vom Hin und Her Profitieren

Der weltweite Warenhandel ist trotz aller Krisen nicht unterzukriegen. Logistikunternehmen profitieren davon – und wachsame Investoren auch.

Gewaltige 4,35 Bio. € beträgt der Wert des gesamten Waren­verkehrs allein der Europäischen ­Union mit allen Handelspartnern weltweit, der Handel rund um den Globus macht ein Vielfaches aus. Um das reibungslos zu bewerkstelligen, braucht es eine ­ausgetüftelte Strategie, und die liefern Logistikunternehmen. Die Branche selbst gibt – Krise hin oder her – ­kräftige Lebenszeichen von sich, das ­zeigen die M&A-Aktivitäten, wie eine Studie von „Strategy&“, der globalen Strate­gieberatung der Wirtschaftsprüfungs- und ­Beratungsgesellschaft PwC, zeigt. Zwar waren die weltweiten Fusionen und Über­nahmen in der Transport- und Logistik­branche in der ersten Jahres­hälfte 2022 leicht ­rück­läufig, doch war das Jahr davor ein Rekordjahr.

Zwischen Januar und Juni 2022 wurden insgesamt 129 Deals im Gesamtwert von 125,9 Mrd. US-$ angekündigt. Damit liegt das erste Halbjahr nur leicht unter dem Fünfjahresdurchschnitt von 134 Fusionen und Übernahmen pro Halbjahr. Das Deal-Volumen erreichte den höchsten Wert für ein Halbjahr seit 2017. Treiber dieser so­liden M&A-Entwicklung sind fracht­be­zogene Deals, die für 72 % der Transak­tionen verantwortlich waren; die übrigen 28 % entfallen auf Zusammen­schlüsse im Personentransport. Besonders aktiv zeigten sich dabei strategische Investoren, die an beinahe jedem zweiten Deal (46 %) beteiligt waren.

Maßgeblichen Anteil am ­hohen Deal-Volumen hat die größte Übernahme der ersten Jahres­hälfte: Blackstone und die italienische ­Benetton-Familie haben angekündigt, über ein gemeinsames Investitionsvehikel die verbliebenen 66,6 % an der italienischen Gruppe ­Atlantia mit Transportinfrastrukturen für 52 Mrd. US-$ zu kaufen.

Auffällig schwach schneidet laut den Strategy&-Analysten übrigens China in der M&A-Halbjahresbilanz ab: Im Reich der Mitte befinden sich die Deal-Aktivitäten in der Branche auf dem niedrigsten Stand seit zehn Jahren. Im ersten Halbjahr waren chinesische Transport- und Logistikunternehmen nur an 15 % aller weltweiten Deals beteiligt. Dieser Trend könnte sich weiter fortsetzen.

Vom Boom der ­Logistiker lässt sich profitieren – und da lohnt sich ein Blick auf die ­Aktie von ­Fedex. Die Federal Express Corpo­ration Inc., wie sie mit vollem Namen heißt, wurde 1971 in Little Rock, Arkansas, gegründet und ist ein weltweit operierendes US-ameri­kanisches Kurier- und Logistik­unternehmen. Die Zentrale liegt in Memphis im US-Bundes­staat Tennessee. An die 550.000 ­Mitarbeiter erwirtschafteten unter der Ägide von Gründer Frederick W. Smith im Vorjahr einen Umsatz von 83,9 Mrd. US-$ und einen Jahresüberschuss von 5,23 Mrd. US-$. Die Eigenkapitalquote des Unternehmens lag 2021 bei 29,20 %.

Fedex zahlt eine ­Dividende von 1,15 US-$ viermal im Jahr aus; das ist deutlich höher als die 75 Cent vom Jahr davor. Das Unternehmen begann das Geschäft mit 14 Dassault ­Falcon 20 und betreibt inzwischen eine der weltweit größten ­Luftfrachtflotten: Zum Halbjahr 2022 betrieb das Unter­nehmen insgesamt 696 Flugzeuge. Zum Vergleich: Die Lufthansa kommt mit ­ihrer Tochter­gesellschaft Eurowings auf 450 Maschinen. Mit Zukäufen wie zum Beispiel dem des Konkurrenten TNT erweiterte ­Fedex sein Im­perium beständig. Der Name ist heute einer der geläufigsten in den USA – nicht zuletzt auch wegen des Spielfilms „Cast Away“ mit Tom Hanks in der Hauptrolle.

