch das Projekt scheiterte an der fehlenden Verhandlungslösung. Die neue Regierung hat sich dies ebenfalls auf die Fahnen geschrieben und möchte in diesem Zusammenhang auch gleich das Glücksspielgesetz reformieren. Geplant sind nicht nur eine Fortsetzung des Monopols beim Online Casino, sondern auch die zukünftige Einbeziehung von Sportwetten unter den Mantel des Gesetzes.

Das Online-Monopol steht vor der Verlängerung

Diese gelten in Österreich laut einem Entscheid des Höchstgerichts nicht als Glücksspiel. Wie der Oberste Gerichtshof vor 15 Monaten festgestellt hat, basieren Sportwetten überwiegend auf berechenbaren Faktoren, das unterscheide sie von Glücksspielen. Die Regulierung von Sportwetten unterliegt derzeit jedoch nicht dem Bund, sondern den Ländern. Das macht eine Gesetzesänderung höchst anspruchsvoll, schließlich müssten die Bundesländer dieser mit Zweidrittelmehrheit zustimmen. Dies passiert in Österreich erfahrungsgemäß nur dann, wenn die Bundesregierung frisches Geld fließen lässt. Die Einnahmen müssten daher abgegolten werden, was langwierige Verhandlungen zwischen dem Bund und den Ländern wahrscheinlich macht. Doch die bereits vergangene Zeit spricht nicht für den Plan. Möchte die Regierung die Ausschreibung der 2027 endenden Glücksspiellizenzen fristgerecht über die Bühne bringen, ist Eile gefordert.

Das könnte die Politik dazu verleiten, alles so zu belassen, wie es derzeit ist. Immerhin hielt die regierende Dreierkoalition aus ÖVP, SPÖ und NEOS bereits in ihrem Koalitionsvertrag fest, dass sich am Status der einzigen Online-Lizenz nichts ändern soll. Der aktuelle Lizenzinhaber geht offenbar ebenfalls davon aus. Erst vor wenigen Monaten eröffnete Win2day am Standort Wien ein neues Live-Casino für seine Online-Casino-Webseite. Mehr als 150 Mitarbeiter sollen im Endausbau in diesem Unternehmen einen Arbeitsplatz finden. Dies wäre wohl nicht geschehen, wenn man bei den Casino Austria nicht fix mit einer Verlängerung der bestehenden Online-Lizenz rechnen würde. Damit nicht genug, hat die Regierung in ihrem Koalitionsvertrag sogar weitere Verschärfungen des Monopols angekündigt.

Technische Maßnahmen sollen den Markt weiter abschotten

So sollen Netzsperren und Paymentsperren den Inhaber des Online-Monopols noch mehr schützen als zuletzt. Das Internet hat dieses durchlässig gemacht, denn zahlreiche Betreiber berufen sich auf die Dienstleistungsfreiheit der Europäischen Union und bieten ihre Spiele auch in Österreich an. Das geht sogar so weit, dass sie Steuern dafür an den österreichischen Staat abführen. Dieser akzeptiert zwar die Zahlungen, verweigert aber eine breite Lizenzierung. Damit soll allerdings bald Schluss sein. Doch Netz- und Paymentsperren haben sich historisch nicht als wirksames Mittel zum Schutz von Glücksspielmonopolen erwiesen. Bestes Beispiel dafür ist die Schweiz, die nach wie vor einen hohen Anteil des Schwarzmarktes zu verzeichnen hat.

Die EU will Europarecht in Malta durchsetzen

Diesen Bemühungen spielt derzeit auch eine aktuelle Entscheidung der Europäischen Kommission in die Karten. Erfolgreiche Klagen in Österreich haben dazu geführt, dass nicht lizenzierte Online-Casino-Betreiber von heimischen Gerichten zur Rückzahlung von Verlusten an Spieler verurteilt wurden. Doch diese Urteile ließen sich in Österreich nicht vollstrecken, weil die betroffenen Unternehmen kein Vermögen im Land besitzen. Damit nicht genug, erließ Malta, als Lizenzgeber der Firmen, ein Gesetz zum Schutz der Branche und weigerte sich schlicht, für eine Vollstreckung der Urteile in Malta zu sorgen.

Die Kommission hat daher ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Malta eingeleitet. Sie sieht die europäische Gesetzgebung durch die nationale Gesetzgebung Maltas ausgehebelt. Für Österreich ist die Entscheidung Wasser auf die Mühlen der Regierung. Doch die große Herausforderung kommt erst mit der Ausschreibung der Glücksspiellizenzen, die ab Herbst 2027 wirksam werden. Marktbeobachter erwarten eine rege Beteiligung aus dem Ausland. Ob sich die möglicherweise unterlegenen Anbieter auch diesmal so schnell geschlagen geben werden, ist ausgesprochen fraglich.

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