Vom Future Doctor zu Futuredoctor

Vier heute noch aktive Start-ups gegründet und so nebenbei ein Medizinstudium abgeschlossen – Amandeep Grewal hat mit seinen 28 Jahren schon einiges erreicht. Seine Start-ups bündelt der Deutsche nun in der Futuredoctor Group, denn sie verfolgen alle ein ähnliches Ziel: jungen Menschen ihren Traum vom Medizinstudium zu erfüllen. Grewal weiß, wovon er spricht.

Amandeep Grewals „30 Under 30“-Story begann bereits vor rund sechs Jahren. Der damalige Medi­zin­student arbeitete an einem Döner­stand in der Altstadt von Bratislava, als dort der „Under 30“-Summit stattfand. Grewal traf zahlreiche List­maker und Stars wie den ehemaligen Rennfahrer und heu­tigen Investor Nico Rosberg. „Ich habe jeden Einzelnen von ihnen gefragt, wie sie es auf diese Liste geschafft haben. Dieses Erlebnis hat mich sehr geprägt“, erzählt Grewal gleich zu Beginn des Interviews mit Forbes.

Doch Grewals steile Karriere war keinesfalls abzusehen – denn der heutige Unternehmer wurde zweimal vom Gymnasium verwiesen. Später, während seines Pflegepraktikums in einem Krankenhaus, wurde sein Interesse für Human­medizin geweckt, doch ohne Abiturschnitt von 1,0 war es Grewal nicht möglich, einen Studienplatz in Deutschland zu erhalten. Er entschied sich daher dafür, ins Ausland zu gehen. Der bürokratische Aufwand, der mit der Regis­trierung an einer Hochschule im Ausland einherging, überraschte ihn. Grewal erkannte eine Chance und gründete gemeinsam mit seinem heutigen Geschäftspartner Andreas Zehetner – ebenfalls „Under 30“-List­maker 2023 – eine Vermittlung für Medizin-Studienplätze im Ausland. „Ich wollte nie selbstständig werden, das alles hat sich aus einem Hobby entwickelt“, erzählt Grewal über die Geburtsstunde von Futuredoctor und seinen Start ins Unternehmertum. Heute vermittelt Futuredoctor angehenden Medizinstudierenden aus Deutschland und Österreich Studien­plätze im Ausland. Das Konzept finanziert sich durch eine Vermittlungs- sowie eine Erfolgsgebühr: Pro Anmeldung an einer ausländischen Universität werden für jegliche Dienstleistungen, die mit der Registrierung ein­hergehen, etwa die Übersetzung und Beglaubigung von Dokumenten, 300 € fällig. Ein Erfolgshonorar in Höhe von 9.600 € ist hingegen nur dann zu bezahlen, wenn auch tat­sächlich ein Studienplatz im Aus­land angenommen wird. Ergibt sich allerdings nach der Anmeldung bei Futuredoctor die Möglichkeit des Medizinstudiums in der Heimat, wird die Pauschale nicht fällig. Das Team von Futuredoctor ist an jeder der 16 Kooperationshochschulen vor Ort tätig und unterstützt sowohl bei Fragen rund um das Studium als auch bei außeruniversitären Angelegenheiten wie der Wohnungs­suche über die gesamte Studienzeit hinweg. Bis heute hat Futuredoctor über 800 Menschen vermittelt.

Grewal hat nebenbei noch weitere Start-ups gegründet. Dazu gehört „Travel4med“, das Medizin­studierenden ermöglicht, ihr Pflichtpraktikum im Ausland zu absolvieren. „Mein eigener Wunsch war es schon immer, eine typische Auslandserfahrung mit medizinischem Touch zu erleben“, erzählt Grewal. Die erste Praktikumsreise von „Travel4med“ fand diesen Sommer mit 26 Studierenden nach Sri Lanka zu einem Kooperationskrankenhaus statt; momentan werden Nepal und Indonesien als weitere Zielländer erschlossen.

