Smart Buildings: Aus der Corona-Krise lernen

Wie können Gebäude in Zukunft vernetzt, intelligent, nachhaltig und krisenresistent werden? Ein Gastkommentar von Daria Saharova.

2020 wird als das Jahr in die Geschichte eingehen, in dem die Gesundheitssysteme vieler Länder an ihre Grenzen gebracht wurden. Schuld ist das Coronavirus, das zu mehr Intensivfällen führt. Um die Versorgung zu gewährleisten, lautet das strategische Motto: “Flatten the curve”. Deutschland steht mit 33,9 Intensivbetten pro 100.000 Einwohnern im internationalen Vergleich ganz gut da. In Ländern wie Spanien mit 9,7 und Italien mit 8,6 Intensivbetten je 100.000 Einwohner sieht die Situation drastisch anders aus.

Im Fall der Intensivbetten in Krankenhäusern ist allerdings nicht nur die Anzahl der Betten wichtig, sondern auch deren Steuerung. Meist findet das Bettenmanagement auf einer Intensivstation per Hand und nach Gefühl statt. Gerade jetzt ist das ein echtes Problem. Eine Lösung dazu gibt es bereits: Das Startup Simplinic* vernetzt mit Hilfe von Sensoren jedes einzelne Krankenhausbett und ermöglicht somit eine effiziente Belegung und häuserübergreifende Transparenz. Das zeigt, welchen konkreten Unterschied ein “smartes Gebäude” ausmachen kann.

Das smarte Krankenhaus ist ein gutes Vorbild dafür, wie Gebäude in der Zukunft gestaltet werden: vernetzt, intelligent, nachhaltig, und hoffentlich krisenresistent. Sogenannte Smart Buildings sind dabei nur ein Aspekt von Smart Cities. Hier geht es um die intelligente Vernetzung der gesamten Stadt – vom Fahrzeug über die Infrastruktur bis zu den Gebäuden.

Wie das in der Praxis aussehen kann, veranschaulicht bald die “Woven City” von Toyota. Der japanische Autokonzern will ab 2021 auf 175 Hektar Fläche mit bis zu 2.000 Menschen ein umfangreiches Smart-City-Konzept testen. Technologien wie KI, Robotik und autonome Fahrzeuge werden dort zum Alltag gehören. Die Gebäude sollen aus Holz nachhaltig gebaut werden. Solaranlagen und Brennstoffzellen, die mit Wasserstoff betrieben werden, werden die Retortenstadt mit Energie versorgen.

Daria Saharova
ist Managing Partner des Venture-Capital-Fonds Vito ONE und Co-Gründerin der 1E9-Denkfabrik.

Vito ONE
ist der erste europäische Venture-Capital-Fonds mit Fokus auf PropTech und ConstructionTech. Daria Saharova und ihr Team investieren seit 2015 von München aus in B2B- und B2C-Startups, die das Potenzial haben, die nächsten „Big Player“ Europas zu werden. Vito ONE verfügt aktuell über ein Portfolio von 20 Beteiligungen.

Fest steht: Das Gebäude der Zukunft muss klimafreundlich gebaut werden. Allein die Herstellung von Zement ist für bis zu acht Prozent aller CO2-Emissionen auf der Erde verantwortlich. Daher müssen Immobilienentwickler grundsätzlich anders an die Planung herangehen. Das fängt beim Einsatz moderner, den herkömmlichen Zement ersetzender Baustoffe, wie sie beispielsweise das Startup Criaterra entwickelt, an. Während der Bauphase können außerdem Startups wie BIM Systems oder Imerso* dabei unterstützen, mit Hilfe von KI und Computer Vision sowohl den Prozess effizienter zu gestalten als auch grundsätzlich nachhaltiger zu bauen.

Auch die Energieversorgung wird nachhaltig. Insbesondere jetzt, wo viele Menschen mehr Zeit zu Hause verbringen, könnten sogenannte Home-Energy-Management-Systeme, wie sie das Münchner Startup gridX* entwickelt, dabei helfen, den Stromverbrauch zu senken und so das Klima zu schützen. Außerdem wird die Versorgungssicherheit erhöht. Solche Systeme werden perspektivisch zu einem Standard der Smart City.

Spätestens seit dem Corona-bedingten Wechsel ins Home Office ist erkennbar, wie kritisch eine flächendeckend funktionierende Netzinfrastruktur ist. In der smarten Stadt der Zukunft wird das umso mehr zutreffen. Entscheidend wird daher die Verbreitung des 5G-Standards sein. Erst dadurch wird das Internet der Dinge – also die Vernetzung aller physischen Objekte untereinander – das Wohnen und das Arbeiten auf ein neues Level heben. Auch autonomes Fahren wird ohne 5G kaum möglich sein.

Ich erwarte trotz der Corona-Krise weiterhin großartige Gründer, die die Zukunft der Städte mitgestalten. Je mehr vernetzt wird, umso mehr Daten können generiert und mit Hilfe von KI ausgewertet werden. Und desto eher wird aus dem Internet der Dinge auch die “Intelligenz der Dinge”. Das wird uns nicht nur dabei helfen, das Leben in Krisenzeiten besser zu managen und die Stadt der Zukunft nachhaltiger zu gestalten, sondern wird auch im Kampf gegen den Klimawandel entscheidend sein.

Gastkommentar: Daria Saharova.

Opinions expressed by Forbes Contributors are their own.

* Transparenzhinweis: Portfoliounternehmen von Vito ONE

Up to Date

Mit dem FORBES-NEWSLETTER bekommen sie regelmässig die spannendsten Artikel sowie Eventankündigungen direkt in Ihr E-mail-Postfach geliefert.