Die Aktie – mit einem Stand von 156 US-$ – legte Anfang Okto­ber an einem einzigen Handelstag um mehr als 4 % zu. Kurz ­darauf wurde ein Votum der Schweizer Großbank UBS veröffentlicht: Das Finanz­institut hat die Einstufung für Fedex nach einem Investorentreffen mit dem Management weiter auf „Buy“ mit einem Kursziel von 215 US-$ festgesetzt. Das Meeting habe tiefe­re Einblicke in die aktuellen Heraus­forderungen und strategischen Prioritäten des Logistik­konzerns ­ermöglicht, so die UBS.

Indifferent, aber durchaus positiv zeigte sich die ebenfalls schweizerische Bank Credit Suisse. Sie hat das Kursziel für Fedex zwar von 236 auf 205 US-$ gesenkt, aber die Einstufung auf „Outperform“ belassen: Die erhebliche Enttäuschung über die Gewinnentwicklung habe die Risiken vonseiten der Gesamtwirtschaft aufgezeigt. Anleger, die nach einem Silberstreif am Horizont suchten, könnten wohl davon aus­gehen, dass die USA diesbezüglich im Vergleich zu Asien und Europa etwas besser positioniert seien, meinten die Analysten. Dies sei ein gutes Zeichen für die be­obachteten Werte aus dem Transportsektor, die im Allgemeinen stärker in der nordamerikanischen Wirtschaft enga­giert seien, so die Credit Suisse.

Einer der Konkurrenten von Fedex ist United Parcel Service of America, Inc., abgekürzt UPS. Schon im Jahr 1907 in Seattle als American Messenger Company von James E. Casey gegründet und 1919 in United Parcel Service umbenannt, beschäftigt das Unternehmen ­heute 534.000 Mitarbeiter in mehr als 220 Ländern weltweit.

Täglich werden 25,2 Millionen Pakete zugestellt, was 2021 ­einen Umsatz von 97,3 Mrd. US-$ einbrachte. UPS betreibt vier Tochtergesellschaften, darunter die UPS Airlines mit knapp 300 ­Flugzeugen. Die Aktie lag zuletzt bei 165 US-$ pro Stück und gewann während der letzten drei Jahre um mehr als 35 % an Wert dazu. Die Aussichten sind gut: So hat die Credit Suisse das Kursziel für UPS nach den letzten Quartalszahlen von 198 US-$ auf 204 US-$ angehoben und die Einstufung auf „Outperform“ belassen. Die unerwartet starken Resul­tate seien ein Beleg, dass der Logistik­konzern die wirtschaftlichen Heraus­forderungen meistern könne, so die Schweizer Analysten.

Die Deutsche Post ist ebenfalls einer der großen Player am Logistik­markt. Das Unternehmen mit Sitz in Bonn ging 1995 aus der früheren Behörde Deutsche Bundespost hervor; die Privatisierung erfolgte ab Ende 1999. Der Konzern mit knapp 600.000 Mitarbeitern tritt seit 2015 unter dem Namen Deutsche Post DHL Group auf. Das ­internationale Logistikgeschäft wird unter der Marke DHL geführt, das ­nationale Postgeschäft unter den Marken Deutsche Post und DHL. Im Vorjahr lag der Umsatz bei 81,75 Mrd. €, der Gewinn wurde um kräftige 69,6 % auf 5,1 Mrd. € gesteigert.

Diese hervorragenden Zahlen lassen auch die Analysten die Daumen für die Deutsche Post heben: So hat das Analysehaus Warburg ­Research die Einstufung für die Deutsche Post nach Zahlen auf „Buy“ (mit einem Kursziel von 51 €) belassen. Das gibt bei zuletzt 35 € pro ­Aktie ein saftiges ­Kurspotenzial; das Papier legte allein im Oktober rund 14 % an Wert zu. Die vorläufigen Angaben zum dritten Quartal zeigten, dass die Ergebnisse trotz der konjunkturellen Unsicherheiten alles andere als in Gefahr seien, meint die Bank. Damit sollte sich die Aufmerksamkeit wieder auf die äußerst günstige Bewertung richten. Die Divi­dendenrendite sei attraktiv, so Warburg Research.

Mit einer positiven Stimme zur Deutschen Post meldete sich auch Deutsche Bank Research: Dort hat man das Kursziel für den ­Logistiker von 43 € auf 45 € angehoben und die Einstufung auf „Buy“ belassen – Logistikunternehmen hätten insgesamt ein solides drittes Quartal hinter sich, schrieb Analyst Andy Chu, die Deutsche Post zählt zu den „Top Picks“ des Analysten. Bernstein­Research setzte die Deutsche Post auf „Outperform“ und sieht ein Kursziel von 42 € im Bereich des Möglichen.

Illustration: Valentin Berger

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