„Wenn sie uns unfair behandeln, müssen sie zahlen“

Nach fünf Monaten im Amt ist klar: Donald Trump ist zurück – und er ist politisch mächtiger und finanziell stärker als je zuvor. Mit seiner „America First!“- Politik und neuen Strafzöllen trifft er nicht nur geopolitische Rivalen, sondern auch die globale Luxusindustrie. Eine Analyse über den Mann, der aus Politik ein Geschäft gemacht hat – und die Weltwirtschaft immer wieder an den Rand eines Handelskriegs führt.

Er schiebt den schweren Goldvorhang zur Seite und deutet auf den Schreibtisch. „Das ist der berühmteste Tisch der Welt“, sagt Donald Trump, während seine Hand über die glatte Oberfläche des Resolute Desk ­gleitet. Hier, im Oval Office, wo John F. ­Kennedy einst den Kalten Krieg managte und Ronald Reagan mit Michail Gorbatschow verhandelte, inszenierte sich der 45. und 47. Präsident der Vereinigten Staaten bereits in seiner ersten Amtszeit als größter Dealmaker der Geschichte.

Die Szene spielte sich ab, als Trump Forbes 2017 persönlich durch das Oval Office führte – bei einem Interview, das ihm eine Bühne für das bot, was er am besten kann: verkaufen, ­gewinnen, dominieren. Er zeigte auf den neu verlegten ­Teppich, auf die goldenen Vorhänge und öffnete mit sichtbarem Stolz die Tür zu seinem ­privaten Badezimmer: eine Notwendigkeit für Trump, der sich selbst einen „Germophoben“ nennt; ­einen Keimphobiker. Die Situation wirkte ­weniger wie die Amtsführung eines Staatsmanns, ­sondern vielmehr wie ein Verkaufsgespräch für eine Trump-Suite im „Doral Miami“-Golfresort.

Seit Jahrzehnten hat Trump seine Marke um den Mythos des erfolgreichen Geschäftsmanns aufgebaut – vom Immobilienmogul über den TV-Star bis zum zweifach gewählten US-Präsidenten. Nun, nach zwei Amts­enthebungsverfahren, einem Schuldspruch in 34 Anklage­punkten (jedoch ohne Strafe) und ­einem politisch wie geschäftlich mehr als umstrittenen, aber äußerst erfolgreichen Comeback, verfolgt er dieselbe Strategie weiter: „America First!“; Freihandel beenden, Deals diktieren.

Trumps wirtschaftspolitische ­Maßnahmen – darunter vor allem immer wieder neu eingeführte und wenig später aufgehobene Zölle – treffen inzwischen nicht nur Tech-Riesen oder Autohersteller, sondern zunehmend auch Luxus­marken von Hermès bis Porsche, von Rolex bis Tiffany. „Die Luxusindustrie lebt von offenen Märkten, internationalen Lieferketten und globalen Kundenschichten“, schreibt die Süddeutsche Zeitung in einer Analyse. Trumps „America First!“-Agenda hingegen setzt auf Abschottung, Strafzölle und Protektionismus – ein Spiel mit hohem Risiko, nicht nur für Luxusmarken, sondern auch für die US-Wirtschaft selbst.

In Europa, Asien und Lateinamerika herrscht Nervosität. Lieferketten werden um­gebaut, Preisschilder neu geschrieben. CEOs warnen vor den Folgen der Handelspolitik des Präsidenten. Dabei hat die Branche für das Jahr 2025 sowieso schon genügend Herausforderungen zu lösen, und die USA spielen dabei eine zen­trale Rolle: Mit einem Marktanteil von 28 % sind sie – hinter Europa mit 30 % – der zweitgrößte Markt für persönliche Luxusgüter weltweit. Europas Wachstum wurde zuletzt vor allem durch amerikanische Touristen befeuert, doch es sind die US-Konsumenten, die den Ton angeben – geschmacklich wie wirtschaftlich. Zum Vergleich: Festland-China fiel mit nur 12 % deutlich zurück; die Verkäufe dort brachen im vergangenen Jahr um 20 % ein.

