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Smart Cities sind mehr als ein Schlagwort – doch damit die Vision von intelligent vernetzten Städten Wirklichkeit werden kann, braucht es nicht nur Technik, sondern vor allem rechtliche Rahmenbedingungen. Die Rechtsanwaltskanzlei Schönherr, vertreten durch Franziska Oczlon und Constantin Benes, zeigt, wie Verträge, Haftungsfragen und innovative Vertragsmodelle zum entscheidenden Enabler werden.
Wenn über Smart Cities gesprochen wird, dominieren Bilder von Sensoren, die Verkehrsflüsse steuern, Gebäuden, die ihren Energiebedarf selbst regulieren, oder Menschen, die mit dem Smartphone die Infrastruktur der Stadt nutzen. Doch all diese technischen Möglichkeiten brauchen eine stabile rechtliche Basis, um funktionieren zu können. „Das Zivilrecht ist das Fundament für Smart Cities“, sagt die Expertin für Immobilienrecht und Rechtsanwältin Franziska Oczlon. Ohne klare Verträge, Vereinbarungen und Regeln könne eine Stadt nicht intelligent wachsen. Denn Smart City bedeutet immer auch: viele unterschiedliche Akteur:innen, die ihr Zusammenleben strukturieren müssen – von der öffentlichen Hand über Bauträger:innen bis hin zu privaten Eigentümer:innen und Mieter:innen.
Für Constantin Benes, Experte für (Bau-)Vertragsrecht und Immobilientransaktionen sowie Partner bei Schönherr Rechtsanwälte, ist die Smart City ein Synonym für strukturiertes Zusammenleben. Ob es um die „15-Minuten-Stadt“ geht, um ökologische Energielösungen oder um moderne Abfallwirtschaft – am Ende stehen immer rechtliche Vereinbarungen, die definieren, wer was darf, nutzt und ermöglicht. Ein anschauliches Beispiel sind städtebauliche Verträge: Ohne sie wäre es unmöglich, große Entwicklungsgebiete mit einer gemeinsamen Vision zu realisieren. Erst diese Verträge sorgen dafür, dass Grünflächen entstehen, Spielplätze errichtet werden und nicht in jedem Gebäude die gleiche Art von Geschäft angesiedelt wird. Recht strukturiert hier nicht nur, es ermöglicht – und genau darin liegt der Enabler-Charakter.
Gleichzeitig bleibt die Realität komplex. Während die Wirtschaft und die Technik schnell voranschreiten, hinken gesetzliche Vorgaben oft hinterher. Neue Bauweisen oder nachhaltige Dämmstoffe stoßen an regulatorische Grenzen, selbst wenn sie sicher wären. Das Spannungsfeld zwischen Innovation und Sicherheit ist groß: Der Gesetzgeber will Risiken minimieren, doch zu starre Vorgaben bremsen nachhaltige Konzepte aus. „Manchmal sind innovative Lösungen längst vorhanden, aber noch nicht ausreichend zertifiziert“, erklärt Oczlon. „Regulatory Sandboxes“, wie sie das Klimaschutzministerium zwischen 2022 und 2024 erprobt hat, zeigen, wie man dieses Spannungsfeld entschärfen könnte: Sie sind rechtlich begrenzte Experimentierräume, in denen neue Materialien und Methoden getestet werden, bevor sie in die Breite gehen.
Auch im Mikrobereich zeigt sich die Bedeutung des Rechts, etwa bei der Nachverdichtung. Wenn Gebäude aufgestockt oder Dachgeschosse ausgebaut werden, treffen Interessen aufeinander: mehr Wohnraum auf der einen Seite, Verschattung oder Lärmbelastung auf der anderen. Klare vertragliche Regelungen können solche Konflikte früh abfedern. Schönherr plädiert dafür, nicht nur nachträglich zu reagieren, sondern bereits im Vorfeld Standards für Konfliktlösungen zu schaffen.
Die zunehmende Digitalisierung verschiebt die Debatte zusätzlich. Smart Meter, smarte Heizsysteme oder KI-gestützte Anwendungen werfen Fragen der Haftung auf: Wer trägt Verantwortung, wenn ein System versagt oder Daten missbraucht werden? Verlässliche rechtliche Konstrukte sind zentral. Versicherungen können vieles abdecken, doch Datenschutz und Cybersecurity bleiben sensible Themen, die im digitalen Zeitalter noch deutlicher an Bedeutung gewinnen.
Spannend ist auch der Blick auf neue Vertragsmodelle: Allianzverträge etwa setzen nicht mehr auf Gegensätze zwischen Bauherr:innen und Gewerken, sondern auf Kooperation: Alle Beteiligten – von Installateur:innen über Elektriker:innen bis zur Bauleitung – schließen gemeinsam einen Vertrag ab, teilen Risiken wie auch Einsparungen und arbeiten am Projekterfolg. „Das Projekt steht im Vordergrund, nicht das Trennende“, bringt es Benes auf den Punkt. Solche Modelle können bei Smart-City-Vorhaben Kosten senken und Effizienz steigern, vorausgesetzt, die Partner:innen sind bereit, kooperativ zu handeln. Parallel dazu gewinnen hybride Vertragsformen an Bedeutung, die klassische Miet- oder Dienstleistungsverträge aufbrechen: Mobility as a Service, Energy as a Service oder modulare Sharing-Lösungen für Fahrräder, Autos oder Energie sind nur einige Beispiele.
Dass Wien international als Smart City wahrgenommen wird, überrascht Oczlon und Benes nicht. Die Stadt rangiert im globalen Index weit vorne und hat mit innovativen Wohnprojekten, die oft auf städtebaulichen Verträgen basieren (und damit meist auch einen Anteil der neuen Wohnungen leistbarem Wohnen vorbehalten), Zeichen gesetzt.
Für Unternehmen eröffnet die rechtliche Dimension von Smart Cities eine klare Chance: Rechtssicherheit ist ein entscheidender Faktor, um Investitionen zu schützen und Streitigkeiten vorzubeugen. Wer die rechtlichen Spielräume kennt, kann Innovation schneller umsetzen, Kapital leichter mobilisieren und Nachhaltigkeit effizienter gestalten. „Oft ist rechtlich mehr möglich, als allgemein bekannt ist“, sagt Oczlon. Die Kanzlei Schönherr sieht ihre
Rolle darin, diese Möglichkeiten sichtbar zu machen und in Verträge zu gießen, die Vision und Realität verbinden.
Am Ende bleibt das Bild einer Entwicklung, die nicht nur technologisch, sondern auch rechtlich gestaltet werden muss. Smart Cities sind kein Selbstläufer, sie sind das Ergebnis harter Arbeit, klarer Regeln und eines gemeinsamen Verständnisses, wie wir in Zukunft leben wollen. Schönherr macht deutlich: Wer Recht als Bremse versteht, unterschätzt seine Kraft. Richtig eingesetzt ist es der Schlüssel, der die Türen zu intelligenten Städten erst öffnet.
Foto: David Višnjić