Doch damit nicht genug. Nächstes Jahr wird die App zu Grewals drittem Start-up gelauncht: Mentored. Durch ein Mentoring­programm mit praktizierenden Ärzten soll Medizinstudierenden der Einstieg in den Berufsalltag erleichtert werden. „Wir wollten damit die Brücke zwischen dem Medizinstudium und der Arbeitspraxis bauen“, so Grewal. Im Business Case platzieren Kliniken ihre Ärzte über ein Monats­abo in der App, um Studierenden einen Mentor an ihre Seite zu stellen und ihnen nach dem Abschluss eine Anstellung zu ermöglichen. Dadurch soll dem ­Ärztemangel und der immer größer werdenden Unzufriedenheit unter Jungärzten entgegengetreten werden. „Mentored spricht damit ein großes Problem unserer Zeit an“, meint Grewal.

„Ich wollte nie selbstständig werden – das alles hat sich aus einem Hobby entwickelt“, erzählt Amandeep Grewal über die Geburtsstunde von Futuredoctor und seinen Start ins Unternehmertum.

Grewals viertes Start-up „FutureMBBS“ wurde 2023 in Neu-­Delhi gegründet: Das Konzept basiert auf der Idee von Future­doctor und ermöglicht angehenden Medizinstudierenden aus Indien, ihr Studium an 14 Kooperations­universitäten in Europa zu ab­solvieren.

Da die Ideen aller vier Unternehmen sehr nahe beieinander­liegen, fasst Grewal diese nun in der Futuredoctor Group zusammen. „Unser Ziel war es von Anfang an, Medizinstudierende zusammen­zubringen und ein Netzwerk aus Studierenden, Absolventen und Ärzten zu erschaffen“, so Grewal. Obwohl in der Gruppe mehr als 40 Mitarbeiter tätig sind, hat Grewal bisher auf externe Investoren verzichtet und seine Start-ups statt­dessen aus dem eigenen Cashflow finanziert. „Mittlerweile sehe ich das aber als Fehler an“, resümiert Grewal – er konzentriert sich aktuell neben der Expansion seiner Unternehmen auch auf die Inves­torensuche.

Doch Grewals Weg war nicht immer so einfach, wie es von außen scheint. „2020 war das härteste Jahr meines Lebens“, blickt der Gründer auf die Coronapandemie zurück, die einen plötzlichen Stillstand der Auslandsvermittlungen von Futuredoctor verursachte. Doch mit Covid-19 tat sich auch eine neue Chance auf: Aus der von Grewal initiierten Facebook-Gruppe „Medizinstudierende vs. Covid-19“ wurde „Match4healthcare“ ent­wickelt, eine Vermittlungsinfrastruktur, die es Kranken­anstalten während der Pandemie ermöglichte, Medizin­studierende als Unterstützung zu rekrutieren. Doch obwohl Grewal für seine Leistung rund um „Match4healthcare“ sogar vom deutschen Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier aus­gezeichnet wurde, scheiterte das Projekt – denn es wurde im Ehrenamt betrieben, was nicht mehr tragbar war.

Doch der 28-­Jährige sah auch darin wieder eine neue Möglichkeit: Parallel zu „Match4­healthcare“ baute Grewal das Projekt „Match4crisis“ auf, das nächstes Jahr gelauncht werden soll. Basierend auf der gleichen Infrastruktur wie „Match4health­care“ wird so Hilfsorganisa­tionen eine Rekrutierungsplattform geboten, um in schwierigen Zeiten Unterstützung zu finden.

Grewal: „Wenn ich eines auf meinem Karriereweg gelernt habe, dann, dass Down-Phasen essenziell für das Wachstum sind.“ Und dann verweist der Seriengründer und Mediziner auf ein Zitat von Apple-Gründer Steve Jobs, das ihn bereits seit Beginn seines Medizinstudiums im Jahr 2014 begleitet: „You can’t connect the dots looking forward; you can only connect them looking back.“ Und Grewal ergänzt noch: „Man kann seinen Kurs immer korrigieren – man darf nur niemals stehen bleiben.“

Amandeep Grewal, 28, studierte Medizin und gründete insgesamt vier Start-ups. Diese Unternehmen wurden mittlerweile zur Futuredoctor Group zusammen­gefasst, die Studierende vor und während ihres Medizinstudiums unter­stützen soll.

Fotos: Valentin Goppel

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