Auch auf der Angebotsseite dominiert ­Europa. Laut der Europäischen Kommission ­liefert die EU rund 70 % des weltweiten Angebots an Luxus­gütern – von Mode über Schmuck und Uhren bis hin zu Parfüms und Lederwaren. Das Marktvolumen lag zuletzt bei 288 Mrd. ­US-$. Allein Frankreich exportierte 2024 im Wert von rund 4,5 Mrd. € in die USA. In einer Analyse der Associated Press warnte Claudia D’Arpizio, Partnerin bei Bain & Company, bereits 2024 vor drastischen Folgen: „Das könnte ein Albtraum sein, wenn es umgesetzt wird. Europäische Marken könnten in einer bereits teuren Umgebung noch teurer werden.“

Und Trump? Den interessiert das alles scheinbar nicht. Er inszeniert sich einmal mehr als der Mann, der alles alleine regeln kann – im Sinne der US-Konsumenten natürlich. „Es ist ganz einfach: Wenn sie uns 50 % Zölle aufbrummen, dann machen wir das auch“, sagte er zu Forbes während seiner ersten Amtszeit. Und heute? „Jetzt machen wir es endlich“, verkündet er triumphierend.

Auch ohne Trump ist die wirtschaftliche Lage der Luxusbranche angespannt. Laut Bain & Company wird für 2025 ein Rückgang des globalen Luxusgütermarkts zwischen 2 % und 5 % prognostiziert, nachdem bereits 2024 ein Rückgang von 1 % verzeichnet wurde. Die Einführung neuer US-Zölle auf europäische und schweizerische Importe – 20 % bzw. 31 % – zwingt Marken dazu, ihre Preise in den USA um durchschnittlich 5 % bis 6 % zu erhöhen, um die Margen zu ­sichern. Diese Preisanpassungen könnten ­jedoch die Nachfrage dämpfen, insbesondere bei mittelständischen Konsumenten, die bereits unter Inflation und wirtschaftlicher Unsicherheit leiden. Die Zölle gegenüber beiden Regionen wurden wenig später reduziert oder ausgesetzt, doch der Schaden war bereits getan: Die Schweizer Wirtschaftsaktivität erlebte laut Seco einen Schock wie zuletzt während Covid. Die Europäische Union hatte im ersten Quartal ein leichtes Wachstum geschafft, doch nun ist – nach den Ankündigungen Anfang April – auch dieses zarte Pflänzchen stark bedroht.

Auch die Erholung der Luxusbranche dürfte vorbei sein: Nachdem Marken wie Hermès, LVMH, Kering, Gucci oder der Richemont-­Konzern im vierten Quartal die Erwartungen übertreffen konnten, dürften die Zölle diese Erholung im Keim ersticken. Zusammen mit einem anhaltend gedämpften Appetit auf Luxusmarken in China könnten insbesondere europäische Marken auch 2025 zu kämpfen haben. Eine mögliche Folge? Konsolidierung. Bereits im April wurde der erste Megadeal verkündet: Prada übernimmt Versace für fast 1,4 Mrd. US-$. Geht es nach Experten, könnten weitere M&A-Deals in der Branche folgen.

„Ich liebe es, Deals zu machen. Je größer, desto besser.“

Donald Trump

Doch wie konnte es überhaupt so weit kommen? Was treibt Trump an, einen Mann, der nie wirklich ein Unternehmer im klassischen Sinn war, sondern vor allem ein Meister des Moments, des „Deals“, der Inszenierung? Wer Donald Trump wirklich verstehen will, muss dorthin zurückgehen, wo alles begann – und erkennen, dass es nie um das System ging. Es ging immer nur um den einen großen Gewinn. Vor allem für ihn selbst.

Donald Trump liebt es, sich als Selfmade-Milliardär zu inszenieren. Die Realität sieht jedoch anders aus: Geboren 1946 in Queens wächst er als Sohn von Fred Trump auf, einem erfolg­reichen Immobilienunternehmer. Schon früh lernt Donald, dass es im Geschäft nicht um Partnerschaften, sondern ums Gewinnen geht. „Der Mensch ist das wildeste Tier von allen“, sagt er 1981 gegenüber dem US-Magazin People – ein Zitat, das Forbes 1982 aufgreift, als Trump erstmals auf der Forbes-400-Liste der reichsten US-Amerikaner erscheint.

Trump ist in erster Linie ein Verkäufer. Seine frühen Erfolge, etwa der Bau des Trump Tower, sind keine Meisterleistungen der Architektur, sondern geschickte PR-Coups. Er verkauft den Mythos Trump, nicht das Produkt. Mit der TV-Show „The Apprentice“ wird er in den 2000er-Jahren endgültig zur nationalen Marke. Seine Unter­nehmen scheitern oft (von Casinos bis zu Universitäten), doch Trump schafft es immer wieder, das Scheitern letztlich als Sieg zu verkaufen.

