Unternehmerisches Sparring zwischen VC und Start-up – das neue Erfolgsrezept für krisenfeste Gründungen?

Immer mehr Menschen wollen ein Unter­nehmen gründen. Weltbekannte Tech-Riesen wie Facebook, Zalando oder N26 motivieren mit vielversprechendem Erfolgspotenzial, großer Freiheit und selbstbestimmtem Arbeiten.

Grundsätzlich ist dies aus meiner Sicht eine sehr positive Entwicklung – in Europa war die Angst vor dem Scheitern zu lange ein großer ­Hemmfaktor, wenn es um den Schritt in die unternehmerische Selbstständigkeit ging. Europa hat, was Risiko­bereitschaft angeht, noch einiges aufzuholen. ­Natürlich geht die Gründung – wie alle ­großen Chancen – mit Risiken einher, die im Vorfeld ­erkannt und evaluiert werden müssen. Fakt ist: Acht von zehn Start-ups scheitern in den ersten drei Jahren. Das ist eine Quote, die einschüchtern kann. Sollte sie aber nicht.

Denn: Hürden und Risiken ließen sich ­substanziell reduzieren und kontrollieren, wenn Gründer in der frühen Phase an den richtigen Stellen jenen unternehmerischen Support und strategisches Mentoring erhielten, die für den Erfolg einer Gründung nicht weniger relevant sind als die konkrete Geschäftsidee oder das ­Kapital selbst. Ohne in das operative Tagesgeschäft einzugreifen, sollten sich Investoren vielmehr als Sparringspartner einbringen und ihr strate­gisches Know-how und Netzwerk gezielt ein­setzen. In dieser Funktion sollten VCs allerdings nicht erst zur ersten Finanzierungsrunde bereitstehen, sondern dann, wenn ­Unternehmertum wirklich beginnt. Auch heute scheint es noch der Goldstandard, dass Gründende erst dann mit ­Investoren ins Gespräch kommen, wenn sie ein konkretes Geschäftsmodell, Team-Set-up und ­einen entsprechenden Finanzplan vorweisen können. Erfolgreiches Unternehmertum fängt ­allerdings in dem Moment an, in dem Gründer sich das erste Mal mit dem Gedanken ausein­andersetzen, unternehmerisch aktiv zu werden. Investoren, die die Rolle als Sparringspartner ernst nehmen, müssen daher schon deutlich ­früher Marktexpertise und Erfahrung mit den Gründern teilen. Insbesondere die ersten großen Heraus­forderungen – Einschätzung und Evaluierung verschiedener Märkte, Trends und Geschäftsideen – können mithilfe des Feedbacks und Know-hows eines Investors deutlich effizienter und erfolgreicher überwunden werden. Doch auch da­rüber ­hinaus ist das unternehmerische Wissen, ­welches bei VCs konzentriert ist, wertvoll. Erfolgreiche Investoren unterstützen Unternehmen über den gesamten Lebenszyklus hinweg.

Robin Godenrath
...ist Co-Founder und Managing Director bei Picus Capital, einem internationalen, privat finanzierten Venture-Capital-Unternehmen. Picus Capital tätigt überwiegend Investitionen in Pre-Seed-, Seed- und Series-A-Runden und fokussiert sich auf Technologieunternehmen in den Branchen Immobilien, Finanzen und Versicherungen, HR,
erneuerbare Energien, Mobilität, E-Commerce und Gesundheit.

Entrepreneurial Sparring hat einen sub­stanziellen Einfluss auf den Unternehmenserfolg von Start-ups und ist damit eine Win-win-Situation für beide Seiten. Der Impact geht dabei über die eigentliche Partnerschaft hinaus und beeinflusst das gesamte Start-up-Ökosystem. Es liegt auf der Hand, dass der frühe Austausch zwischen Gründern und Investoren die Hürden, unternehmerisch aktiv und letztlich auch erfolgreich zu sein, deutlich senkt. Dies wiederum hat einen ­positiven makroökonomischen Einfluss und führt dazu, dass sich noch mehr talentierte Menschen dafür entscheiden, relevante Lösungen für die Probleme und Herausforderungen unserer Zeit zu entwickeln.

Gastkommentar: Robin Godenrath
Opinions expressed by Forbes Contributors are their own.

Dieser Gastkommentar erschien in unserer Ausgabe 11/12–20 zum Thema „Security".

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