Wie zwei Silicon-Valley-Veteranen mit KI den Kundenservice neu definieren

Bret Taylor und Clay Bavor gehören zu den bekanntesten Führungskräften des Silicon Valley. Nach Karrieren bei Google, Facebook, Salesforce und Twitter gründeten sie 2023 das KI-Unternehmen Sierra – mit dem Ziel, den Kundenservice großer Unternehmen grundlegend zu verändern. Heute ist Sierra 10 Mrd. US-$ wert, und beide Gründer sind Milliardäre.

Taylor, ehemaliger Co-CEO von Salesforce und aktueller Vorsitzender des OpenAI-Verwaltungsrats, leitet Sierra als CEO. Das Start-up entwickelt KI-Agenten, die Kundenanfragen automatisiert bearbeiten – von Reklamationen bis zu Vertragsänderungen. Zu den Kunden zählen The North Face, Rivian, ADT und SiriusXM. Mehr als die Hälfte der Kundenunternehmen erwirtschaftet über 1 Mrd. US-$ Umsatz, ein Fünftel über 10 Mrd. US-$. Laut internen Quellen liegt der Jahresumsatz von Sierra bei über 100 Mio. US-$.

Die Idee: KI-Agenten sollen langfristig der Hauptkanal zwischen Unternehmen und Kunden werden – über Chat, Telefon oder App. Sie sollen Kundendaten verstehen, Vorlieben erkennen und proaktiv handeln. „Die Personalisierung war eines der großen Versprechen des Internets – wirklich umgesetzt wurde sie bisher nur bei Werbung“, sagt Mitgründer Bavor, der zuvor 18 Jahre bei Google tätig war.

Im September 2025 sammelte Sierra 350 Mio. US-$ von Investoren wie Sequoia, Benchmark, Thrive Capital und Greenoaks ein. Letzterer bewertet das Unternehmen mit 10 Mrd. US-$. Laut Forbes besitzen Taylor und Bavor jeweils rund ein Viertel der Anteile.

Die Konkurrenz ist groß: Start-ups wie Decagon (1,5 Mrd. US-$ Bewertung), Kustomer oder Intercom kämpfen um Marktanteile. Das Marktvolumen für KI-basierten Kundenservice lag 2024 bei 12 Mrd. US-$ und soll laut MarketsAndMarkets bis 2030 auf knapp 50 Mrd. US-$ steigen.

Taylor und Bavor arbeiten an mehreren neuen Produkten: Sierra-Agenten können künftig direkt in ChatGPT integriert werden, Kundendaten aus verschiedenen Kanälen kombinieren und Mitarbeiter in Callcentern mit Echtzeitinformationen unterstützen. „Wir starten ein Gespräch nicht mehr bei null“, so Bavor.

Das Geschäftsmodell ist leistungsbasiert: Sierra verdient nur, wenn seine Agenten Kundenanfragen vollständig selbst lösen. Rivalen wie Intercom verlangen etwa 0,90 US-$ pro abgeschlossenen Fall.

Trotz Taylors Doppelfunktion bei OpenAI sieht er keine Interessenkonflikte: „Die Aufgaben sind unterschiedlich – bei Sierra geht es um Produkte, bei OpenAI um Forschung und Zukunft.“ Beide Rollen ergänzten sich, sagt er.

Sierra beschäftigt inzwischen mehr als 300 Mitarbeiter und arbeitet eng mit OpenAI, Google und ElevenLabs an Sprachmodellen. Ein sogenannter „Voice Sommelier“ im Team entwickelt individuelle Stimmen für Marken.

Langfristig will Taylor, dass nicht nur Unternehmen, sondern auch Konsumenten eigene KI-Agenten haben – die wiederum miteinander interagieren. Doch er sieht auch Risiken: „Unternehmen müssen Verantwortung für Weiterbildung übernehmen, wenn Jobs wegfallen.“

Taylors Ziel: ein Kundenerlebnis, das „persönlich und proaktiv, aber nicht aufdringlich“ ist. Wenn das gelingt, könnte Sierra zu einem der prägenden Unternehmen der KI-Ära werden.

Text: Richard Nieva
Foto: Sera AI

Up to Date

Mit dem FORBES-NEWSLETTER bekommen Sie regelmässig die spannendsten Artikel sowie Eventankündigungen direkt in Ihr E-mail-Postfach geliefert.