Als er 2015 seine Präsidentschaftskandidatur verkündet, wird er von vielen Beobachtern ausgelacht. Doch Trump setzt sich nicht nur bei den Vorwahlen der Republikanischen Partei durch, sondern gewinnt zur Überraschung so ziemlich aller Experten auch die US-Präsidentschaftswahl 2016 gegen die demokratische Kandidatin Hillary Clinton. Er setzt dabei auf eine einfache Strategie, die ihm schon in der Vergangenheit geholfen hatte: simple Botschaften, klare Feindbilder, maximale Selbstinszenierung. Sein Versprechen: Amerika soll auf dem internationalen Parkett wieder ein Gewinner werden – „Make America Great Again“.

Kaum im Amt beginnt Trump damit, das politische Geschäft wie einen Immobilien-Deal zu führen: Er kündigt internationale Abkommen, steigt aus dem Pariser Klimaabkommen aus, legt den Transpazifischen Handelspakt auf Eis und erklärt das nordamerikanische Freihandelsabkommen Nafta für „den schlimmsten Deal aller Zeiten“. Statt multilateraler Zusammenarbeit setzt er auf bilaterale Verhandlungen. Erneut sind es Erfahrungen, die Trump über Jahrzehnte gemacht hat, die er in seine neue Rolle mitnimmt: „Du sitzt jemandem gegenüber. Und wenn er verliert, hast du gewonnen“, sagt er 2017 in einem Interview mit Forbes. Es ist das exakte Gegenteil dessen, worauf sich ein Großteil der Welt im Zuge der Globalisierung geeinigt hatte: nämlich darauf, dass Zusammenarbeit und Freihandel mehr Wohlstand für alle bedeuten.

Trumps wichtigste – und liebste – Waffe: Zölle. Unter dem Vorwand der „nationalen Sicherheit“ belegt er 2018 Stahl und Aluminium aus Europa, Kanada und China mit Strafzöllen. Besonders betroffen sind deutsche Luxusautohersteller: Porsche, Mercedes-Benz und BMW müssen sich auf Strafzölle einstellen, wenn sie in Mexiko oder Europa produzieren. Trump droht: „Wer wo produziert, wird ab jetzt darüber entscheiden, ob er hier noch verkaufen darf – oder eben nicht“ (Forbes).

Die Folgen sind global spürbar. Europa droht mit Gegenmaßnahmen, China ­antwortet mit eigenen Zöllen. Besonders betroffen sind Marken mit internationalen Lieferketten, die zunehmend zu Spielbällen politischer Machtspiele werden. „Trump hat einen Dominoeffekt ausgelöst“, analysiert Forbes. „Das globale Geschäft lebt vom freien Handel. Trumps Politik könnte Milliarden vernichten.“

Doch Trump bleibt unbeeindruckt. „Wir holen uns zurück, was uns gehört“, wiederholt er. Für ihn zählt nur der Moment – und das Bild des Siegers.

Als Trump das Weiße Haus 2021 ver­lässt, sieht es kurz so aus, als wäre seine Ära vorbei. Doch er findet ein neues Geschäftsfeld: Im Januar 2021 wird er aufgrund seiner Äußerungen und seiner Rolle beim Sturm auf das Kapitol in Washington am 6. Januar 2021 von den Social-Media-Platt­formen Twitter (heute X), Instagram und Facebook verbannt – wenige Wochen später kündigt er an, seine eigene Plattform zu starten. Trump gründet sein eigenes Medienunternehmen, die Trump Media & Technology Group (TMTG), die Muttergesellschaft der Plattform Truth Social. Trump hält 90 % der Anteile, ohne einen Cent investiert zu haben, wie Forbes berichtet.

Das Geschäftsmodell ist wirtschaftlich fragwürdig. Die Plattform schreibt Millionenverluste, doch das spielt an der Börse keine Rolle. Die Aktie explodiert – vor allem, weil Trump dahinter steht. „Trump hat Politik in Milliarden verwandelt wie kein anderer“, analysiert Forbes. Kurz vor seiner zweiten Wahl liegt der Börsenwert von TMTG bei zehn Mrd. US-$, zuletzt lag die Marktkapitalisierung noch bei 5,7 Mrd. US-$. In der World’s Billionaires List 2025 schätzt Forbes Trumps Nettovermögen auf 5,1 Mrd. US-$. Zum Vergleich: Nach seiner ersten Amtszeit im Frühjahr 2021 lag sein Vermögen bei 2,4 Mrd. US-$ und damit bei weniger als der Hälfte. Parallel boomen seine Golfclubs und Resorts, die zunehmend zum Treffpunkt für Lobbyisten und Fans werden. Die Mitgliedschaft in Trumps Club „Mar-A-Lago“ kostet mittlerweile eine Mio. US-$. Trump vermarktet sich selbst – und verkauft alles von NFTs bis zu Bibeln.

