Zwischen Tradition und Touchscreen

Die Grillmarke Weber balanciert zwischen jahrhundertealter Grillkultur und digitaler Innovation. Country Manager Daniel Ipser erklärt, wie das Unternehmen neue Zielgruppen erschließt, ohne die klassischen Grills zu vergessen.

Den Seminarraum im Weber Original Store in Brunn am Gebirge, 20 Autominuten südlich von Wien, dominiert ein langer Holztisch; direkt neben dem Eingang lockt eine gut bestückte Bar. Und in einer Ecke stehen alte Weber-Grills: rot glänzende Kugeln, die an eine Zeit erinnern, als Grillen Männersache war und fast ausschließlich Steaks und Würstchen auf den Grill kamen. Hinter ihnen sieht man durch ein Fenster auf die Terrasse, wo die neuen Modelle stehen: Gas- und Elektrogrills in Schwarz, Silber, aber auch in Mintgrün. Manche von ihnen sind so klein, dass sie auch auf einem Esstisch Platz hätten; andere lassen sich mit dem Smartphone verbinden, damit das Grillen einfacher wird.

Hier treffen wir Daniel Ipser. Der 43-Jährige war vier Jahre bei Dyson und über zehn Jahre bei Sony tätig, bevor er 2023 Geschäftsführer von Weber-Stephen in Österreich wurde. Dyson, Sony, Weber – das sind, sagt Ipser, alles Marken, die Emotionen wecken: „Wir schaffen Momente des Zusammenseins. Essen verbindet.“

Das beschreibt die Strategie von Weber ganz gut. Das 1952 gegründete Unternehmen verkauft ein Gefühl von Beisammensein. An den Wänden des Weber-Geschäfts hängen Bilder von Familien und Befreundeten, die an einem Sommerabend eine gute Zeit im eigenen Garten verbringen, Spaß haben – und eben grillen. Wobei der Grill meist gar nicht im Vordergrund steht. Laut einer Studie des Handelsverbands und von Mindtake aus dem Jahr 2024 sagte fast die Hälfte der befragten Österreicher:innen, dass das Beisammensein mit Freund:innen und Familie einer der wichtigsten Gründe sei, zu grillen.

Doch diese Bilder zeigen auch eine Herausforderung für Weber: Es liegt hauptsächlich Fleisch auf den Grills und Tellern. Gleichzeitig sagten in einer Umfrage aus dem Jahr 2024 41 % der Österreicher:innen, dass sie weniger Fleisch essen wollen. Weber muss sich also überlegen, was die 73 Jahre alte Marke repräsentieren soll.

Die Geschichte von Weber beginnt in Chicago. George Stephen, ein Mitarbeiter von Weber Brothers Metal Works, ärgerte sich darüber, dass sein Grill bei Wind und Regen nicht richtig funktionierte. Gemauerte Ziegelgrills – sie sind auf einer Seite offen und können nicht geschlossen werden, was sie sehr wetteranfällig macht – waren damals die Norm. Stephens Lösung, so die Gründungs­geschichte: Er nahm eine Schiffsboje, schnitt sie in zwei Hälften und baute daraus den ersten Kugelgrill. Die Erfindung löste das Problem der Wetterabhängigkeit und revolutionierte das Grillen: Der geschlossene Deckel ermöglichte indirektes Grillen – das Grillgut wird dabei nicht direkt erhitzt, erklärt Ipser, sondern durch die heiße Luft gegart. Das machte aus dem simplen Brutzeln von Fleisch eine vielseitige Kochmethode.

Wir schaffen Momente des Zusammenseins – Essen verbindet.

Daniel Ipser

Was mit einer aufgeschnittenen Boje begann, ist heute ein globales Unternehmen. Weber produziert weltweit das gleiche Portfolio, die Grillvorlieben unterscheiden sich aber von Land zu Land. „In Frankreich ist der Grillplatten-Grill etabliert, bei uns grillen die meisten auf dem Rost“, nennt Ipser ein Beispiel. Besonders in urbanen Räumen kämen Elektrogrills immer häufiger zum Einsatz. In Österreich dominiert aber noch Kohle: 43,9 % setzen beim Grillen auf Holzkohle. 15,5 % grillen per Elektrogrill, der Gasgrill liegt dazwischen.

Hierzulande ist Weber laut dem Marktforschungsinstitut GfK Marktführer. Vier Weber Original Stores gibt es in Österreich, in Brunn am Gebirge, Graz-Seiersberg, Salzburg und Marchtrenk. Diese Geschäfte sind nicht nur Verkaufsfläche: Allein im Store in Brunn am Gebirge bei Wien finden jährlich 250 Grillkurse statt, bei denen 15 bis 20 Teilnehmer:innen lernen, wie man auf einem Weber grillt. Die Kurse reichen vom Workshop für Einsteiger:innen bis zum Spezialtraining für bestimmte Zubereitungsarten. „Ich bin begeistert, wie viele Menschen Lust haben, das Grillen mit unseren Geräten zu entdecken und zu meistern“, sagt Ipser nicht ohne Stolz.

Die Kurse sollen die Weber-Community stärken. „Es gibt nie ein falsches Grillen“, betont Ipser, „es gibt nur solche, die öfter grillen, und solche, die weniger oft grillen. Durch Erfahrungen lernt man.“ Er beschreibt die Kurse mehr wie gesellige Veranstaltungen, bei denen Teilnehmer:innen auch etwas lernen können. Außerdem, so der Geschäftsführer, werden Kursteilnehmende Markenbotschafter:innen: „Wenn du auf einem Weber grillen gelernt hast, dann wirst du damit dein Umfeld begeistern“, sagt er.

