Tourismus 2025: Zwischen Rekordzahlen und realem Druck – Was bleibt vom Boom?

Der österreichische Tourismus präsentiert sich 2025 auf den ersten Blick als Erfolgsgeschichte. Mit 154,29 Millionen Nächtigungen im Jahr 2024 wurde ein neuer Höchststand erreicht, noch vor dem bisherigen Rekordjahr 2019.

Wien allein verzeichnete mit 19 Millionen Übernachtungen das erfolgreichste Jahr seiner touristischen Geschichte. Die Nachfrage ist da, internationale Gäste kehren zurück, die Auslastung vieler Betriebe bleibt hoch. Doch hinter den glänzenden Zahlen steckt eine wirtschaftliche Realität, die deutlich weniger euphorisch wirkt.

Unterschiede zwischen den Modellen

Nicht jeder Betrieb profitiert im gleichen Maß von dieser Nachfrage. Große Hotelketten sind oft besser aufgestellt, um die steigenden Betriebskosten aufzufangen. Sie arbeiten mit zentralisierten Einkaufssystemen, setzen auf automatisierte Abläufe und digitale Schnittstellen, um Personalaufwand zu reduzieren. Gerade bei der Reaktion auf volatile Energiepreise und steigende Löhne verschaffen ihnen Skaleneffekte spürbare Vorteile. Boutique-Hotels und Ferienwohnungsanbieter verfolgen andere Strategien. Sie setzen auf Individualität, persönliche Atmosphäre und lokale Verwurzelung – und bedienen damit gezielt ein Publikum, das genau das sucht. In Zeiten steigender Kosten stoßen kleinere Betriebe allerdings schneller an ihre Grenzen. Wer keinen finanziellen Puffer hat, kann notwendige Investitionen oft nicht mehr stemmen oder ist gezwungen, Leistungen zu kürzen.

Zinsdruck und Finanzierungslücken

Hinzu kommt die veränderte Zinssituation, die klassische Finanzierungen erheblich erschwert. Während in den letzten Jahren Investitionen oft mit langfristig günstigen Krediten abgesichert wurden, sind Bankdarlehen heute teurer und für viele Betriebe schwerer zugänglich. Das hat Folgen: Laut Tourismusbarometer 2024 reduziert rund die Hälfte der Betriebe geplante Investitionen. Neue Wege zur Kapitalbeschaffung rücken damit stärker in den Fokus. Crowdinvesting gewinnt an Bedeutung, vor allem bei kleineren Häusern oder Projektentwicklungen im regionalen Raum. Gäste und Unterstützer werden zu Mitinvestoren – mit überschaubaren Summen, dafür mit emotionalem Bezug zum Projekt. Das ist keine Lösung für jeden Betrieb, aber ein realistischer Weg für viele, die nicht abhängig bleiben wollen vom klassischen Bankkredit.

Wo sich Chancen auftun

Trotz aller Herausforderungen entstehen punktuell auch echte Perspektiven. Investitionen in Digitalisierung zahlen sich in vielen Fällen direkt aus – etwa durch automatisiertes Preismanagement, bessere Gäste-Kommunikation oder optimierte Buchungssysteme. Auch Technologien rund um Energieeffizienz oder nachhaltigen Betrieb sind keine Zukunftsthemen mehr, sondern konkrete Antwort auf steigende Kosten. Die Nachfrage nach nachhaltigen Angeboten steigt. Was früher als „grün“ belächelt wurde, ist heute Verkaufsargument – und in vielen Fällen auch förderfähig.

In der regionalen Betrachtung zeigt sich ein differenziertes Bild. Städte wie Wien und Salzburg profitieren von starker internationaler Sichtbarkeit und gut ausgebauter Infrastruktur. In ländlichen Regionen ist die Lage durchwachsener. In Kärnten etwa gingen die Nächtigungen 2024 leicht zurück, auch in Teilen Niederösterreichs ist der Trend nicht positiv. Strukturelle Probleme wie Fachkräftemangel, fehlende Verkehrsanbindung und geringe Investitionsdynamik bremsen das Potenzial. Dabei bietet gerade der ländliche Raum Möglichkeiten – etwa durch Konzepte wie Slow Travel, regionale Kulinarik oder saisonunabhängige Angebote. Doch solche Projekte brauchen Zeit, Kapital und einen klaren Plan.

Österreichs Tourismus 2025 steht auf zwei Beinen: Auf der einen Seite solide Nachfrage, volle Zimmer, starke internationale Präsenz. Auf der anderen Seite massive betriebliche Herausforderungen, die viele Häuser – vor allem kleine – stark belasten. Es braucht mehr als Rekordzahlen, um langfristig erfolgreich zu bleiben. Wer in Prozesse, Technologie und alternative Finanzierungen investiert, wird besser durch die nächsten Jahre kommen. Der Rest wird sich zeigen – zwischen Wetter, Zinspolitik und wirtschaftlicher Realität.

Foto: Dan V

Forbes Digital

Up to Date

Mit dem FORBES-NEWSLETTER bekommen Sie regelmässig die spannendsten Artikel sowie Eventankündigungen direkt in Ihr E-mail-Postfach geliefert.