Zurück an der Macht, im Januar 2025, setzt Trump erneut auf sein liebstes Werkzeug: Zölle. Europa reagiert mit Drohungen, doch Trumps Botschaft bleibt dieselbe: „Wenn sie uns unfair behandeln, dann zahlen sie.“ Die Financial Times spricht von einem „Zollkrieg ohne Rücksicht auf Verluste“.

Wieder ist die Luxusindustrie stark be­troffen: Autos, Mode, Uhren – alles wird teurer. Luxusmarken wie Hermès, Louis Vuitton oder Gucci fürchten Milliardenverluste. „Die USA sind der wichtigste Luxusmarkt der Welt“, warnt Bain & Company erneut gegenüber Forbes. „Wenn Trump die Preise nach oben treibt, leidet die ganze Branche.“

Ganz durchhalten kann Trump das Spiel freilich nicht. Mit Europa laufen Verhandlungen, mit China wurde eine Reduktion der Zölle vereinbart: Die USA senken die Zölle von 145 % auf 30 %, China senkt sie von 125 % auf 10 %. Die Zölle gegenüber anderen Regionen wurden für 90 Tage ausgesetzt.

Denn der Preis für Trumps Zollpolitik ist hoch – auch für das eigene Land. Die Maßnahmen belasten nicht nur die internationalen Handelsbeziehungen, sondern treffen zunehmend auch die US-Wirtschaft selbst. Laut einer Analyse der Yale University könnten die Zölle das Wirtschaftswachstum der Vereinigten Staaten im Jahr 2025 um 0,7 % drücken – langfristig könnte das Minus bei 0,4 % liegen. Und auch am Arbeitsmarkt hinterlässt der Kurs Spuren: Rund 456.000 Jobs könnten laut Schätzungen bis Jahresende verloren gehen.

Die Quittung dafür bekommt Trump von den eigenen Wählern. Einer Umfrage des Pew Research Center zufolge unterstützten im April 2025 nur noch 40 % der Amerikaner seinen Kurs – 59 % lehnen die neuen Zölle ab. Auch die allgemeine Zustimmung zum Präsidenten bröckelt: Laut einer Erhebung von Yougov missbilligen mittlerweile 51 % der US-Bevölkerung seine Amtsführung, das ist ein Rückgang um 14 % seit seiner Rückkehr ins Weiße Haus. Doch Trump wäre nicht Trump, würde ihn das bremsen: Noch verkauft er die Zölle weiter als Sieg für Amerika – allen wirtschaftlichen Warnungen zum Trotz.

Die Frage bleibt: Wie lange funktioniert dieses Spiel? Trumps eigene Erfolge beruhen oft auf Momentaufnahmen, nicht auf dem nachhaltigen Aufbau von Substanz. Die Märkte sind weiterhin nervös, die globale Wirtschaft verunsichert, auch die Luxusbranche verfolgt die Aktivitäten, die das Weiße Haus setzt, genau.

Und Trump? Der hat in den ersten fünf Monaten seiner zweiten Amtszeit gezeigt, dass er immer noch das ist, was er immer war: der größte Verkäufer seiner eigenen Geschichte. Was sonst passiert, ist nicht so wichtig. Wichtig ist es, zu gewinnen. Und zwar um jeden Preis – koste es, was es wolle.

Donald Trump wurde 1946 in New York geboren. Er ist Unternehmer und aktuell 47. Präsident der Vereinigten Staaten. Er baute seinen Ruf als Immobilienmogul und TV-Star auf, bevor er 2016 überraschend ins Weiße Haus einzog. Nach seiner ersten Amtszeit verwandelte er seine politische Bewegung in ein Milliardengeschäft und kehrte 2025 erneut an die Macht zurück.

Text: Randall Lane, Dan Alexander, Klaus Fiala
Fotos: Jamel Toppin für Forbes

Forbes Editors

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