Unternehmer und Manager – ein großes Missverständnis

Man muss – und ich bitte vorab alle, die sich angesprochen fühlen, um Verzeihung – schon einen gewissen Knacks haben, um auf die Idee zu kommen, Unternehmer sein zu wollen. Denn dass Menschen ihr privates Vermögen, einen Großteil ihrer Zeit und Energie sowie ihre Beziehungen (persönlich wie beruflich) einbringen, um ihre Vision (die zumeist eine niedrige Erfolgswahrscheinlichkeit aufweist) konsequent zu verfolgen, ist gleichermaßen eigenartig wie bewundernswert – Letzteres insbesondere dann, wenn dieses Unter­fangen am Ende sogar gelingt.

Zahlreiche Vertreter der Forbes Billionaires List haben genau das getan: Sie wollten Geld verdienen, Veränderung ermöglichen und etwas schaffen, das sie womöglich überdauert. Es gibt aber einen großen Irrtum, der in Medien und der Öffentlichkeit in Bezug auf diese vielfach umjubelten Personen oft vorherrscht: So zu denken – und so zu agieren – prägt nachhaltig. Und zwar nicht immer nur zum Guten.

Menschen wie Elon Musk, Jeff Bezos oder Mark Zuckerberg haben ebensolche – vorab völlig unerreichbar erscheinende – Visionen umgesetzt. Sie fliegen auf den Mars, vereinen die Welt auf ihren Plattformen im Internet und lassen die wertvollsten Unternehmen der Welt noch größer werden. Zu Beginn wollte ihnen meist niemand glauben. Als Antwort darauf haben sie sich mit hohem Einsatz, einem guten Gefühl für den nächsten Schritt und der not­wendigen Brachialität durchgesetzt. Das führt naturgemäß zu einem ausgeprägten Selbst­bewusstsein – und in manchen Fällen sogar zu Allmachtsgefühlen.

Und: Es formt nicht die besten Manager. Denn die Fähigkeiten, die einen guten Unter­nehmer ausmachen, unterscheiden sich nach­haltig von jenen eines CEOs. Ersterer muss große Risiken nehmen, sein eigenes Geld aufs Spiel setzen, mehr als alle anderen arbeiten und alles tun, um andere von seiner Vision zu überzeugen – egal ob erste Mitarbeiter, Geldgeber oder Geschäftspartner. Dafür muss er niemandem Rechenschaft ablegen. Zweiterer muss hingegen die Fähigkeit besitzen, eine große Struktur möglichst ruhig zu leiten; er muss Mit­arbeitern, Geldgebern und Geschäftspartnern zuhören und ihre Wünsche beachten; er muss Risiken abschätzen und sie frühzeitig eliminieren. Dafür steht sein privates Hab und Gut nie auf dem Spiel. Ersterer muss strategisch auf­bauen, Zweiterer muss klug verwalten. Kurzum: Ersterer muss ständig ums Überleben kämpfen, Zweiterer die Zukunft absichern.

Das alles ist natürlich stark vereinfacht. Und es gibt durchaus jene, die den Übergang vom Gründer zum CEO gut schaffen. Doch nicht umsonst blühten Unternehmen wie Microsoft (unter Satya Nadella), Google (unter Sundar Pichai), Apple (unter Tim Cook) oder Oracle (unter Safra Catz) erst richtig auf, als externe CEOs von den Gründern übernommen hatten. Und hätte Elon Musk verstanden, dass er ein wirklich begnadeter Unternehmer, aber ein miserabler CEO ist, hätte Tesla im letzten Jahr vielleicht nicht 50 % seines Börsenwerts verloren. Denn während es durchaus seinen Charme haben kann, wenn Unternehmer ein bisschen durch­geknallt sind, ist das für CEOs eine äußerst problematische Charaktereigenschaft.

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