Was die Österreicher:innen beim Grillen am liebsten haben, überrascht: 53 % der Befragten sagen, dass gegrilltes Gemüse eines ihrer liebsten Lebensmittel beim Grillen ist. Das heißt aber nicht zwingend, dass mehr Gemüse als Fleisch gegrillt wird: Die klassische Grillwurst folgt mit 48,5 % auf Platz zwei, danach folgen Geflügel (47,9 %) und Schweinefleisch (47,4 %).

Ipser sagt, dass der Trend aber langsam von Fleisch wegführt – die Marke will daher künftig noch stärker auf die Bedürfnisse von Vegetarier:innen und Veganer:innen eingehen. „Wir stehen nicht rein für Fleisch, nicht rein für vegetarische Speisen, nicht rein für Veganes. Es ist alles und es ist all day“, betont Ipser. Soll auch heißen: Morgens Eierspeise mit Avocado-Toast, mittags Gemüse, abends Burger – der Grill wird zur Outdoorküche.

Wachstumspotenzial sieht Ipser besonders im urbanen Raum. Immer mehr Menschen leben in Städten; sie haben kleine Balkone statt große Gärten – für sie hat Weber kompakte Elektrogrills entwickelt, wie den Lumin. „In vielen Ländern darfst du gar keinen Gas- oder Kohlegrill auf dem Balkon haben“, erklärt Ipser. Der Elektromarkt wachse stark, sagt er.

Die größte Innovation aber ist wohl der Summit Smart, Webers erster voll vernetzter Grill. Über eine App lässt sich die Temperatur regeln, Nutzer:innen können verschiedene Temperaturzonen einstellen, und es gibt Rezepte, die Schritt für Schritt durch den Grillprozess führen. „Es ist wie ein DJ-Pult, wo du anfängst, die Regler zu bedienen“, so Ipser.

Der Spagat zwischen Tradition und Innovation ist nicht ohne Risiko. „Natürlich gibt es Leute, die immer mit Holzkohle grillen wollen, egal was wir anbieten“, sagt Ipser. Die Herausforderung bestehe darin, diese Menschen weiterhin als Teil der Weber-Community zu behalten und gleichzeitig neue Menschen dazuzugewinnen. Weber löst das mit einem Parallelangebot: Die klassischen Produkte bleiben im Sortiment, ­werden ständig weiterentwickelt
und durch Innovationen in allen Produktkategorien ergänzt.

Die Preise sind ähnlich vielfältig und reichen von fast 380 € für den kleinen Elektrogrill bis knapp 6.500 € für den großen Summit Smart. Außerdem bietet Weber modulare Outdoorküchen in Premium­qualität an. Dazu kommt Zubehör, mit dem Grillfreund:innen ihren Grill auch individualisieren können. Ipser weiß: Jede:r grillt anders, und das vielfältige Zubehör soll das widerspiegeln. Es reicht von ­Grilleinsätzen, die in den Grill kommen, über Getränkehalter bis zu Vorbereitungs- und Serviersets.

Ein weiterer zentraler Baustein der Markenpositionierung ist der Anspruch, dass Menschen, die einmal mit einem Weber-Grill in Verbindung kommen, immer ein Teil der Marke bleiben – vom Grillen mit Papa und Mama im Garten über den ersten eigenen Grill in den Zwanzigern bis hin zu schließlich jenen Grillfeiern, bei denen die eigenen Enkel am Tisch sitzen. „Der Anspruch unserer Endkunden ist sehr groß“, sagt Ipser. „Wenn jemand heute einen Grill kauft und dafür investiert, dann erwartet er oder sie, dass das Produkt lange hält.“ Weber-Grills durchlaufen aufwendige Tests, müssen extremen Witterungsbedingungen stand­halten – von der Kälte in Skandinavien bis zur Hitze in Südeuropa. Diese Qualität hat ihren Preis, aber sie schafft vor allem Vertrauen. Nicht selten, so Ipser, werden Weber-Grills aufgrund ihrer Langlebigkeit über Genera­tionen weitergegeben.

Die Strategie scheint aufzugehen. Die Zahlen der letzten Jahre haben sich positiv entwickelt, und 2025 soll das auch so sein, so Ipser. Mit zwölf Mitarbeiter:innen steuert das österreichische Team ein Netzwerk aus Vertriebspartner:innen. Neben den Weber Original Stores, die das größte Sortiment und eine umfangreiche Beratung bieten, können Grillbegeisterte das Weber-Sortiment auch im Einzelhandel kaufen.

In Zukunft möchte sich Weber vor allem in den Befeuerungsarten breiter aufstellen. „Wir werden einen riesigen Zuwachs bei Elektrogrills haben“, prognostiziert Ipser. Die „Antriebsform“ eigne sich einfach für viele Menschen besser als Gas und vor allem als Kohle. „Menschen, die in der Stadt wohnen und einen kleinen Balkon haben, können damit eben auch grillen“, sagt Daniel Ipser.

Die alten Kugelgrills in der Ecke des Seminarraums erinnern uns da­ran: Innovation hat bei Weber Tradition. Ipser: „Schon George Stephen hat gesagt: ‚Das muss einfach besser gehen!‘“

Daniel Ipser stieg im Juli 2023 als Geschäftsführer für Österreich bei Weber-Stephen Österreich ein. Zuvor war er bei Dyson als Head of Key Accounts für den indirekten Vertrieb in Österreich verantwortlich und arbeitete über zehn Jahre bei Sony Mobile Communications.

Fotos: Gianmaria Gava

Erik Fleischmann,
Redakteur

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